Dein ist mein ganzes Herz
war. Der Marquess besaß ein heftiges Temperament, das er allerdings nur selten zeigte.
Als Dorothea den Marquess in Begleitung der schönsten Lady Walford gesehen hatte, hatte sie gewußt, daß es ihr unmöglich sein würde, mit den beiden ein paar höfliche Worte zu wechseln. Natürlich war ihr klar, daß sie sich schlecht benommen hatte, und daß er mit Recht wütend sein würde. Da sie ebenfalls wütend war, sah sie der unvermeidlichen Unterredung mit Seiner Lordschaft gefaßt entgegen.
In Merion House folgte Ferdie Dorothea in den Salon. Dort gewann er den Eindruck, daß bei ihr von Schuldbewußtsein keine Rede sein konnte. "Wie kann er es wagen, sich mir zu nähern, während er diese Person spazierenfährt", schäumte sie, während sie wie eine Tigerin auf und ab lief. "Warum sollte er mit Helen Walford nicht spazierenfahren?" erkundigte Ferdie sich erstaunt.
"Weil sie seine Mätresse ist."
"Nein", rief Ferdie entsetzt. "Das ist sie mit Sicherheit nicht."
Er war mit dem Marquess verwandt und würde sich daher immer auf die Seite seines Cousins schlagen. Dorothea schenkte deshalb seinen Worten keine Beachtung. .
Es klopfte heftig an die Vordertür. Ferdie, der aus dem Fenster schaute, sah Hazelmeres Curricle vor dem Haus stehen.
Der Marquess hatte seinen Augen kaum getraut, als er gesehen hatte, daß Dorothea ihm bewußt ausgewichen war. Es dauerte eine Weile, bis er seine Stimme wieder so weit in der Gewalt hatte, um ruhig zu fragen: "Meine liebe Helen, darf ich dich zu deinen Freunden zurückbringen? Ich muß nach Leicestershire fahren und vorher noch etwas erledigen."
Lady Walford war mit seinen Zornesausbrüchen vertraut, deren Ursache sie als Kind oft genug gewesen war. Sie hoffte, daß Miss Darent genügend Rückgrat besaß, da ihr zweifellos ein unangenehmes Gespräch bevorstand. Daß der Marquess bis über beide Ohren in sie verliebt war, würde ihr dabei wenig helfen. Wie alle Henrys verlangte er von seiner zukünftigen Ehefrau ein untadeliges Benehmen.
Nachdem er Lady Walford bei ihren Bekannten abgeliefert hatte, fuhr Lord Hazelmere auf direktem Weg nach Merion House. Er warf die Zügel des Curricle wortlos einem Straßenjungen zu und eilte die Stufen hinauf.
"Wo ist Miss Darent?" fragte er den Butler, der ihm die Tür öffnete. "Im Salon, Mylord."
"Sie brauchen mich nicht anzumelden." Er durchquerte die Halle und öffnete die Tür zum Salon. Als er seinen Cousin zu Gesicht bekam, lächelte er. "Du wolltest bestimmt gerade gehen", sagte er.
Obwohl das ein unmißverständlicher Befehl war, zögerte Ferdie, die beiden allein zu lassen. Dorothea nahm ihm die Entscheidung ab. "Adieu, Ferdie", verabschiedete sie ihn.
In der Halle beschloß er, Lady Merion über das Gespräch und dessen möglichen Ausgang zu informieren. Zehn Minuten später war er wieder unten, nachdem er Lady Merion die Situation so gut wie möglich erklärt hatte. Die Salontür war nach wie vor geschlossen. Ferdie zuckte die Achseln und machte sich auf den Heimweg.
Der Marquess wartete, bis sie allein waren. "Sehr anständig von Ihnen, Ferdie da nicht hineinzuziehen", meinte er, streifte seine Handschuhe ab und warf sie auf den Tisch. "Würden Sie mir wohl erklären, was sie dazu bewogen hat, mich im Park zu schneiden?"
"Wie konnten Sie es wagen, sich mir mit dieser Frau an Ihrer Seite zu nähern?"
"Mit Helen?" fragte er verwundert. "Mit Ihrer Geliebten", bestätigte sie.
Er trat näher. "Wer hat Ihnen erzählt, Helen Walford wäre meine Geliebte?''
"Ich denke nicht, daß Sie das etwas angeht ..."
"Sie irren sich", fiel er ihr ins Wort. "Das geht mich sehr wohl etwas an. Helen Walford war nie meine Geliebte und wird es auch nie sein. Wer hat also behauptet, sie wäre es?"
Dorothea las in seinen Augen, daß er die Wahrheit sprach. "Der Comte de Vanee", erwiderte sie.
"Ein Mann ohne Bedeutung", stellte er geringschätzig fest. "Vielleicht interessiert es Sie, daß ich Helen Walford schon seit ihrem dritten Lebensjahr kenne. Doch was immer Sie sich auch gedacht haben mögen, berechtigt Sie nicht, mich öffentlich zu beleidigen. Ich habe Ihnen schon früher gesagt, daß Ihre provinziellen Manieren in London nicht angebracht sind", setzte er hinzu.
"Sie wagen es, meine Manieren zu tadeln?" zischte Dorothea. "Wie ist es denn um die Ihren bestellt? Sie wollen mich doch nur deshalb erobern, weil ich Ihrem legendären Charme nicht erlegen bin und eine Herausforderung für Sie bedeute. Cousine Marjorie hat mir alles
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