DEIN LETZTER TANZ
haben glaubte, war dort niemand mehr. Es gab keinerlei frisch aussehende Spuren im Sägemehl, das den ganzen Boden bedeckte, nichts wies darauf hin, dass sich hier vor Kurzem jemand aufgehalten hatte. Der Vorhang bewegte sich ein bisschen, doch das konnte auch an der Zugluft liegen, denn sie hatten beim Betreten des Zeltes die Eingangstür offen gelassen.
„Hast du jemanden erkannt?“, fragte Keisha aufgeregt, als sie und der Anwalt sie erreichten. „Wer war es?“
„Ich glaube, ich habe mich getäuscht“, erwiderte Donna zerknirscht. „Dabei war ich so sicher … Aber wahrscheinlich fange ich wegen diesem ganzen Stress hier langsam schon an, Gespenster zu sehen.“
„Mach dir keinen Kopf.“ Keisha lächelte. „Du bist ziemlich mit den Nerven runter. Da kann so was schon mal passieren.“
Donna nickte. Sie wollte ihrer Freundin und dem Anwalt folgen, die zum Ausgang des Zeltes gingen, als sie plötzlich etwas entdeckte und stehen blieb. Stirnrunzelnd ging sie in die Knie und hob den Gegenstand auf, der ihr Interesse geweckt hatte.
Genau genommen waren es sogar zwei Gegenstände, denn in ihren Händen hielt Donna zwei einfache, unscheinbare Gummibänder.
Zwei blaue Gummibänder.
9. KAPITEL
In dieser Nacht fand Donna lange keinen Schlaf. Die Gummibänder lagen neben ihr auf dem Nachttisch, auf dem eine kleine Lampe brannte. Sie schaute die Bänder an und fragte sich immer wieder, warum der Anblick sie so verunsicherte.
Verflixt, wenn sie endlich darauf käme, wo sie diese Dinger schon einmal gesehen hatte. Und vor allem, bei wem!
Doch es wollte ihr einfach nicht einfallen. Wahrscheinlich lag das daran, dass in letzter Zeit so viel passiert war, dass sie einfach den Kopf nicht mehr frei hatte. Sie wusste nur eines: Als sie die Bänder vorhin entdeckt hatte, hatte gleich irgendetwas in ihrem Kopf „klick“ gemacht, und es war, als wäre eine Alarmsirene angegangen.
Aber sosehr sie jetzt auch darüber nachdachte, sie kam einfach nicht darauf, wo sie diese von der Farbe her doch recht ungewöhnlichen Teile schon mal gesehen hatte – normalerweise waren Gummibänder ja meistens rot.
Es war bereits früh am nächsten Morgen. Die Sonne ging gerade auf, und die Vögel sangen vor dem Fenster von Donnas Wohnwagen, als es ihr plötzlich wie Schuppen von den Augen fiel.
Gavin! Natürlich, der Zaubertrick! Warum war sie nicht gleich darauf gekommen?
O nein! Donna schloss die Augen und zwang sich, einen kühlen Kopf zu bewahren. Ihr Fund musste im Grunde gar nichts bedeuten. Vielleicht lagen die beiden Gummiringe schon seit Tagen dort herum. Wer konnte das schon so genau sagen? Womöglich hatte Gavin sie einfach irgendwann mal dort verloren, und niemand hatte sie bisher aufgehoben. Nichts Besonderes also.
Und dennoch … Der Fund hatte Keisha verunsichert. Was, wenn Gavin sie letzte Nacht doch belauscht hatte? Ja, was dann? Musste das zwangsläufig heißen, dass er … Sie schüttelte den Kopf. Sie wusste es einfach nicht.
Ein Blick auf ihren Wecker verriet ihr, dass es gerade mal kurz vor halb sieben war. Viel zu früh also, um jetzt schon bei Keisha aufzukreuzen. Trotzdem stand sie auf, denn sie hielt es nicht eine Sekunde länger in ihrem Bett aus. Nicht solange sie nicht wusste, was das alles zu bedeuten hatte.
Beim Frühstück brachte sie kaum einen Bissen herunter, und als sie fertig war, machte sie sich sofort auf den Weg zu Keisha. Sie benötigte dringend Informationen, und dazu bot sich das Internet an. Dummerweise hatte sie, wenn der Zirkus auf Reisen war, nur selten selbst einen Zugang. Blieb nur, auf Keishas Hilfe zu bauen.
Ihre Freundin war noch nicht auf, als Donna bei ihr anklopfte. Keishas Mutter bat sie herein und versprach, ihre Tochter zu wecken. Es war Donna zwar ein bisschen unangenehm, sie in ihrem Urlaub so früh aus dem Bett zu werfen, doch es ging nicht anders.
„Was ist denn los?“ Verschlafen rieb Keisha sich die Augen, als sie in der Küche erschien, wo Donna bereits ungeduldig auf sie wartete. „Weißt du eigentlich, wie viel Uhr es ist? Vielleicht erinnerst du dich noch daran, dass wir gestern ziemlich spät ins Bett gekommen sind.“
„Sorry, aber ich muss ganz dringend ins Internet“, erwiderte Donna ohne lange Erklärungen. „Bitte frag jetzt nicht. Ich erkläre dir später alles. Es ist echt wichtig.“
Seufzend führte Keisha sie auf ihr Zimmer und reichte ihr das Notebook, das Donna sofort einschaltete. Es dauerte quälende Minuten, bis es endlich so weit
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