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Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Titel: Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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Sache, wir sollten daran denken, diesen Gedanken hinzuzufügen oder vielmehr einzuschließen. Meine Sache ohne Zweifel, wenn die Bitte von seinen Lippen oder aus seiner Kehle gekommen ist und ich sie gehört habe. Wir beide sie gehört haben und der Bittende folglich weiß, daß seine Botschaft die Luft durchmessen hat und nicht ignoriert werden kann, denn durch die Luft ist sie ans Ziel gelangt.

S ie redete unaufhörlich und füllte die Luft, die junge Pérez Nuix, am Anfang – eine Form, das hinauszuschieben, um dessentwillen man gekommen ist, das Eigentliche –, während sie sich den Mantel auszog und mir den Regenschirm reichte, als wäre er in einem Akt der Kapitulation ihr Säbel, und mich fragte, was sie mit dem Hund tun solle, der noch Tropfen von sich gab, wenn er sich schüttelte.
    »Soll ich ihn in die Küche bringen?« fragte sie mich. »Sonst wird er dir alles naß machen.«
    Ich betrachtete den armen Pointer mit der willigen Miene, er sah nicht aus, als würde er jemals Einwände erheben.
    »Nein, laß ihn nur. Er verdient Rücksicht. Er wird sich besser fühlen bei uns. So wird er rascher trocken, der Teppichboden wird ihm helfen, der ist eh schon ziemlich abgekämpft.« Mir wurde sofort klar, daß das ein seltsamer Ausdruck war, weder ein eigentlich spanischer noch die Übernahme eines englischen, vielleicht gerieten mir allmählich beide Sprachen nicht so sehr durcheinander, als daß sie zu tanzen begannen, weil ich fast die ganze Zeit die zweite sprach und in der ersten dachte, wenn ich allein war. Vielleicht war ich dabei, meine Position in der einen wie in der anderen zu verlieren, da ich nicht wie Pérez Nuix seit der Kindheit zweisprachig war. Ich fügte hinzu: »Ich meine, sehr dankbar.« Aber ich war auch jetzt nicht sicher, daß das der richtige Ausdruck war, meine Mutter benutzte dieses Wort in einer anderen Bedeutung, eher in bezug auf die Farbe der Stoffe und nicht auf deren Abnutzung. Sie hatte eine gute Sprache, meine Mutter, sehr viel besser als meine infizierte.
    Und viel mehr sagte ich nicht, während meine Besucherin um Verzeihung bat, entschuldige, daß ich zu dieser Zeit komme, entschuldige, ohne mich anzumelden, entschuldige, daß ich durchnäßt bin und außerdem einen Hund mitbringe, der noch nasser ist, ich mußte ihn ohnehin dringend ausführen, macht es dir was aus, mir kurz ein Handtuch zu leihen, für mich, nicht für den Hund, keine Sorge, macht es dir was aus, wenn ich mir einen Moment die Stiefel ausziehe, sie sind wasserdicht, aber vor diesem Regen ist nichts sicher, meine Füße sind eiskalt. Das und noch viel mehr sprudelte sie hervor, aber sie zog sie nicht aus – ein Rest von Diskretion womöglich –, sie machte nur die Reißverschlüsse von beiden auf, und nach einer Weile zog sie sie wieder hoch, in Wirklichkeit spielte sie ein wenig mit ihnen rauf und runter, nur zweimal in meiner Gegenwart, die ganze Zeit im Sitzen, ich hatte sie gedrängt, Platz zu nehmen, während ich ihre nunmehr verzichtbaren Kleidungsstücke zu meinen bereits trockenen in die Küche trug, ich hatte eine Zeitlang durch das Fenster geschaut, sie hatte noch eine Weile gebraucht, um sich zu entschließen, nachdem sie gesehen hatte, wo ich wohnte, ich meine dazu, die Klingel zu drücken und sich ohne ihren Namen zu erkennen zu geben. Obwohl ich mir kaum vorstellen konnte, daß sie meine Adresse nicht vorher gewußt haben sollte, wo sie doch die Arbeit tat, die wir taten, und die Karteikarten zur Hand hatte, sie hätte mich an der Haustür erwarten können und wäre nicht gezwungen gewesen, mir so lange in der unfreundlichen Nacht zu folgen, oder, noch bequemer für sie, in der Eingangshalle des gegenüberliegenden Hotels, von dort aus hätte sie mich kommen sehen oder meine Lichter bemerkt (aber sowohl am Tag als auch in der Nacht brennt immer eines, egal wie viele Stunden ich abwesend bin) und dann den Platz überqueren können, fast ohne überhaupt naß zu werden. Ich bot ihr etwas an, etwas Heißes, Alkoholisches, Wasser, erst einmal wollte sie nichts, sie zündete sich eine Zigarette an, in diesem Büro rauchten wir alle, ohne auf die Vorschriften zu achten, außer Mulryan, der dabei war, es sich abzugewöhnen, sie redete noch immer rasch und viel, um nicht auf das Wesentliche oder Einzige zu kommen, das sie mir schuldete, was für eine Nacht, als hätte der Regen die Herrschaft über die Welt angetreten, nein, das sagte sie nicht, aber etwas Ähnliches mit der gleichen trivialen

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