Dein ist mein ganzes Herz
mit Lady Moreton eine Spazierfahrt unternahm." Sie schenkte ihre Aufmerksamkeit erneut Ferdie Acheson-Smythe, als ob sie den Einzelheiten ihrer Begegnung mit dem Marquess keine große Bedeutung zumaß.
Ihre Gleichgültigkeit bewies Princess Esterhazy, daß Dorothea die Wahrheit sprach. Ihrer Uberzeugung nach konnte keine junge Dame so unbekümmert wirken, wenn an ihrer Bekanntschaft mit dem berüchtigten Lord etwas unpassend war.
Bald darauffuhr Lady Merion mit ihren Enkelinnen wieder nach Hause. Im Salon warf sie ihren eleganten Hut auf einen Stuhl und stieß einen erleichterten Seufzer aus. "Das war ein exzellenter Start eurer Saison", meinte sie, machte es sich auf einem Sofa bequem und ließ sich von Dorothea eine Tasse Tee reichen. Dann war sie bereit, Fragen zu beantworten.
"Ferdie ist der einzige Sohn der Acheson-Smythes aus Herfordshire", erklärte sie. "Aus guter Familie, dazu ein Cousin Lord Hazelmeres. Er ist absolut vertrauenswürdig und ein vollendeter Kavalier. Es kann nicht schaden, mit ihm gesehen zu werden."
"Und Mr. Dermot?" erkundigte sich Cecily.
"Ferdie würde niemand als seinen Freund vorstellen, der ihm nicht ebenbürtig ist."
Lady Merion hatte für den Abend für sich und ihre Enkelinnen die Einladung zu einer kleineren Gesellschaft angenommen. Befriedigt stellte sie fest, daß sich die beiden Schwestern mit den jungen Gästen gut verstanden. Dabei gehörte Dorothea mit ihrem strahlenden Aussehen und ihrer Selbstsicherheit nicht in die Kategorie der üblichen Debütantinnen. Doch auf einer größeren Veranstaltung, auf der erfahrene Gentlemen wie Lord Hazelmere anwesend waren, würde es ihr nicht an geeigneten Partnern fehlen.
Lady Merion ging die Unterhaltung vom Nachmittag durch den Sinn.
Cecily hatte geschlafen, als die restlichen Modelle von Madame Celestine geliefert worden waren. Sie selbst und ihre ältere Enkelin hatten sich im Salon aufgehalten.
"Das ist ja bezaubernd", hatte Dorothea gerufen und ein blaues Abendkleid von Cecily in die Höhe gehalten.
"Dein eigenes ist nicht weniger bezaubernd."
Dorothea hatte gelacht. "Aber es ist Cecily, die einen Ehemann braucht."
Diese Bemerkung hatte Lady Merion veranlaßt, Dorothea einmal mit deren eigenen Augen zu betrachten. Ihre Enkelin, die bisher ein sehr abgeschiedenes Leben geführt hatte, ahnte offenbar nicht, wie sie auf Männer wirkte - schon gar nicht auf solche wie Lord Hazelmere. Gentlemen dieser Art waren auf dem Lande nicht anzutreffen.
"Meine Liebe, wenn du glaubst, als Mauerblümchen zu enden, irrst du dich gewaltig."
Dorothea schaute ihre Großmutter bei diesen Worten überrascht an.
"Aber ich bin bereits zu alt für den Heiratsmarkt und außerdem keine Schönheit."
"Du bist erst zweiundzwanzig, und wenn du dich schon als alte Jungfer betrachtest, wirst du umdenken müssen."
Statt einer Antwort lachte Dorothea lediglich.
Lady Merion beobachtete amüsiert den Kreis junger Männer, der sich um ihre ältere Enkelin geschart hatte. Wie lang mochte es wohl dauern, bis Dorothea aufwachte und merkte, daß man ihr heftiger den Hofmachte als der munteren Cecily?
Am nächsten Morgen trafen die ersten Einladungen zu anspruchsvolleren Veranstaltungen ein. Gegen Ende der Woche häuften sich die in Merion House abgelieferten, goldgeprägten Karten. Da die beiden Mädchen sich nicht in den Vordergrund spielten, sahen selbst die eifersüchtigsten Mütter keinen Grund, sie von der Gästeliste zu streichen. Außerdem hatte sich herumgesprochen, daß bei einem Fest, das die Darent-Schwestern besuchten, mindestens die Hälfte der begehrtesten Junggesellen anwesend sein würden.
Lady Merion nahm ihre Enkelinnen während der ersten Woche zu vielen kleineren, festlichen Anlässen mit, damit sie sich dort die notwendige, gesellschaftliche Sicherheit aneigneten. Dorothea und Cecily unternahmen an jedem Nachmittag eine Ausfahrt im Park und waren am Abend auf einer Soiree, einer musikalischen Darbietung oder einer Dinner-Party zufinden. Beide Mädchen hatten innerhalb kurzer Zeit eine Schar von Verehrern um sich versammelt.
Ferdie Acheson-Smythe war der verständigste von Dorotheas Kavalieren. Ursprünglich hatte er sich Lady Merions Enkelinnen vorstellen lassen, weil Lord Hazelmere ihn bei einem zufälligen Treffen gebeten hatte,ihm zu helfen, etwaige Gerüchte zu zerstreuen, die ihn und die reizende Dorothea betrafen. Ferdie hätte seinem Cousin den Gefallen selbst dann getan, wenn Dorothea Darent ein häßliches Entlein
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