Dein fuer immer
anhalten, sagte ich zu mir. Nur bis dieser ganze Cheschwan-Mist vorüber ist.
Abgesehen davon war der Streit ja gar nicht echt. Patch hatte versprochen, dass wir Wege finden würden, uns zu treffen. Wir würden eben ganz besonders vorsichtig sein müssen.
»Nora !«, rief meine Mutter die Treppe hinauf. »Vee ist hier.«
»Wünsch mir Glück«, murmelte ich meinem Spiegelbild zu, dann nahm ich meinen Mantel und Schal und knipste das Licht in meinem Zimmer aus.
»Ich möchte, dass du um neun wieder zurück bist«, sagte meine Mutter, als ich nach unten in die Eingangshalle kam. »Keine Ausnahmen. Morgen ist Schule.«
Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange und huschte zur Tür hinaus.
Vee hatte die Fenster des Neon heruntergekurbelt, und aus ihrer Anlage dröhnte Rihanna in Dauerschleife. Ich ließ mich auf den Beifahrersitz fallen und rief über die Musik hinweg: »Wundert mich, dass deine Mutter dich rausgelassen hat, wo doch morgen Schule ist.«
»Sie musste gestern Abend nach Nebraska fliegen. Ihr Onkel Marvin ist gestorben, und sie teilen sein Vermögen auf. Tante Henny passt auf mich auf.« Vee warf mir einen verschmitzten Seitenblick zu und grinste.
»War deine Tante Henny nicht vor ein paar Jahren auf Entzug ?«
»Genau die. Zu dumm, dass es nicht funktioniert hat. Sie hat eine Gallone Apfelsaft im Kühlschrank, aber das ist der fermentierteste Apfelsaft, den ich je probiert habe.«
»Und deine Mutter hat sie für verantwortungsvoll genug gehalten, um auf dich aufzupassen ?«
»Schätze mal, die Aussicht darauf, etwas von Onkel Marvins Geld abzukriegen, hat sie weich gestimmt.«
Wir dröhnten die Hawthorne entlang, schmetterten die Lieder mit und hüpften auf unseren Sitzen. Ich konnte kaum stillsitzen, so nervös war ich, hielt es aber für das Beste, so zu tun, als wäre nichts Besonderes.
Im Devil’s Handbag war es nicht besonders voll heute Abend, es war zwar ganz gut besucht, aber es gab nicht nur Stehplätze. Vee und ich glitten in eine Sitzecke, luden Mäntel und Handtaschen ab und bestellten Cola bei einer vorbeikommenden Kellnerin. Ich sah mich immer wieder um und hielt nach Patch Ausschau, aber er war noch nicht aufgetaucht. Ich ging meinen Text unzählige Male im Kopf durch, aber meine Handflächen waren immer noch glitschig vor Schweiß. Ich wischte sie an meiner Strumpfhose ab und wünschte, ich wäre eine bessere Schauspielerin. Wünschte, ich würde dramatische Szenen und Aufmerksamkeit lieben.
»Du siehst aber nicht gut aus«, bemerkte Vee.
Ich wollte gerade sticheln, dass mir wahrscheinlich noch von der Autofahrt und ihrer Fahrweise schlecht war, als Vees Blick an mir vorbeiglitt und ihre Miene finster wurde. »O nein. Sag mir, dass das nicht Marcie Miller ist, die da mit meinem Kerl flirtet.«
Ich verrenkte mir den Hals in Richtung Bühne. Scott und die anderen Mitglieder der Band Serpentine waren auf der Bühne und wärmten sich für die Show auf, während Marcie die Ellbogen auf den Rand der Bühne aufgestützt hatte und Scott in ein Gespräch verwickelte.
»Dein Kerl ?«, fragte ich Vee.
»Bald meiner. Ist doch dasselbe.«
»Marcie flirtet mit jedem. Ich würde mir deshalb keine Sorgen machen.«
Vee holte ein paar Mal tief Luft, so tief, dass ihre Nasenflügel bebten. Marcie, als hätte sie Vees negative Schwingungen aufgrund irgendwelcher Voodoo-Fähigkeiten bemerkt, sah in unsere Richtung. Sie bedachte uns mit ihrem besten Schönheitsköniginnen-Winken.
»Tu was«, forderte Vee mich auf. »Hol sie von ihm weg. Jetzt sofort !«
Ich sprang auf und schlenderte zu Marcie hinüber. Auf dem Weg zu ihr setzte ich ein Lächeln auf. Als ich bei ihr ankam, war ich ziemlich sicher, dass es fast echt aussah. »Hey«, sagte ich zu ihr.
»Oh, hey, Nora. Ich habe gerade zu Scott gesagt, wie sehr ich Indie-Musik liebe. Ich finde es cool, dass er versucht, damit groß rauszukommen.«
Scott zwinkerte mir zu. Ich musste meine Augen kurz schließen, um sie nicht zu verdrehen.
»Also …«, fing ich an und wusste nicht, wie ich die Lücke im Gespräch überbrücken sollte. Ich war auf Vees Befehl hier rübergegangen, aber was nun ? Ich konnte Marcie ja wohl schlecht einfach von Scott wegzerren. Und warum war eigentlich ich diejenige, die hier den Schiedsrichter spielen musste ? Das war Vees Angelegenheit, nicht meine.
»Können wir reden ?«, fragte Marcie mich und ersparte es mir so, dass ich mir eine eigene Taktik zurechtlegen musste.
»Klar, ich habe gerade Zeit«, sagte ich.
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