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Dein goettliches Herz entflammt

Dein goettliches Herz entflammt

Titel: Dein goettliches Herz entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Keaton
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rutschte ich aus, stürzte auf die Knie und schrammte mir die Hände an der scharfen Kante der auseinandergebrochenen Stufe auf. Ich drehte mich um und rannte los.
    Lauf.
    Das Grauen, das ich gesehen hatte, ließ mein Herz so schnell schlagen, dass mir schwindlig wurde, als ich an den Grabmalen vorbeirannte und über Steinhaufen sprang. Ich wurde erst wieder langsamer, als ich das Tor, das in die Freiheit führte, vor mir aufragen sah.
    Heftig keuchend blieb ich davor stehen. Meine Arme wurden schlaff, mein Rucksack glitt mir aus der Hand und fiel zu Boden. Tränen flossen mir über Wangen und Hals, während ich versuchte, wieder zu Atem zu kommen und das, was ich gerade gesehen hatte, zu verarbeiten.
    Ein Albtraum. Ein grauenhafter Albtraum.
    Als die hastigen Schritte der anderen näher kamen, wischte ich mir schnell die Tränen aus dem Gesicht.
    Crank erreichte mich zuerst. »Alles in Ordnung?«
    »Ja. Mir geht’s gut.«
    »Du hast Angst vor Schlangen.« Dub kam als Nächster. Er setzte sich auf einen Grabstein.
    Sebastian warf Dub seinen Rucksack vor die Füße, setzte sich zu ihm auf den Grabstein und zog ein Bein an. »So etwas habe ich noch nie gesehen.« Seine Stimme klang völlig ruhig.
    Ein ironisches Lachen blieb mir in der Kehle stecken und kam als schriller Ton über meine Lippen. Stimmt. Ich auch nicht. Ich legte die Hände auf die Hüften und hätte am liebsten den Kopf in den Nacken gelegt und laut losgeschrien, doch ich schwieg und starrte in den Himmel, an dem gerade der Morgen anbrach.
    Ein Zittern lief durch meinen Körper. Ich fuhr mit den Händen über mein Gesicht und versuchte, das Bild aus meinem Gedächtnis zu löschen und die grauenhafte Erkenntnis, dass die Schlangen gekommen waren, um mich zu sehen. Um ihrer Königin zu huldigen. Medusa. Gorgo. Der, die den Fluch meiner Familie trägt und eines Tages zu einem Ungeheuer werden würde. Zu einer Kreatur, die so hässlich und abscheulich war, dass ein einziger Blick genügte, um jemanden in Stein zu verwandeln. Stein, der so hart war wie der, auf dem Dub und Sebastian gerade saßen.
    Das war mein Erbe. Das war es, was mich erwartete.
    Und es war so krank, dass sogar eine Göttin Angst davor bekam. War ja irgendwie klar. Ich lachte.
    »Und?«, sagte Henri, der ganz außer Atem zum Tor kam. »Was hast du in dem Grabmal gesehen?«
    »Nichts.« In meiner Stimme schwangen Entsetzen und Verzweiflung mit.
    Violet, die Pascal wieder unter dem Arm trug, erreichte uns. Ich konnte nicht in die Reptilienaugen sehen, daher drehte ich um. Doch dort erwarteten mich bereits Henris Stirnrunzeln und Cranks ungläubiger Blick.
    »Wir sind extra mit dir hergekommen und jetzt willst du es uns nicht sagen?«
    »Crank, ich habe dich nicht gebeten mitzukommen.« Ich verzog das Gesicht, weil ich wusste, dass ich mich wie ein erstklassiges Miststück benahm. »Tut mir leid, es liegt daran… ich kann nicht…« Ich konnte es ihnen nicht sagen. Ich könnte nicht ertragen, dass sie mich schockiert und voller Abscheu ansahen.
    »Du hättest es nie ohne unsere Hilfe herausgefunden«, protestierte Henri. »Wir haben ein Recht darauf zu erfahren, mit wem wir es zu tun haben. Wenn Athene auf den Kriegspfad geht, betrifft uns das alle.«
    »Nicht, wenn ich nicht hier bin.«
    Crank riss ungläubig die Augen auf und ballte die Hände zu kleinen Fäusten. »Was soll das heißen? Willst du weg?«
    Ich hob die Hände und starrte auf einen Punkt hinter Cranks Schulter. Ich wusste nicht mehr, was ich sagte. Aber ich wusste ganz genau, dass ich ihnen nicht erzählen konnte, was ich war, was ich werden würde. Ich konnte nicht zusehen, wie sie mir den Rücken zudrehten und vor mir davonliefen – vor mir, der größten Missgeburt von allen, die selbst die Bewohner von New 2 nicht haben wollten. Und wenn das geschah, wohin sollte ich dann gehen? Wo zum Teufel würde mich noch jemand akzeptieren?
    Nein. Wenn es sein musste, würde ich dieses Geheimnis mit ins Grab nehmen. Auch wenn das hieß, meinen Freunden wehzutun oder New 2 für immer zu verlassen.
    Ein Krächzen, das durch die dünne Morgenluft schallte, riss mich aus meinen Gedanken.
    Auf dem Dach eines nahe gelegenen Grabmals landete ein Rabe, der noch einen Moment mit den Flügeln flatterte, bevor er sie zusammenklappte.
    »Ari«, beharrte Sebastian, »egal, was es ist, sag es.«
    Der Rabe krächzte wieder und es klang wie die letzten zwei Wörter von Sebastian. Sag es! Sag es! Ich hatte den Eindruck, als würde der Vogel mich

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