Dein ist die Rache
fließendes Seidentop. Vielfarbiger Bob und wütende Augen. Melissa. Jarods Freundin. Die Dame von der Swingerparty, die kaum lächelte und deren Abend damit endete, dass ihr Partner eiligst ins Krankenhaus verfrachtet wurde.
Suzie klappt die Kinnlade herunter. Sie will hallo sagen, aber plötzliche Furcht hält sie gepackt. Sie weicht von der Scheibe zurück, prallt aber gegen das unnachgiebige Hindernis des Mannes mit den netten Augen.
Sie sieht, wie die Frau auf dem Vordersitz ihre Bemühungen einstellt. Den Kopf wendet. Sie kommt ihr bekannt vor. Sie war auch auf der Party gewesen. Sie ist Ende dreißig. Reizlos. Verkniffenes Gesicht. Hatte sich einige Zeit auf der Schaukel von Big Dunc und einem Automatenhändler aus Selby verwöhnen lassen.
Die hintere Tür des Wagens schwingt auf. Melissa wuchtet sich ins Freie. Stößt zornig das junge Pärchen beiseite, das ihr im Weg steht, und stapft hinten um den Van herum.
»Du kleine Schlampe«, sagt sie mit verzerrtem Gesicht. »Jarod ist deinetwegen nur noch Gemüse. Eine Nacht war alles, was ich wollte. Eine Nacht mit ihm. Und dann kommst du daher und machst ihm schöne Augen, und fort ist er und kriegt einen Backstein an den verdammten Schädel, aber du spielst dich als Opfer auf und jammerst herum ›ach ich Ärmste, ach ich Ärmste‹.«
Melissa spuckt die Worte richtiggehend aus. Sie hat Schaum an den Lippen. Fletscht die Zähne. Suzie weiß nicht, ob sie kehrtmachen und davonlaufen oder lieber standhalten und sich gegen die Lügen der Frau verteidigen soll.
»Es tut mir leid, zwischen uns ist überhaupt nichts passiert, wir wollten uns nur einen Moment …«
»Du kleine Nutte«, sagt Melissa und reckt ihr Gesicht vor. »Du wackelst mit deinen Titten herum, und dann lässt du die Leute abblitzen.«
»Das ist nicht wahr.«
»Kleine Nutten seid ihr, alle miteinander. Ich kenne euch. Im Internet sagt ihr, dass ihr kommt, und dann kriegt ihr kalte Füße. Geht auf Partys, und dann drückt ihr euch …«
»Ich mache doch mit …«
Der Schlag kommt aus dem Nichts. Es ist keine Ohrfeige. Sondern eine rechte Gerade mit geballter Faust, und Suzie taumelt nach hinten, sinkt in die Knie. Sie ist benommen. Ihr wird übel. Sie hat wieder den Geschmack nach Dreck und Gras im Mund, der sie seit Tagen nicht verlässt.
Dann der Stiefel. Ein Fußtritt in die Rippen wirft sie zur Seite. Schmerzen explodieren. Sie muss sich übergeben, ringt gleichzeitig nach Luft und würgt, während ihre geschwollene Kehle sich verkrampft.
Finger wühlen sich in ihre Haare. Sie wird hochgerissen. Hört laute Stimmen. Proteste. Sieht Männergestalten davonhuschen. Hastiges Fußgetrappel, während sie zu den Autos rennen. Scheinwerfer. Motoren.
Ihr Gesicht knallt gegen Metall. Die Kälte der Motorhaube. Speichel und Blut sammeln sich in ihrem Mundwinkel, während ihr Kopf schmerzhaft heruntergedrückt wird …
»Ich werd’s euch zeigen, euch kleinen Miststücken …«
Spucke in ihrem Gesicht. Ein weiterer Schlag gegen den Hinterkopf.
Und jetzt spürt sie den kalten Wind hinten auf den Schenkeln. Ihr Kleid wird hochgerissen, Finger krallen sich in ihre Haut.
Jetzt weiß sie es. Weiß, warum sie gekommen ist und was sie bekommen wird.
Dann eine neue Stimme. Laut. Fest. Klar.
Sie hört Melissa spucken und fluchen. Ein kehliges Gelächter, das ihren Vorschlag beantwortet, der Sprecher solle gefälligst warten, bis er an der Reihe ist.
Und dann weicht das Gewicht von ihr. Keine Hände zerren mehr an ihr. Kein Druck mehr auf ihrem Gesicht, keine Brise an den Schenkeln.
Lautes Gekreische. Wütende Drohungen, immer rasender und gleichzeitig entfernter.
Suzie rutscht an der Motorhaube des Wagens herunter. Sackt zu einem Knäuel aus verdrehten Gliedmaßen und Schmerz zusammen.
Ihre Augen schließen sich. Nichts scheint mehr wichtig zu sein. Der ganze Lärm. Der Schmerz. Die Drohungen. Sie fühlt sich irgendwie befreit. Leicht. Spürt eine Wärme und Nähe, die sie seit Ewigkeiten nicht mehr gekannt hat.
Sanfte, raue Hände berühren ihr Gesicht. Eine riesige Handfläche legt sich auf ihre Wange.
Sie schlägt die Augen auf. Stellt das verschwommene Bild scharf.
Filtert das Hintergrunddröhnen aus und stimmt ihre Ohren auf die Frequenz der sanften, forschenden Stimme ein. Versteht einen Namen zwischen den vielen Worten.
McAvoy. Detective Sergeant Aector McAvoy. Keine Sorge, ich bin hier. Sie sind in Sicherheit …
Der Kaffee ist bitter und schmeckt leicht nach Suppe und
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