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Dein goettliches Herz entflammt

Dein goettliches Herz entflammt

Titel: Dein goettliches Herz entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Keaton
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griff nach meinem Rucksack. »Jetzt nicht mehr.«
    Er kam ins Zimmer und schüttelte den Kopf. »Was hast du denn erwartet? Ein Fünf-Sterne-Hotel? Ein paar Teenies mit Handys und iPods und den neuesten Klamotten von Abercrombie & Fitch?«
    Ich hätte mir eher die Zunge abgebissen, als ihm zu sagen, dass iPods längst Geschichte waren und Abercrombie & Fitch schon vor einer Ewigkeit pleitegegangen war. Ich bückte mich, um den Schuhkarton aufzuheben.
    »Weshalb brauchst du eine Pistole?«
    Mist. Ich richtete mich auf, weil mir plötzlich klar geworden war, dass die Neun-Millimeter für jeden sichtbar aus meinem Hosenbund ragte. »Die Waffe ist legal.« Allerdings war es nicht legal, dass ich sie benutzte.
    »Das habe ich nicht gemeint.«
    Ich hatte wirklich keine Lust, ihm haarklein zu erklären, was ich hier machte und warum ich bewaffnet war. Und inzwischen hatte sogar ich begriffen, dass ich einen Riesenfehler gemacht hatte.
    Henri stellte sich mir in den Weg. Hinter ihm standen Crank und die anderen im Türrahmen und hörten uns mit großen Augen zu. Ich wich zurück und starrte Henri wütend an. »Kann ich mal durch?«
    Nach einem kurzen Moment gespannter Stille hob er beschwichtigend die Hände und ging zur Seite. »Wie du willst. Ich weiß aber nicht, wie du ohne ein Auto zurück auf die andere Seite des Walls kommen willst. Viel Glück bei der Suche nach einem Taxi oder einem Greyhound-Bus.« Die anderen lachten.
    Ich bedachte ihn mit einem ironischen Grinsen. »Vielen Dank.« Und dann marschierte ich mit hoch erhobenem Kopf an ihm vorbei, während die anderen drei vor mir zurückwichen. Ich wusste, wie dumm und übertrieben mein Verhalten war, aber die Zähne des kleinen Mädchens… Henris Augen… Es traf einen Nerv bei mir, es ließ mich an meine eigene Andersartigkeit denken und es weckte in mir den Wunsch wegzulaufen. So wie immer.
    Meine Stiefel knallten gegen die Stufen, als ich die Treppe hinunterrannte, die kaputte Stelle übersprang und mich fragte, warum zum Teufel ich das Ganze eigentlich jemals für eine gute Idee gehalten hatte. Ich wollte doch nur etwas mehr über meine Mutter erfahren und nach New 2 war ich gekommen, weil ich gehofft hatte, in den Krankenhausunterlagen vielleicht den Namen meines Vaters zu finden. Das war alles, nur ein Name. Eine richtige Familiengeschichte wäre natürlich noch besser, aber ich war klug genug, um zu wissen, dass ich damit nach den Sternen griff.
    Und ich hätte klug genug sein sollen, nicht nach New 2 zu gehen und wie versprochen zu warten, bis Bruce und Casey mich begleiten konnten. Andererseits hatte ich auch nicht damit gerechnet, diesen seltsamen Brief meiner Mutter zu bekommen oder von so einem verrückten, ausländischen Spinner überfallen zu werden, der sich in Luft auflösen konnte.
    Ich war schon halb durch die Halle, als die Haustür aufging und jemand hereinkam.
    Der Junge hielt den Kopf gesenkt, eine Strähne seines rabenschwarzen Haars verdeckte sein Gesicht. Mit der einen Hand hielt er einen Rucksack fest, mit der anderen zog er die Tür hinter sich ins Schloss. Er war groß, eins fünfundachtzig vielleicht, trug Jeans, schwarze Stiefel und ein altes, schon ganz verblichenes Iron-Maiden-Shirt. An seinem linken Handgelenk hatte er ein dunkles Lederarmband mit einem silbernen Streifen.
    Ich erstarrte zur Salzsäule. Wie eine komplette Idiotin.
    Er hob den Kopf und starrte mich an, mit den faszinierendsten grauen Augen, die ich je gesehen hatte. Aus den Augenwinkeln heraus beobachtete ich, wie ihm langsam der Rucksack aus der Hand rutschte und auf den Boden fiel.
    Mein Mund war plötzlich staubtrocken, zu trocken, um zu schlucken. Hitze stieg mir in den Kopf und kroch meinen Rücken empor. Der Junge blickte mich finster an, was ihm ein bedrohliches Aussehen verlieh, das so gar nicht zu seinen gefühlvollen, von dichten, tintenschwarzen Wimpern umrahmten Augen passen wollte. Er hatte ein schönes Gesicht, eines, dessen Ausdruck sich mit Sicherheit in Sekundenschnelle ändern konnte, je nachdem, wie er gerade gelaunt war. Seine Lippen, die dunkler waren als die der meisten anderen Menschen, formten sich zu einem schmalen Strich, während der Blick seiner Augen immer intensiver wurde. Ein harter Zug legte sich um seinen Mund. Ich wich zurück, ergriffen von dem merkwürdigen Gefühl, er könnte in mich hineinsehen, als wüsste er, wer ich war.
    »Sie suchen schon nach dir.«

Vier
    Ein dicker Kloß schnürte mir die Kehle zu. Sofort musste ich an

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