Dein Kuss in meiner Nacht
Cherryl und kniete mich neben ihr nieder. Ich musste sie aufsetzen, damit sie trinken konnte. Mit letzter Kraft zog ich sie etwas höher, so dass sie mit dem Rücken am Baumstamm lehnte, und legte die Flasche an ihre Lippen.
»Cherryl. Du musst mir jetzt helfen, bitte. Trink etwas. Öffne deine Lippen. Komm schon!«
Tatsächlich öffnete sie stöhnend den Mund und ich hob die Flasche etwas an. Ein wenig von dem kostbaren Nass ging daneben, doch sie trank ein paar Schlucke, ehe sie wieder tiefer in die Bewusstlosigkeit glitt. Ich legte sie wieder flach auf den Boden nieder und nahm selbst einen tiefen Zug aus der Flasche.
Zeit verging und ich hatte keine Ahnung, ob es Minuten oder Stunden waren. Meine Gedanken wanderten hin und her, mischten sich mit Tagträumen und Fantasien über Kannibalen und Riesenwildschweine. Einmal hörte ich ein Knacken im Wald hinter mir und mein Herz begann zu rasen. Ich fühlte mich so ausgelaugt und schwach, dass ich nicht einmal in der Lage war, mich umzudrehen und nachzusehen, was es war. Da ich kein lautes Brüllen gehört hatte, hoffte ich, dass es keines dieser Wildschweinbiester war. Es knackte erneut, und plötzlich brach eine kleine Gruppe Rehe aus dem Unterholz und lief nur wenige Meter entfernt von mir am Rand des Waldes entlang. Mir war vor Angst fast das Herz stehen geblieben und als ich die Rehe davonspringen sah, lachte ich hysterisch auf. Doch dann verstummte ich und ein eiskalter Schauer rann mir über den Rücken, als ich ein lautes Brüllen in der Ferne vernahm.
»Nein!«, flüsterte ich und schloss vor Verzweiflung die Augen. »Bitte nicht!«
Was sollte ich tun? Wenn das Biest hierherkam, waren wir geliefert. Ich konnte Cherryl nie und nimmer auf einen der Bäume heben. Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich es selbst auf einen Baum schaffen würde. Hektisch schaute ich mich um und entdeckte eine riesige alte Eiche mit hohlem Stamm. Das Loch war groß genug für uns, um hindurchzuschlüpfen, doch hoffentlich zu klein für ein Wildschweinmonster. Der Adrenalinstoß machte mich wieder wach, ich schleifte Cherryl zu dem Baum und versuchte, sie durch die Öffnung zu schieben. Es war ein schier unmögliches Unterfangen und das grauenhafte Brüllen ertönte erneut, diesmal schon viel näher. In Panik schrie ich auf, verdoppelte meine Anstrengungen und nach wenigen Momenten hatte ich Cherryl tatsächlich im Inneren des Baumes untergebracht. Der Hohlraum war jedoch nicht groß genug für uns beide. Ich kletterte selbst halb hinein, um Cherryl weiter nach hinten zu schieben, damit sie möglichst weit vom Eingang entfernt war, in der Hoffnung, dass die scharfen Hauer des Biestes sie nicht erreichen konnten. Ich wusste ja nicht einmal wie groß die Tiere wirklich waren. Das nächste Brüllen klang so nah, dass ich erschrocken aufschrie. Ich krabbelte rückwärts aus dem hohlen Baum und wandte mich um. Ein riesenhaftes Ungetüm mit schwarzem, zottigen Fell, langen, spitzen Hauern und kleinen, roten Augen stand nur etwa fünfzig Meter von mir entfernt am Waldrand. Mein Herzschlag beschleunigte sich und ich konnte das Blut in meinen Ohren rauschen hören.
***
Cole machte sich nicht die Mühe, die Fische, die er gefangen hatte, zu braten. Er hatte keine Zeit zu verlieren, also biss er in den rohen Fisch und riss das Fleisch mit seinen Zähnen von der Mittelgräte. Drei Fische verspeiste er auf diese Art, dann lief er weiter. Wenn er nur schon die Zeremonie, die ihn an Faith binden würde, hinter sich hätte, dann wäre er auch jetzt im Wachen in der Lage, ihre Gedanken zu teilen. Doch so musste er bis zur Nacht warten, um zu sehen, wie es ihr ging. Er hoffte, dass sie es schnell bis zur Brücke schaffen würden, ohne in Gefahr zu geraten. Wenn sie erst einmal auf der anderen Seite waren, wären sie in Sicherheit. Weder die Takala, noch die Gnoggs waren in der Lage, die Schlucht zu passieren. Das verhinderte der Bann, den die Priester über die Schlucht gelegt hatten. Die Schlucht umschloss das riesige Waldgebiet, wie eine natürliche Grenze zwischen dem Dunkelwald und dem Rest der Welt.
Auf einmal beschleunigte sich sein Herzschlag und Schweiß brach ihm aus. Er hatte keine Ahnung, wie das möglich war, doch er konnte plötzlich spüren, dass Faith in Gefahr war. Er lief schneller, obwohl er wusste, dass es nichts nutzte. Er war noch immer viel zu weit von ihr entfernt. Wenn ihr jetzt etwas geschah, konnte er ihr nicht helfen. Es war unmöglich und diese Erkenntnis ließ ihn
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