Dein goettliches Herz entflammt
Haus. Im GD – so nennen wir den Garden District – gibt es eine ganze Menge leer stehender Gebäude. Die besser erhaltenen haben sich Hausbesetzer geschnappt, aber dieses hier ist auch nicht so schlecht. Ein paar von den Zimmern sehen ziemlich übel aus, aber sonst ist es noch ganz gut in Schuss.« Sie hielt mir die Hand hin. »Zwanzig für die Fahrt und vierzig für das Zimmer.«
»Oh. Ja, klar.« Ich nahm meinen Rucksack ab und suchte nach meinem Portemonnaie. Dann zog ich drei Zwanziger heraus und drückte sie Crank in die aufgehaltene Hand.
Wir betraten eine große, mit Parkett versehene Eingangshalle, in der sich an einer Wand eine breite Treppe hochzog, deren untere Hälfte mit leichtem Schwung auf die Haustür zulief. Die untersten Stufen breiteten sich fächerförmig aus, wie Honig, der aus einem Glas fließt. An einer langen, an der Decke des ersten Stocks befestigten Kette hing ein großer, schmiedeeiserner Kronleuchter, der so filigran aussah, als hätte ihn eine magische Spinne mit Metall gewoben. In den Wänden auf beiden Seiten der Halle klafften breite Öffnungen, die zu den anderen Räumen führten.
Rechts von uns lag ein riesiges Esszimmer, in dem ein langer, pompöser Tisch und zehn Stühle mit hohen Lehnen standen. An der Decke prangte ein verblasstes Gemälde und die ausgeblichene Tapete, die einst golden und burgunderrot gewesen war, hing an einigen Stellen in Fetzen von der Wand. An allen Wänden waren schwarze Leuchten montiert, die bis auf zwei alle brannten, und die beiden großen Fenster wurden von breiten Schmuckleisten und schweren burgunderroten Vorhängen umrahmt.
»Abgefahren, nicht wahr?« Crank stellte sich neben mich. »Wir sagen ›die Gruft‹ dazu, weil es aussieht wie in einem Vampirfilm.«
»Hübsch«, murmelte ich.
Einige der Fußbodendielen waren völlig verrottet. Ich wich ihnen aus, als wir zur Treppe gingen. Auch in der Eingangshalle hatte sich die Tapete an einigen Stellen von der Wand gelöst oder fehlte ganz. Doch wie Crank bereits gesagt hatte, war das Haus ansonsten noch ganz gut in Schuss. Und mir gefiel es von innen genauso gut wie von außen.
»Ich zeig dir erst mal dein Zimmer.«
Auf der anderen Seite der Halle lag das Wohnzimmer, das über die gesamte Länge der linken Haushälfte verlief. Hohe Decke. Zwei verstaubte Kronleuchter. Und gleich zwei Kamine an der gegenüberliegenden Wand, über denen goldverzierte Spiegel hingen. Wie im Esszimmer – und vermutlich in jedem anderen Raum dieses Hauses – zogen sich an allen Wänden Schmuckleisten und Stuckverzierungen entlang. Eines der Fenster war mit rauen Holzbrettern vernagelt.
»Du kannst das Zimmer gegenüber von meinem nehmen«, meinte Crank, die schon auf der Treppe war. »Und auf der sechzehnten Stufe solltest du aufpassen.«
Ich zählte die Stufen und achtete sorgfältig darauf, die sechzehnte zu übergehen. Dann folgte ich Crank einen breiten Korridor entlang. Vor der ersten Tür auf der linken Seite blieb sie stehen, dann trat sie einen Schritt zurück, um mich zuerst eintreten zu lassen. »Bitte schön.«
Das Schlafzimmer war dunkel und roch nach feuchtem Holz. Crank schaltete einen kleinen Kronleuchter ein, der von einer Stuckrosette an der Decke herabhing. Der Fußboden bestand aus breiten Holzdielen und es gab zwei große Fenster. Vorsichtig ging ich hinein. Der Boden knarrte, hielt mein Gewicht aber aus.
»Dein Zimmer geht auf den seitlichen Garten hinaus. Die Matratze hat angefangen zu schimmeln, daher haben wir sie schon vor einer ganzen Weile rausgeschafft, aber ich kann dir meinen alten Schlafsack bringen. Es gibt fließendes Wasser, aber trinken würde ich es an deiner Stelle nicht. Nimm es zum Duschen und für die Toilette, dann dürfte nichts passieren. Zur Toilette geht es durch die Tür da; jedes Zimmer hat eine eigene. Die Novem haben ihr ganzes Geld dafür ausgegeben, das French Quarter zu renovieren, aber irgendwann wird auch hier wieder alles funktionieren. Ich sage meinem Bruder, dass du da bist.«
Crank war verschwunden, bevor ich mich umdrehen und mich bedanken konnte, daher blieb ich in der Mitte des Zimmers stehen und musterte das eiserne Bettgestell ohne Matratze, den ausgeblichenen ovalen Teppich auf dem Boden, den Kamin aus Marmor und den Sims, auf dem mehrere Kerzen standen, die alle unterschiedlich stark heruntergebrannt waren.
Über dem Bett hing ein Ölgemälde, das eine Mutter mit zwei Kindern zeigte, und auf beiden Seiten des Bildes waren vergoldete
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