Dein Kuss in meiner Nacht
nicht groß. Außer dem schmalen Bett und dem Tisch gab es keine weiteren Möbel. Die Wände, Boden und Decke waren aus grobem Holz und es gab ein Fenster, durch das ich erkennen konnte, dass ich mich in einem oberen Geschoss befinden musste. Meinen Hunger erst einmal vergessend, erhob ich mich vom Bett und ging die wenigen Schritte zum Fenster. Mir stockte der Atem. Das Zimmer, in dem ich mich befand, war nicht in einem gewöhnlichen Haus, sondern Teil eines groß angelegten Baumhauskomplexes. Von Baum zu Baum führten Hängebrücken und ich befand mich in schwindelerregender Höhe. Wie sollte ich nur jemals hier wieder runterkommen?
Eine Gestalt erregte meine Aufmerksamkeit. Sie gehörte zu einem riesenhaften Mann mit solchen Muskelmassen, dass Conan, der Barbar, daneben blass ausgesehen hätte. Sein Schädel war kahl rasiert bis auf einen Zopf, der mittig auf seinen Kopf begann und ihm bis zur Mitte der massiven Oberschenkel hinabhing. Er hatte einen Lendenschurz an, wie die anderen. Seine ganzer Leib, und sogar sein Gesicht, waren tätowiert. Zu meinem Entsetzen kam er in Begleitung von sechs Kriegern und der Alten, die mich gewaschen hatte, direkt zu meiner Hütte. Instinktiv wusste ich, wer der Bulle von einem Mann war. Der Häuptling. Mein Zukünftiger, wenn es nach dem Willen dieser Barbaren ging. Augenblicklich kehrte der Schwindel zurück und mir wurde wieder schlecht. Nie und nimmer wollte ich diesem Monster erlauben, mich zu berühren. Ich hatte mich nicht solange aufgespart, um meine Jungfräulichkeit an so einen zu verlieren. Tränen quollen aus meinen Augen, als ich mich an die Nacht mit Cole beim Wasserfall erinnerte.
›Ich liebe dich, Faith. Ich will den Rest meines Lebens mit dir verbringen. Du bist die Eine für mich. Es gibt keine Andere und wird es nie geben.‹
Ich hatte das Gefühl, mein Herz würde von eisiger Hand zerquetscht werden. Cole sollte der Erste für mich sein. Und vielleicht sogar der Letzte. Doch morgen Abend würde man mich mit dem Häuptling der Kannibalen verheiraten. Dann würde er wer weiß was mit mir tun. Sich nehmen, was ich nur Cole geben wollte.
»Nein«, flüsterte ich zum zweiten Mal an diesem Tag.
Ich hatte noch eine Chance, das Einzige, was ich in der Hand hatte. Ich konnte mich Cole hingeben. Heute Nacht, wenn er in meinen Traum kam. Dann konnte ich wenigstens diese eine Erinnerung haben, ehe dieses Monster ... Nein! Ich würde dafür sorgen, dass dieser Kannibale mich nicht bekam. Und wenn das bedeutete, dass ich mir selbst das Leben nahm. Alles war besser, als ein Schicksal als Frau des Kannibalenhäuptlings.
Die Tür öffnete sich und ich schrie erschrocken auf. Der Häuptling betrat den Raum und seine Präsenz erfüllte sofort jeden Kubikzentimeter der engen Hütte. Er war auf eine primitive Art gut aussehend, doch er hatte einen irren Blick in seinen Augen und seine ganze Aura strahlte Gewalttätigkeit und Grausamkeit aus. Er musterte mich und ich hatte das Gefühl, dass mein Herz stehen geblieben war. Ich konnte kaum atmen und fasste mir unwillkürlich an die Kehle.
Die Alte trat an ihm vorbei in den Raum.
»Ist sie zu deinem Gefallen?«, fragte sie.
»Ist sie unberührt?«, fragte der Häuptling anstelle einer Antwort. Seine tiefe Stimme jagte mir einen Schauer der unangenehmen Art über den Rücken.
»Ja, mein Göttlicher. Sie ist noch unberührt. Ich testete sie, als sie noch ohne Bewusstsein war«, gab die Alte zur Auskunft.
Mir wurde eiskalt. Diese Hexe hatte mich getestet? Mich auf intimste Art berührt, als ich bewusstlos war? Wut und Scham brachten mein Blut zum Überkochen.
»Was hast du getan? Du widerliche alte Hexe! Fass mich noch einmal an und ich bringe dich um!«, schrie ich die Alte an, dann wandte ich mich dem Häuptling zu. »Und ich werde dich nicht nehmen, auch wenn mein Leben davon abhängt. Lieber sterbe ich. Von mir aus koche und esse mich, aber ich werde dir niemals gehören!«
Ein harter Schlag traf mich so schnell, dass ich ihn nicht hatte kommen sehen. Mein Kopf dröhnte und die Wucht des Schlages riss mich von den Beinen. Ich taumelte und viel gegen das Bett. Meine linke Wange brannte wie Feuer und ich sah alles doppelt.
Der Barbar trat neben mich und ergriff mich bei den Haaren, zog mich daran auf die Füße. Ich schrie vor Schmerz auf und Tränen brannten in meinen Augen.
Er brachte sein Gesicht ganz nah an meines heran und ich mir wurde ganz übel von seinem fauligen Atem.
»Du. Bist. Mein«, knurrte er und ließ
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