Dein Herzensprinz Prinzessin
merkwürdiges Gefühl, durch die verwaisten Gänge zu gehen, während alle anderen Schüler in ihren Klassen sitzen. Als Mrs Gupta vorhin an mir vorbeikam, hat sie nicht gefragt: »Wieso bist du nicht im Unterricht, Mia? Was hast du für eine Entschuldigung?«, sondern nur gemurmelt: »Oh. Hallo, Mia.« Dann ist sie weitergegangen. Wahrscheinlich hat sie so kurz vor den Feierlichkeiten zum Schulabschluss zu viele andere Dinge im Kopf. (Ich kann es ihr nachfühlen. FÜR WELCHE UNI SOLL ICH MICH DENN NUR ENTSCHEIDEN?) Und sie kann sich keine Gedanken darüber machen, weshalb eine Prinzessin frei in den Gängen ihrer Schule herumläuft.
Oder ich sah nicht so aus, als würde ich eine Bedrohung für den Schulfrieden darstellen. Tja, so ist das wahrscheinlich, wenn man das Abschlusszeugnis praktisch schon in der Tasche hat.
Und einen Bodyguard im Schlepptau.
Vielleicht schreibe ich eines Tages mal ein Buch darüber. Über die widerstreitenden Gefühle einer Zwölftklässlerin, während sie ihr Schließfach ausräumt und sich symbolisch von der Lehranstalt verabschiedet, in der sie einen Großteil ihres Lebens verbrachte... Ihre Hassliebe zu dieser Institution... Ihre Angst davor, die Flügel auszubreiten, in die Welt hinauszufliegen und irgendwo an einem anderen Ort ganz von vorn anzufangen. Sie hat die langen grauen, müffelnden Korridore immer gehasst und doch... liebt sie sie auch. Irgendwie jedenfalls.
Einsteins Lions - Löwen seid ihr.
Wir stehen hinter euch, jetzt und hier.
Unser Wimpel, der leuchtet golden und blau,
dem Feind wird schon beim Anblick flau.
Euch Lions kann keiner je bezähmen,
jeden Gegner werdet ihr beschämen.
Einstein Lions, wir sind im Krieg,
O Lions, führet uns zum Sieg!
Auf Nimmerwiedersehen, Albert-Einstein-Schule. Du bist ein Höllenloch. Ich hasse dich. Und doch... vermisse ich dich jetzt schon.
Donnerstag, 4. Mai, 18 Uhr, zu Hause im Loft
Sehr geehrte Ms Delacroix,
anbei senden wir Ihnen das Manuskript Ihres Romans zurück. Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass der Titel zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in unser Programm passt.
Mit den besten Wünschen für Ihre Zukunft,
Heartland Romance Publications
Ich muss mich beeilen, das hier zu schreiben, weil JP gerade hier ist. Es ist das erste Mal seit Monaten, dass er keine Theaterprobe hat und ich keinen Prinzessunterricht und wir beide keine Sitzung beim Therapeuten.
Deswegen ist er gleich nach der Schule hergekommen, um den Nachmittag vor Boris’ Konzert mit mir zu verbringen. Jetzt sitzt er gerade im Wohnzimmer und erzählt Mom und Mr G von seinem Filmdeal. Ich ziehe mich angeblich für das Konzert um.
Aber das tue ich gar nicht. Stattdessen schreibe ich auf, was passiert ist, als er hergekommen ist. Ich hab mir nämlich allergrößte Mühe gegeben, meine MHC-Gene dazu zu bringen, auf seine zu reagieren. Ich habe das getan, was Tina getan hat, als sie Boris in Badehose sah.
Ja. Ich habe mich auf ihn gestürzt.
Zumindest hab ich es versucht. Meine Hoffnung war, dass
das Problem sich vielleicht von selbst erledigen würde, wenn ich JP nur dazu bringen könnte, mich zu küssen. Mich richtig zu küssen, meine ich, so wie Michael mich früher immer geküsst hat, wenn wir in seinem Zimmer im Studentenheim mal allein waren. Dann müsste ich mir wegen Michael keine Sorgen machen und auch keine Erkältung vorschützen, wenn wir uns morgen zum Mittagessen treffen. Ich dachte, die unwiderstehliche Anziehungskraft würde dann vielleicht ihre Wirkung verlieren.
Aber es hat nicht geklappt.
Nicht dass JP mich weggestoßen hätte. Nein. Er hat meinen Kuss erwidert und mich auch umarmt und an sich gedrückt. Er hat es versucht. Er hat es echt versucht.
Aber alle dreißig Sekunden ließ er mich los, um über seinen Filmdeal zu reden.
Kein Witz.
Er hat mir erzählt, dass »Sean« ihn gebeten hat, auch das Drehbuch für den Film zu schreiben. (Anscheinend kann man ein Theaterstück nicht automatisch als Drehbuch verwenden. JP muss alles neu schreiben und dafür ein spezielles Computerprogramm verwenden.)
Und dass er ernsthaft darüber nachdenkt, an die »Coast« zu ziehen (damit meint er natürlich die Westküste, sprich: Hollywood), damit er bei den Dreharbeiten dabei sein kann. Er überlegt sich sogar, eine einjährige Auszeit zu nehmen, bevor er mit dem Studium anfängt, damit er in Ruhe an dem Film mitarbeiten kann.
Studieren kann man immer, hat er gesagt. Aber die Chance, einer der heißesten jungen
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