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Dein goettliches Herz entflammt

Dein goettliches Herz entflammt

Titel: Dein goettliches Herz entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Keaton
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Meine Mutter hat sich umgebracht, als ich noch ein Baby war. Sie hat mir nichts hinterlassen, aber ich habe erfahren, dass ihre Mutter und ihre Großmutter auf die gleiche Art gestorben sind.

Und bald werde auch ich gehen. Ich spüre es in meinen Knochen, unter meiner Haut. Meine Zeit naht. Ich habe alles versucht, ich bin bei so vielen Geisterbeschwörern, Quacksalbern und Priestern gewesen, doch dieser Fluch hängt noch immer über mir. Und auch über Dir. Aber ich weigere mich, dem Wahnsinn nachzugeben. Ich weigere mich. Ich werde diesem Drang, alldem ein Ende zu bereiten, nicht nachgeben. Vielleicht genügt das ja, um den Fluch zu brechen.

Finde ein Mittel gegen den Fluch, Eleni. Mach Schluss mit dem Wahnsinn, der uns überfällt. Ich wünschte, wir hätten mehr Zeit miteinander gehabt …

Ich werde immer bei Dir sein.
Deine Mutter
    Tränen schossen mir in die Augen und ein dicker Kloß schnürte mir die Kehle zu. Ich faltete den Brief vorsichtig zusammen und steckte ihn wieder in den Umschlag. Ich wollte es nicht glauben, doch tief in meinem Innern wusste ich es. Es stimmte alles. Sie waren alle vom Schicksal heimgesucht worden und jetzt war ich an der Reihe. Ein warmer Tropfen fiel auf meine Wange und ich wischte ihn weg.
    Scheiß drauf.
    In den nächsten dreieinhalb Jahren würde ich mit Sicherheit weder sterben noch schwanger werden. Diese Sache, dieser Fluch oder was immer es auch war, würde mit mir enden. Die Enthauptung meiner Großmutter bedeutete, dass jemand sie aufgespürt und getötet hatte, als sie versuchte, dem Wahnsinn zu trotzen, und sich nicht selbst umgebracht hatte. Und jetzt war ich von jemandem auf dem Parkplatz des Hotels überfallen worden – okay, bis zu meinem einundzwanzigsten Geburtstag war es noch eine ganze Weile hin, aber dieser Jemand hatte mit Sicherheit versucht, mich ins Jenseits zu befördern.
    Ich rieb mir mit beiden Händen das Gesicht.
    Ich hatte nicht genug Informationen. Ich wusste nur, dass ich anders war – das war mir allerdings schon mein ganzes Leben lang klar – und jemand versucht hatte, mich umzubringen. Und dass sämtliche Frauen in meiner Familie verflucht und mit einundzwanzig Jahren tot gewesen waren.
    Einundzwanzig. Nur scheiß einundzwanzig Jahre.
    Ich legte die Finger zu einem Dreieck zusammen und stützte mich mit dem Kinn darauf. Dann versuchte ich, Ordnung in das Chaos zu bringen, zu dem mein Leben innerhalb von nur einer Nacht geworden war. Diesen Jemand, der mich umbringen wollte, hatte ich getötet. Vielleicht hatte das den Fluch gebrochen.
    Ziemlich unwahrscheinlich.
    Aber … ich war jetzt hier. In New 2. Das einzig Logische schien mir, mehr über meine Mutter und meinen Vater in Erfahrung zu bringen. Und herauszufinden, warum die Novem mich sprechen wollten. Oder umbringen.
    Ein Tag. Ich würde noch einen Tag hierbleiben.
    ***
    Mit zerschrammten Ellbogen, einer schmerzenden Stirn und einem steifen Rücken wachte ich auf. Und – falls der Rotton hinter meinen geschlossenen Augen tatsächlich war, wofür ich ihn hielt – einem Sonnenstrahl, der durch das Fenster hereinfiel. Ich kniff die Augen zusammen, als sich plötzlich ein Schatten über das Licht legte. Die Holzdielen knarrten. Ich öffnete die Augen.
    Jeder Muskel in meinem Körper zog sich schlagartig zusammen. Ich starrte direkt in die blauen Augen eines kleinen weißen Alligators.
    »Pascal, das ist Ari«, flüsterte die Stimme eines kleinen Mädchens.
    Violet, die vor meinem Schlafsack kniete und eine burgunderrote, mit Schmucksteinen verzierte Maske auf dem Kopf trug, hatte sich vorgebeugt und hielt mir den Alligator direkt vor das Gesicht. Der brauchte nur noch zuzuschnappen und meine Nase wäre Geschichte.
    Ich hielt die Luft an und bemühte mich krampfhaft, nur ja nicht auf seine milchweiße Haut zu atmen.
    Schließlich lehnte sich Violet zurück, drehte den Alligator um und gab ihm einen Kuss auf die Schnauze. »In Ordnung, Pascal«, flüsterte sie. Dann setzte sie das Tier auf den Boden und zog sich die Halbmaske vor das Gesicht. Die spitz nach oben auslaufenden Ecken der Maske waren mit zwei kleinen Federn verziert.
    Pascal watschelte zur Tür hinaus.
    Ich atmete erst einmal durch und setzte mich dann auf, weil ich nicht wusste, was ich zu dem sonderbaren Mädchen, das mich schon wieder unverwandt anstarrte, sagen sollte. Ihre kleinen weißen Hände lagen flach auf ihren Knien und das schwarze Kleid, das sie trug, sah aus, als wäre es früher einmal das Cocktailkleid einer

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