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Dein Gesicht morgen 03 - Gift und Schatten und Abschied

Dein Gesicht morgen 03 - Gift und Schatten und Abschied

Titel: Dein Gesicht morgen 03 - Gift und Schatten und Abschied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marias
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auszuschalten oder in Ungnade fallen zu lassen. Die schwarze Abteilung des PWE druckte Fahndungsplakate gegen SS-Offiziere, auf denen diese als von den Behörden gesuchte Verräter, Deserteure, Schwindler oder Kriminelle denunziert wurden: Sie riefen dazu auf, sie ohne Vorwarnung zu erschießen, es wurden Kopfgelder von zehntausend Mark oder mehr ausgesetzt, und man verbreitete die Information, selbst das Eiserne Kreuz erster Klasse, das so ein Verbrecher vorweisen mochte, sei eine bloße Fälschung. Alles war genau durchkalkuliert. Ein Plakat etwa, unterstützt von einer Radiokampagne, richtete sich gegen den Reichskommissar Ley, einen Nazi-Parteibonzen, der ein etwas zügelloses Leben führte; ihm wurde darauf vorgeworfen, Rationierungsmarken zu hamstern, und Dr. Ley sah sich zu einem wütenden Dementi genötigt: ›Ich bin ein ganz normaler Verbraucher!‹, brüllte er im Radio.« Und Wheeler mußte ein wenig lachen, als er sich daran erinnerte, vielleicht hatte ihm Valerie persönlich unter Gelächter davon erzählt und so gegen den Official Secrets Act verstoßen, an den sie sicherlich gebunden gewesen war. »Es wurden Briefmarken herausgegeben, die das Konterfei des ehrgeizigen Himmler zeigten und nicht, wie üblich, das von Hitler, um die beiden gegeneinander aufzustacheln; dieser sollte endlich den anhaltenden Gerüchten glauben, daß jener plane, ihn als Führer zu verdrängen, der Minister sollte bloßgestellt werden. Aber es gab auch noch schwerwiegendere Dinge, und feuchtere. Häufig ließ Delmer den Familienangehörigen deutscher Soldaten, die in den italienischen Lazaretten an ihren Verwundungen starben, gefälschte Briefe schicken. Dazu wurden die unverschlüsselten Telegramme abgefangen, die die Leiter der Lazarette an die Parteibehörden in Deutschland schickten, mitsamt den persönlichen Daten des Gefallenen und der Adresse seiner Angehörigen. Die von Delmers Team erfundenen Briefe, die in tadellosem Deutsch und unter dem Briefkopf des jeweiligen Lazaretts verfaßt waren, stammten angeblich von erschütterten Kameraden oder Krankenschwestern, die bis zum letzten Augenblick an der Seite des Verstorbenen gewesen sein wollten, und sie berichteten in der Regel voller Entsetzen, in Wirklichkeit sei der Soldat auf Geheiß seiner Vorgesetzten mittels einer tödlichen Spritze hingerichtet worden, nachdem jene erfahren hätten, daß er nicht wieder kampftauglich werden würde. Angeblich brauchten die Naziärzte sein Bett, um diejenigen zu versorgen, die bald wieder an die Front zurückkonnten, und so schaffte man die Schwerverwundeten ohne Gnade noch Dankbarkeit aus dem Weg, grausam und ohne Federlesens, wie nutzlosen Müll. Delmer und seiner Einheit entging keineswegs, daß die wahre Grausamkeit die ihre war, und was für eine, wenn sie eine trauernde Witwe, greise Eltern oder verwaiste Kinder an einen derartigen Trug glauben ließen (der andererseits durchaus glaubhaft war). Aber wenn es dazu beitrug, daß in der Bevölkerung Unzufriedenheit und Groll aufkamen, daß die Kampfmoral sank, der Zusammenhalt in der Truppe nachließ und Desertionen Vorschub geleistet wurde, so stand dies über allen anderen Erwägungen. Du darfst nicht vergessen, Jacobo, daß dieser Krieg als Überlebenskampf empfunden wurde. Und das war er auch, das war er. Außerdem werden im Krieg die Grenzen des Akzeptablen auf fast unmerkliche Weise immer weiter hinausgeschoben. In Friedenszeiten urteilt man dann streng über die Zeiten des Kriegs, aber ich bin nicht sicher, bis zu welchem Punkt das gerechtfertigt ist. Das eine schließt das andere aus, jede der beiden Zeiten ist in der anderen unvorstellbar, aber man neigt dann dazu, das zu übergehen. Dennoch gibt es Dinge, die verurteilenswert erscheinen, noch während sie in der Zeit, in der alles erlaubt ist, geschehen oder vollzogen werden, und du weißt es ja, letztlich wurden all diese … Gemeinheiten, ja, das waren sie wohl … auch damals schon unter den Teppich gekehrt, als der Krieg noch geführt wurde und man seinen Ausgang nicht kannte. Offiziell existierte Sefton Delmers Einheit nicht, und für alle Mitglieder lautete die Maßgabe, sie vor allen zu verleugnen (das heißt sich selbst zu verleugnen), auch vor anderen fast ebenso (aber nicht ganz so) geheimen Organisationen wie dem SOE oder später vor uns, die wir aus anders gelagerten Gründen verschwiegen waren und wurden, hauptsächlich aus Vorsicht und Diskretion. Und stell dir vor, das PWE wurde nach Kriegsende nicht nur

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