Dein goettliches Herz entflammt
Gesicht. Nie. Es ist nicht erlaubt, den Göttern ins Gesicht zu blicken. Und dann spricht Sie den Fluch aus. Die Worte, die über Athenes Lippen kommen, verstehe ich jetzt genauso wenig wie vorhin, doch ihre Bedeutung ist klar. Die Luft lädt sich auf mit Urgewalt, sie peitscht und knallt, umhüllt die Frau wie einen Mantel, zerrt an ihrem Gewand und an ihren Haaren. In diesem Moment werden ihr ihre Augen, ihre Schönheit, ihre Haare zum Verhängnis, denn eine rachsüchtige, ungerechte Göttin lässt ihre lächerlichen Eifersüchteleien an einer unschuldigen Frau aus.
Zuerst vergewaltigt und jetzt gibt man ihr die Schuld daran.
Die Frau schreit, als die Luft selbst in ihren Körper eindringt, eine Luft, die Athenes machtvolle Worte mit sich trägt. Sie strömt in Haut, Organe und Knochen. Sie formt alles um und lässt Hässlichkeit und Gift hervorbrechen. Der brennende Schmerz in ihr sucht sich einen Weg hinaus, als kehliger Urschrei, der meinen Atem stocken lässt. Ich spüre ihren Schmerz. Doch ich weiß, dass er nicht mit dem zu vergleichen ist, was tatsächlich passiert ist. Die Frau krümmt sich zusammen und ihr Magen entleert sich auf die Mosaiksteine. Der Schmerz hat ihr die Sehkraft genommen. Sie sieht nichts mehr, sie fühlt nur noch. Ihre Kopfhaut brennt und reißt auf. Sie hebt die Arme, um sie auf den mit Blasen übersäten Kopf zu pressen, doch ihre Hände werden von etwas gebissen. Schmerzhafte Bisse. Immer wieder, bis sie in gnädiger Dunkelheit versinkt.
Atme, sage ich zu mir. Mein Herzschlag klingt wie eine wilde Trommel, die in mir widerhallt. Ich bin gefangen.
Ein weiterer Blitz bringt mich von dem weißen Tempel in eine dunkle Höhle. An einen Ort voller Schatten. Ein Ort, an dem das Licht einer Öllampe an den Wänden flackert, an dem die Schreie und das heftige Keuchen der Frau von dem Felsgewölbe widerhallen.
So viele Schmerzen und Qualen.
Und dann die Schreie eines Neugeborenen, das von seiner Mutter durch die Dunkelheit getragen wird. Ihr Körper schmerzt von der Geburt. Ihr Herz rast. Sie kann sich kaum auf den Beinen halten, doch ihr Wille ist stark, so stark. Sie will das Kind retten. Sie will es wegbringen. Weg von hier. Heiße Tränen laufen ihr über das Gesicht und mit jedem Schritt, mit jedem Schritt, den sie ihrem Ziel, das Kind auszusetzen, näher kommt, bricht ihr Herz ein wenig mehr.
Doch sie hat keine andere Wahl.
Monatelang hat sie sich versteckt und bald werden sie sie finden. Und wenn sie sie gefunden haben, werden sie kein Mitleid haben mit dem Kind. Dem Kind einer sterblichen Mutter und eines Gottes.
Ich stöhne laut auf, so laut, dass ich meine Stimme hören kann, als sie das Kind vor die Tür eines kleinen Bauernhauses legt.
Und dann flieht die Frau. Ihr Herz rast. Ihr Körper ist von der Geburt geschwächt, sie blutet und die warme Flüssigkeit rinnt so schnell an ihren Beinen hinunter wie die Tränen, die ihr über das Gesicht laufen. Sie ist am Ende. Ihr Kind zu retten, hat sie stärker gebrochen als alles, was Athene oder der Gott ihr jemals angetan haben.
Sie kehrt in die Höhle zurück, zu der kleinen Nische, in der sie ihr Kind geboren hat, und gräbt mit den Händen ein Loch in die Erde, um die Nachgeburt zu bedecken, um alles zu verstecken, was darauf hinweist, dass hier ein Kind geboren wurde. Und dann legt sie sich hin, als das Monster, das sie ist, und wartet auf den Jäger.
Dieses Mal wird sie sich nicht verstecken. Sie wird nicht davonlaufen oder sich wehren. Dieses Mal wird sie zulassen, dass er das tut, was die anderen versucht haben, dass er ihr den Kopf abschlägt. Sie ist zu müde und zerstört, um wieder zu fliehen.
Sie weiß nicht, wie viele Nächte und Tage sie bereits auf dem kalten, felsigen Boden der Höhle gelegen hat, doch sie bemerkt es sofort, als jemand hereinkommt. Sie hebt den Kopf und zittert, als das Monster in ihr erwacht. Ihre Hand tastet nach der kleinen Öllampe und dem Feuerstein. Dann entzündet sie den Docht.
Schatten zucken über die Wände und zeigen einen Mann in Kampfausrüstung, der sich anschleicht. Seine Hand liegt am Griff eines Kurzschwertes. Mit der anderen Hand hebt er einen runden Schild hoch.
Die Schatten an der Wand treffen aufeinander.
Sie kniet nieder, während sie ein zischendes Geräusch hört, ein Geräusch, das sie mehr hasst als alles andere. Ein Geräusch, das bald verstummen wird.
Er holt aus.
Der scharfe Schmerz in ihrem Nacken lässt sie aufschreien, doch dann überkommt sie ein Gefühl
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