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Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition)

Titel: Dein Gesicht morgen: Tanz und Traum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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Landsleuten, im Bösen und sogar im Schlechten normalerweise, aber das hat den Vorteil, daß man zur Sache kommen kann, wenn es nötig ist. De la Garza schaffte mir zu viele Probleme, und alle vermeidbar, das war das schlimmste. Ich paßte mich sogleich seinem üblichen gekünstelten Jargon an (ich würde niemals von mir aus »Schmarre« sagen), das kam einem großen Sprung auf dem Weg des Vertrauens gleich. »Wie kann man sich nur etwas derart Lächerliches aufsetzen und dann damit seine Tanzpartnerin peitschen, wir werden sehen, wie der Ehemann das aufnimmt, wenn er den Striemen im Gesicht sieht.« ›Uno sfregio‹, ich erinnerte mich plötzlich an seine Erkundigungen, entsetzt. ›Wir werden sie ihm mit einer Art sfregio zurückgeben; wenn ich seine Geste richtig verstanden habe, fuhr er sich mit dem Daumennagel über die Wange; die Sache hat es in sich, das wird für ihn ein Schuß vor den Bug sein, obwohl der Kratzer schlimmer gewesen wäre an der bazza statt an der guancia , Manoia hätte es für eine Anspielung halten können, für Spott, eine Revanche von mir für seine schlechten Manieren, obwohl das Kinn der armen Flavia nicht hervorspringt und daher keine richtige bazza ist.‹ »Du bist ein Kelch voll Leichtsinn, De la Garza. Ich habe dir gesagt, daß dieser Typ großen Einfluß im Vatikan hat, und, na ja, in ganz Italien, einschließlich Sizilien.« Ich selbst war überrascht, diesen bei mir völlig ungewohnten Ausdruck zu benutzen, das kam wohl durch eine Gedankenverbindung mit dem Vatikan, der nur so wimmeln dürfte von Kelchen, nehme ich an, wenigstens einer in jedem Raum. »Außerdem habe ich gesehen, daß er ein stinkiger Typ ist, daß ihm die Galle überläuft« – wahrscheinlich assoziierte ich weiter, geriet auch mehr und mehr in die zugleich plumpe und affektierte Sprache dieser Pest von einem parfümierten Flegel – »ich hoffe, daß Reresby es ihm erklären kann, daß es nicht vorsätzlich war, daß du es gar nicht gemerkt hast. Es war doch keine, nicht wahr, Rafita?, es war keine Absicht.« Nie zuvor hatte ich ihn direkt so genannt, schien mir; in der Tat glaubte ich, den Diminutiv von Peter gehört zu haben, als der Attaché an jenem Abend schon sein Haus verlassen hatte, ohne daß was abgegangen wäre und mit leeren Händen, um sich ans Steuer zu setzen und auf der Straße zusammen mit dem Bürgermeister und der Bürgermeisterin von Thame oder Bicester oder Bloxham oder Wroxton zu verunglücken (aber dieser Glücksfall war nicht eingetreten).
    »Natürlich war das nicht absichtlich, was glaubst du denn, daß ich ihr am Ende nicht an die Wäsche will, daß ich mir die Nummer verderben will? Ich hoffe, ihr habt sie mir nicht schon versaut, ihr habt mir die Inspiration abgewürgt, meine ganze Arbeit im Eimer, ich hatte sie schon auf den Hörnern. Ihr seid das Allervorletzte. Ich war kurz davor.« Das sagte er, »die Nummer versauen« und die Stierkampfmetapher und »das Allervorletzte«, er schaffte es, seine Unflätigkeit fast immer kindisch einzufärben, diese unselige, weit verbreitete spanische Mischung mit unseren Schriftstellern an der Spitze, einschließlich vieler junger, die in deprimierender Weise veraltet sind und schon den Mief der Ranzigkeit verbreiten, die greulichen Traditionen sind leicht zu befolgen, sie sind zäh. Darin konnte ich ihn nicht begleiten, mich ihm anpassen: sie lag nicht im Bereich meiner Konzessionen, seine Gespreiztheit.
    »Aber was denn für eine Nummer, verdammt, du bist ja völlig fixiert darauf, ihr an die Wäsche zu gehen, De la Garza. Schlag dir das aus dem Kopf. Dir ist alles egal, was? Sie könnte deine Tante sein, und sie ist hier mit ihrem Mann als Aufpasser, ich habe dich gewarnt. Warum gehst du nicht in den Puff, auf, dein Gehalt wird dafür reichen. Ihr ist das nicht mal, aber auch nicht mal im entferntesten durch den Kopf gegangen. Und obendrein gehst du hin und verabreichst ihr ein paar Peitschenhiebe, ich glaube nicht, daß sie sich auch nur von dir verabschieden will.«
    »Ach was«, antwortete er unwirsch, »das war nicht gewollt, aber ich werde mir diesen Steckkamm jetzt abnehmen, beim Tanzen bringt er nichts, er ist ein bißchen lästig.« Er befühlte sich das Haarnetz der Länge nach mit der ganzen Hand, als würde er einen Lappen ausdrücken. »Sie wird das nicht mal gemerkt haben, Mann, bei ihrem mit Bottox vollgepumpten Gesicht. Und was sagst du da, Alter, ich hatte sie schon soweit. Ich mußte sie nur noch in Stellung bringen und

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