Dein goettliches Herz entflammt
die Götter. Dann könnten wir sie ein für alle Mal loswerden.«
Ein lauter Knall ertönte, als etwas gegen Holz geworfen wurde. Michels Stimme klang barsch. »Weißt du eigentlich, was du da sagst, Josephine? Das hat uns doch schon beim ersten Mal in Schwierigkeiten gebracht. Wenn du damals nicht versucht hättest, Eleni zu benutzen, wären wir heute vielleicht gar nicht in dieser Situation. Und jetzt willst du ihre Tochter benutzen? Um der Macht willen?«
»Zu unserem Schutz«, fuhr sie ihn an. »Athene ist seit der Inquisition unsere Feindin, als Sie versucht hat, uns alle zu vernichten. Sie hat Angst, Angst, dass wir zu mächtig werden, Angst, dass ihre eigenen Kreaturen zurückkommen und Sie besiegen. Wir behalten das Kind und lassen es zu dem werden, was ihm bestimmt ist. Und dann wird es weder Athene noch ein anderer Gott mehr wagen, uns herauszufordern.«
»Und was hast du mit ihr vor? Willst du sie einsperren? Auf keinen Fall. Das verbiete ich dir.«
Josephine lachte. »Du kannst mir gar nichts verbieten, Michel. Das hier ist eine Sitzung des Rates. Hier zählt die Mehrheit.«
»Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken daran, ein Kind auf diese Weise zu benutzen, aber noch so einen Schlag gegen die Stadt wie den vor dreizehn Jahren werden wir nicht überstehen«, warf eine Stimme ein, die ich noch nicht kannte. »Bis jetzt hatten wir Frieden in New 2, einen Frieden, den wir seit einer Ewigkeit anstreben. Wenn wir diesem Kind Schutz gewähren oder ihm helfen, wird das einen Krieg zwischen uns und Athene auslösen. Ich bin dafür, dass das Mädchen geht und außerhalb des Walls sein Glück versucht.«
»Nein, sie kann nicht gehen«, protestierte Michel. »Denk doch einmal darüber nach, Nikolai. Sie kann sich nicht vor Athene verstecken. Das Mädchen weiß doch nicht einmal, wozu es fähig ist. Wenn die Göttin sie erst einmal in ihrer Gewalt hat, kann und wird Sie das Kind gegen uns verwenden. Das Mädchen muss bleiben, aber nicht als Waffe. Sondern als Kind, das Schutz braucht.«
Mein Mund wurde staubtrocken. Mein Herz raste. Ich lehnte mich an die Wand. Das Blut rauschte mir so schnell in den Ohren, dass es unmöglich war, noch etwas von dem Gespräch zu verstehen, selbst wenn ich es versucht hätte.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte, also rannte ich weg.
Auf die Straße hinaus, direkt vor eine Pferdekutsche mit Touristen. Ich war dem Pferd so nah, dass sein warmer Atem über meine Wange strich, bevor ich auf die andere Seite der Straße taumelte.
An der Ecke blieb ich stehen, klammerte mich an eine Straßenlampe und rang nach Luft. Tränen schossen mir in die Augen, doch ich hielt sie zurück. Ich wollte zurückgehen, in die Bibliothek stürmen und ihnen sagen, dass sie sich alle irrten. Ich war keine Waffe. Ich hatte keine besonderen Kräfte wie die Novem oder die Doués.
Ich würde ihnen die Entscheidung abnehmen. Ich würde New 2 verlassen. Wenn Athene die Hurrikas damals geschickt hatte, weil die Novem meiner Mutter Schutz gewährt hatten, war nicht auszumalen, was Sie jetzt, nachdem ich zwei ihrer Jäger getötet und ihren Gefangenen zur Flucht verholfen hatte, tun würde.
Ich fühlte mich leer und erschöpft, als ich durch die Straßen des French Quarter ging. Während die Sonne vollends unterging und die Straßenlaternen eingeschaltet wurden, machte ich mir Gedanken darüber, was ich als Nächstes tun sollte. Ich könnte eine Festnetzleitung suchen und Bruce und Casey anrufen, doch die beiden in diese übernatürliche Freakshow hineinzuziehen, in der ich die Hauptrolle spielte, war das Letzte, was ich wollte.
An einem kleinen Imbissstand auf dem Jackson Square gab ich meine letzten fünf Dollar für ein belegtes Baguette mit Shrimps aus und setzte mich dann auf eine Parkbank. Eine Drei-Mann-Band spielte Jazz vor der Kathedrale. Ein Feuerschlucker trat auf. Paillettenkostüme, Masken und Ketten aus Glasperlen glitzerten. Der Platz war erfüllt von Stimmen, Musik und Gelächter. Es war eine gute Gelegenheit, um unterzutauchen, vor allem jetzt, wo der Mond aufging und die Stadt zum Leben erwachte.
Cranks umlackierter UPS-Lieferwagen parkte auf dem Gehweg vor der 1331 First Street, an derselben Stelle wie in der Nacht, in der sie mich in den Garden District gebracht hatte. In der Einfahrt stand ein alter Toyota Camry, der keine Nummernschilder, dafür aber jede Menge Aufkleber hatte. Ich blieb unter einer Eiche stehen und versteckte mich im Schatten des Mooses, das von ihren Ästen
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