Dein ist mein ganzes Herz
nicht wußte, war, daß seine Worte Dorothea in tiefes Elend gestürzt hatten.
Am vergangeneo Samstag, vor der Abreise nach Darent Hall, hatte Marjorie Darent mit ihr gesprochen."Herbert ist dein Vormund, ich halte es daher als seine Frau für meine Pflicht, dich zu warnen.Es ist allgemein bekannt, daß Lord Hazelmere mit deinen Gefühlen nur spielt. Daß du seinem Charme widerstanden hast, war offenbar eine Herausforderung für ihn. Es schmerzt uns sehr, mit ansehen zu müssen, wie du dich im Netz eines solchen Mannes verfängst."
Anschließend hatte Marjorie die vielen Schwächen des Marquess aufgezählt, Glücksspiel, Pferderennen, seine Vorliebe für Boxkämpfe und andere gewöhnliche Sportarten. "Ich will ganz offen mit dir reden", fuhr sie fort. "Er ist ein Wüstling. Seine Maitressen, viele von guter Herkunft und alle sehr attraktiv, so wie du, sind nicht zu zählen." Zum Schluß erklärte sie, daß Herbert und sie nicht dulden würden, daß Dorothca weiterhin Beziehungen zu Lord Hazelmere unterhielt.
Dorothea hatte als selbstverständlich angenommen, daß es in seiner Vergangenheit viele Frauen gegeben hatte.Sie hatte aber geglaubt, daß sie aus der Halbwelt stammten, und in seinem derzeitigen Leben keine Rolle
mehr spielten. Lady Walford jedoch gehörte zum ton und offensichtlich zu seiner Gegenwart.
Von der restlichen Konversation des Comte drang kein Wort mehr zu ihr durch. Sie sah lediglich, daß die strahlende Cecily mit Tony Fanshawe tanzte. Die beiden hatten anscheinend ihre Schwierigkeiten bereinigt. Lord Fanshawe wirkte ziemlich überrascht, als er Dorothea zusammen mit dem Comte entdeckte. Der Franzose brachte Dorothea nach Ende des Tanzes zu ihrer Großmutter zurück, verabschiedete sich und verschwand eilig in der Menge. Sein schneller Abgang rührte daher, daß ihm Lord Fanshawes Verwunderung nicht entgangen war, und er den Grund dafür kannte.
Wie der Comte richtig vorausgesehen hatte, erschien Lord Hazelmere innerhalb weniger Minuten an Dorotheas Seite. Ein Blick in ihr verstörtes Gesicht, und er informierte Lady Merion, daß sie den Ball ohne weiteres verlassen könnten, da sich der Prinzregent bereits zurückgezogen hatte. Da ihr der Stil dieser Veranstaltung ohnehin mißfiel, erklärte sie sich sofort einverstanden. Cecily und Tony Fanshawe kamen gerade, sie mußten also nur noch Ferdie finden, was keine Schwierigkeiten bereitete.
Auf dem Heimweg zerbrach sich der Marquess den Kopf, was mit Dorothea los war. Von Tony wußte er, daß sie mit einem Mitglied der französichen Delegation, einem Mann von zweifelhaftem Ruf, getanzt hatte. Doch daß dieser Mann etwas gesagt haben könnte, was sie derart aus der Fassung gebrach hatte, erschien ihm unwahrscheinlich.
Als die Kutsche vor Merion House hielt, stiegen alle aus. Die Damen begaben sich ins Haus, Ferdie wollte zu Fuß weitergehen. Die beiden Lords schickten die Kutsche weg und spazierten über den Cavendish Square. Während der halben Strecke hielt Tony einen begeisterten Monolog über die Freuden der Liebe. Er hatte sich Dorotheas Ratschlag zu Herzen genommen und sich, um dem Ganzen mehr Nachdruck zu verleihen, etwas von Hazelmeres Arroganz abgeschaut, und damit großen Erfolg gehabt. Plötzlich merkte er, daß seine Worte keinen Widerhall fanden. .
"Sage nur nicht, daß ich euch getrennt habt", rief er nach einem Blick in das ernste Gesicht seines Freundes.
"Ehrlich gestanden weiß ich nicht, was ich denken soll."
"Und warum wendest du Dorotheas Ratschlag nicht auch in ihrem Fall an?"
"Ich weiß aus verläßlicher Quelle, daß die ältere Miss Darent eine starke Hand nicht schätzt."
"Das bedeutet, daß sie wahrscheinlich ihre Wirkung tut."
"Ich denke, da hast du ein wahres Wort ausgesprochen", sagte Lord Hazelmere, bevor sie sich vor den Stufen seines Hauses trennten.
Da sie nicht so feinfühlig wie der Marquess waren, bemerkten weder Lady Merion noch Cecily den gehetzten Ausdruck in Dorotheas Augen. Lady Merion legte sich sofort mit Kopfschmerzen ins Bett. Cecily war so von Glücksgefühlen erfüllt, daß ihr das traurige Gesicht ihrer Schwester gar nicht auffiel. Dorothea war sehr erleichtert, daß sie in ihr Zimmer flüchten konnte, ohne lästige Fragen beantworten zu müssen.
Sie lag stundenlang wach und starrte an die Decke. Ihr Herz weigerte sich zu glauben, was ihr Verstand als Tatsache erkannte. Während Lord Hazelmere sie umwarb, unterhielt er gleichzeitig intime Beziehungen zu der schönen Lady Walford.
Es
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