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Dein goettliches Herz entflammt

Dein goettliches Herz entflammt

Titel: Dein goettliches Herz entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Keaton
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Es war viel zu trocken für meine bereits ausgedörrte Kehle. Ich konnte nicht schlucken. Das Pulver klumpte zusammen. Mein Magen verkrampfte sich, wollte sich übergeben und schickte das Signal dazu an meine Kehle, im selben Moment, in dem alles vor meinen Augen verschwamm und ein Kribbeln durch meinen Körper zuckte und wie ein Blitz unter meine Haut schoss.
    Das Grabmal kippte zur Seite und alles drehte sich plötzlich wie in einem Gruselkabinett auf dem Jahrmarkt.
    Meine Wange traf den Boden. Nein, es war nicht der Boden. Es war Sebastians Hand, die meinen Aufprall abschwächte und dann langsam weggezogen wurde.
    Meine Augen starrten auf die Flamme der Kerze, die auf dem Boden stand, Sebastians Knie in der Ecke und die Knochenkisten in den Schatten dahinter.
    Ich war wie erstarrt, vollkommen gelähmt, doch meine Gedanken überschlugen sich, drehten sich im Kreis, wie in einer Achterbahn. Meine Augenlider wurden immer schwerer, bis sie sich schließlich in einer Explosion aus weißem Licht schlossen.
    Helle Blitze.
    Farbfetzen. Grelle Farben. Schimmerndes Weiß und leuchtende Blautöne.
    Das flimmernde Licht der Sonne auf dem Meer, auf glattem Marmor.
    Gedämpfte Stimmen.
    Bilder eines griechischen Tempels, der sich auf einem Felsen über dem Meer erhebt. Es ist schön hier. Wunderschön.
    Hinter den makellosen Säulen tanzt weißes Haar, an dem der Wind wie an einer Fahne reißt.
    Die Brust wird mir eng. Angst erfasst meinen Körper, weil mir klar wird, was hier geschieht. Dass es sich so anfühlt, als würde es mir selbst zustoßen. Das Entsetzen, als die Frau mit den weißen Haaren sich losreißt von der großen Hand, die ihren Arm gepackt hat. Sie verliert das Gleichgewicht und stolpert, als sie ins Innere des Tempels flüchtet. Sie ist viel zu verängstigt, um Schmerzen zu empfinden, als sie auf den harten, kalten Mosaiksteinen aufkommt. Sie dreht sich um, rutscht auf dem Gesäß nach hinten, völlig verzweifelt, als eine riesige Gestalt vor ihr aufragt.
    Sie weiß es.
    Er will sie haben und es gibt keine Möglichkeit, ihn daran zu hindern.
    Seine Hand bewegt sich nach unten und schiebt langsam den Saum ihres Gewands bis über ihre Oberschenkel. Sie kann nichts tun, überhaupt nichts, während die Gestalt über ihr beruhigend auf sie einredet, mit Worten einer fremden Sprache, die Macht bedeuten, jene Art von Macht, die ihr befiehlt, die Augen niederzuschlagen und ihm nicht ins Gesicht zu sehen. Denn das bedeutet den Tod.
    Meine Hand ballt sich zur Faust, mein Körper wird steif und taub.
    Tief in meinem Innern bildet sich ein wütender Schrei, entfacht von Zorn, Unrecht und Angst. Er löst sich aus meiner Kehle und ich höre meine Verzweiflung, mein Nicht-wahrhaben-Wollen darin.
    Irgendwo in meinem Gehirn ist noch ein kleiner Rest vorhanden, der einen klaren Gedanken fassen kann, und deshalb weiß ich, was mit dieser Frau geschieht. Doch ich weigere mich, diese Gefühle zu empfinden, also wehre ich mich dagegen, wehre mich gegen die Macht von Alice Cromleys hellsehenden Knochen, ich verschließe meine Gedanken vor den Gefühlen, noch während ich einzelne Bilder von der Vergewaltigung der Frau in meinem Kopf sehe.
    Und dann ist es vorbei.
    Die Frau auf dem Boden krümmt sich zusammen und weint. Ihr silberweißes Haar ist wie ein Fächer auf dem bunten Mosaikboden ausgebreitet, das weiße Gewand hinten an ihrem Gesäß blutbefleckt. Sie zittert am ganzen Körper.
    Mein Zorn wird größer angesichts der qualvollen Szene, die ich in Gedanken vor mir sehe. Meine Kehle ist wie zugeschnürt, Tränen laufen mir über die Wangen.
    Ein greller Blitz blendet das Bild aus.
    Eine Stimme. Eine Stimme, die mir so vertraut ist, dass ich Gänsehaut bekomme.
    Athene.
    Ich kenne die Stimme, doch die Worte bleiben mir fremd. Sie sind wie seine, die gleiche Sprache, doch dieses Mal nicht von verlogenem Trost verschleiert. Die Bilder beginnen zu wackeln. Und die Worte sind grausam, missbilligend und selbstgerecht. Unglaube tropft wie Honig in mich hinein, während ich das Entsetzen und die düsteren Vorahnungen der Frau in mir spüre. Die Göttin gibt ihr die Schuld für die Vergewaltigung im Tempel, gibt ihr die Schuld dafür, dass Athenes geweihter Ort geschändet wurde.
    Die Frau rappelt sich auf, verletzt, verwirrt, mit gebrochenem Herzen, weil sie von der Göttin verstoßen wird, die sie seit ihrer Kindheit anbetet und liebt.
    Ich sehe durch die Augen der Frau. Athenes Füße und den Saum ihres Gewands. Jedoch nicht ihr

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