Dein ist das Leid (German Edition)
verhandelt.“
John biss die Zähne aufeinander. „Na schön. Sie haben gewonnen. Verschaffen Sie mir diese Genehmigungen.“
„Ich lasse meinen Anwalt die Verträge ausarbeiten.“ Lyle kaute in aller Ruhe an seinem Omelette. „Sobald die unterschrieben in meinem Safe weggeschlossen sind, bekommen Sie, was Sie brauchen.“
„Wie lange wird das dauern?“
„Nicht sehr lang.“ Ein schmales Lächeln. „Mein Anwalt rechnet pro Stunde ab.“
Claire hatte sich die ganze Nacht herumgewälzt.
Ihre Träume waren von schattenhaften Gestalten bevölkert, die in der Nähe lauerten und jemanden bedrohten. Oder auch mehrere Menschen. War es Amanda? Das ganze Team? Beide zusammen? Sie konnte es nicht sagen. Sie spürte nur, dass diese unklare Vision eine finstereEnergie in ihr anstachelte, die sie bisher nicht kannte – und das noch zusätzlich zu den gespenstischen Schwingungen, mit denen sie sich sowieso schon herumschlug.
Als es hell wurde, setzte sie sich im Lotussitz auf das Bett – so wie sie das immer machte, wenn sie ihren Körper und ihre Seele für alle Energien öffnen wollte, die sie umgaben. Sie liebte die Ruhe in ihrem kleinen Studio im East Village – ihre Oase der Gelassenheit abseits der Verrücktheiten von Manhattan jenseits der Fenster. Alles in ihrem Heim war das genaue Gegenteil des Gewühls, der Hektik und des Krachs der Straßen draußen. Für sie war das Studio perfekt – ein geräumiges Wohn-/Schlafzimmer, eine winzige Küche und ein Bad. Der große Raum war ganz in Pastelltönen gehalten und zum größten Teil leer. Claire war Minimalistin. So hatte sie Luft zum Atmen. Selbst die wenigen Möbel waren offen und luftig, alles aus Korb mit hellblauen und sandfarbenen Kissen. Das galt auch für ihr Bett. Die Wände waren ebenfalls von sanfter Sandfarbe, nur mit wenigen Gemälden geschmückt, die ihre Lieblingslandschaften zeigten.
Sie schloss die Augen, ließ die Energien des Morgens durch sich hindurchfließen und hoffte, sie könnten den Knoten in ihrem Magen auflösen.
Es klappte nicht. Zu viel war einfach nicht in Ordnung. Paul Everett war ganz eindeutig etwas zugestoßen. Aber der Tod hatte ihn nicht ereilt. Es war irgendetwas, das aus einer Mixtur von Energien – positiven wie negativen – gar keine Energie mehr machte. Vielleicht war er dem Tod gerade noch von der Schippe gesprungen? Vielleicht hatte er eine kurze Nahtoderfahrung gemacht? Nein. Das fühlte sich alles nicht richtig an. Es erklärte auch nicht diese ständigen Wellen binärer Energie, denen sie ausgesetzt war. Wenn Ryan nicht zweifelsfrei festgestellt hätte, dass der Mann an der Straßenecke tatsächlich Paul Everett war, hätte sie sich gefragt, ob er womöglich in einer Art Koma lag, manchmal zu sich kam, dann wieder bewusstlos wurde.
Aber sie sah keine Krankenhauseinrichtung vor sich. Zum Teufel, eigentlich sah sie überhaupt nichts. Es war wirklich frustrierend.
Die düsteren Gestalten beunruhigten sie genauso sehr wie die kurzen Blitze, in denen sie Paul wahrnahm. Gefahr war auf jeden Fall ein Teil von allem. Sie musste sich auf das Wie konzentrieren, das Warum und vor allen Dingen auf das Wer.
Plötzlich schoss eine andere, viel schmerzhaftere Energie durch siehindurch – und diese Energie war glasklar.
Das Baby. Um Gottes willen, nein, das Baby.
Amanda döste neben Justins Krippe, als sein Jammern und sein rastloses Strampeln sie weckten. Sofort war sie auf den Beinen, und kaum hatte sie ihn berührt, wusste sie, dass etwas nicht stimmte. Er war ganz heiß. Er glühte regelrecht. Seine Atmung hatte sich auch verschlechtert. Jedes Mal, wenn seine Brust sich hob und senkte, gab er ein Rasseln von sich.
Amanda eilte zur Tür und hätte beinahe eine Schwester umgerannt, die gerade hereinkommen wollte.
„Holen Sie sofort Dr. Braeburn“, kreischte Amanda panisch. „Justin geht es schlechter. Er glüht vor Fieber. Er kann kaum noch atmen. Bitte. Holen Sie den Doktor.“
Keine zwei Minuten später kam Dr. Braeburn eiligen Schrittes in die Isolierstation und trat sofort an Justins Bettchen.
Er untersuchte ihn kurz, kontrollierte seine Lebenszeichen auf den Monitoren und horchte sorgfältig an seiner Brust. „Das sieht alles ganz danach aus, als hätten wir es mit einer weiteren Infektion zu tun, zusätzlich zu den anderen“, sagte er zu Amanda und winkte die Schwester herein.
„Was für eine Infektion?“, fragte Amanda mit hoher, dünner Stimme.
„Das werden wir gleich herausfinden. Könnte alles
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