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Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Titel: Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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hättest, etwas Getanes ungetan zu machen oder Geld rauszurücken. Was hast du im Sinn gehabt, wenn man fragen darf? Mich zu erschrecken? Es war grundlos und unnötig. Du hast dich gewaltig im Mittel vergriffen. Dazu braucht es kein zweischneidiges Landsknechtsschwert. Es war auch nicht nötig, ihn halb in der Toilette zu ertränken. Oder ihn gegen diese Stange zu schleudern. Es sei denn, es ist dir um nichts anderes gegangen als um Bestrafung, dafür, daß er dir in die Quere gekommen ist. Dieser Mann ist ein Volltrottel, gewiß« – jetzt lag mir als Äquivalent asshole auf der Zunge –, »aber er ist harmlos. Man kann doch nicht einfach so Leute verprügeln, sie einfach so töten. Und schon gar nicht, wenn du mich mit hineinziehst.«
    Tupra mit seinen Locken kam mir wieder nahe auf meiner Seite des Wagens, einen Augenblick lang, um erneut an mir vorbei dorthin zu schauen, wohin ich erneut geschaut hatte, vielleicht wollte er sichergehen, daß sich nicht plötzlich eine Gestalt in meinem erleuchteten Fenster abgezeichnet hatte.
    »Das tue ich nicht«, sagte er. »Und ich sehe, du verstehst etwas von Schwertern. Ja, es ist ein Landsknechtsschwert oder ›Katzbalger‹, ein echtes«, fügte er schulmeisterlich und mit einer Spur Stolz hinzu. »Aber sag mir, deiner Meinung nach: Wieso kann man nicht?«
    Mich verwirrte diese Bemerkung, so sehr, daß ich im Augenblick nicht wußte, worauf er sich bezog, obwohl ich gerade gesagt hatte, was man nicht tun konnte.
    »Wieso kann man was nicht?«
    »Wieso kann man nicht einfach so verprügeln, töten. Das hast du gesagt.«
    »Was heißt, wieso? Was willst du damit sagen, wieso?«
    Meine Verwirrung nahm zu, denn für die einleuchtendsten Dinge hat man bisweilen keine Antwort. Man hält sie für selbstverständlich, weil sie so einleuchtend sind, nehme ich an, und denkt nicht mehr über sie nach und hinterfragt sie noch weniger, und so vergehen buchstäblich Jahrzehnte, ohne daß man ihnen einen Gedanken widmet, nicht einmal den elendesten und zerstreutesten. Wieso kann man nicht einfach so töten, diese dumme Frage war es, die Tupra mir stellte. Meiner Meinung nach. Und ich hatte jetzt keine Antwort auf die dumme Frage, oder nur dumme und kindische, ererbte und niemals ausreichende: weil es nicht gut ist, weil die Moral es verurteilt, weil das Gesetz es verbietet, weil man im Gefängnis landen kann oder andernorts auf dem Schafott, weil man niemandem zufügen darf, was du nicht willst, das man dir tu, weil es ein Verbrechen ist, weil es Sünde ist, weil es schlecht ist. Es war sicher, daß er mir die Frage über all das hinaus stellte. Er antwortete mir nicht sofort. Er sah, daß ich nicht wußte, was ich ihm antworten sollte, zumindest nicht auf Anhieb. Er zog eine weitere Rameses II hervor, jetzt bot er mir wieder keine an, bestimmt hielt er es für Verschwendung, zwei so rasch hintereinander; er steckte sie sich zwischen die Lippen, er zündete sie noch nicht an, aber er drehte den Zündschlüssel und setzte den Motor in Gang. Ich glaubte nicht eine Sekunde lang, daß er es tat, um mich zum Aussteigen aufzufordern, um mich endlich zu verabschieden und sich zu entfernen. Auch er ließ die Beute nicht los, weder die dialektische noch sonst eine.
    »Ich hoffe, daß dich wirklich niemand oben erwartet, ich hoffe es für sie«, sagte er dann und wies mit dem Zeigefinger nach oben und schaute danach auf die Uhr; ich schaute auf meine in einer fast reflexhaften, mimetischen Gebärde: nein, es war trotz allem nicht sehr spät, nicht einmal für London, und in Madrid wäre jeder Abend erst zur Hälfte vorbei und die Feste auf dem Höhepunkt. »Denn es ist noch nicht der Moment gekommen, zu ihr hinaufzugehen. Es ist trotz allem nicht zu spät, und morgen brauchst du nicht zur Arbeit zu kommen, wenn du willst. Aber ich halte es für ratsam, etwas ausführlicher über all das zu sprechen, ich sehe, du hast es sehr übelgenommen, zu sehr, ich werde dir erklären, warum es doch nötig war. Wir fahren einen Augenblick zu mir nach Hause, es wird nicht länger dauern als eine Stunde, anderthalb. Ich möchte dir ein paar Videos zeigen, ich habe sie dort, nicht im Büro, sie sind nicht für jedermann bestimmt. Ich werde dir auch ein paar Episoden erzählen, unter anderem aus der Geschichte des Mittelalters. Ich werde dir zum Beispiel von Konstantinopel erzählen. Vielleicht auch etwas von Tanger, etwas nicht so Altes, wenn es auch schon einige Jahrhunderte her ist. Und bis dahin denk

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