Dein Name

Hähnchenbrust, welches Dressing?, Essig und Öl, getrunken zuviel. Das Abteil ist so leer, daß sein Oberkörper zur Seite kippt, wo keine Klassenkameradin aus Siegen sitzt.
    Ordnung braucht er, erst einmal Ordnung. Am besten, er fängt hinten an, also von jetzt. 1) Der Leiter der Findungskommission sagte soeben in dem Gespräch, um das er bat, bevor sich der Nominierte entscheidet, daß man einen solchen Dickkopf ohnehin nicht überreden könne. 2) Die Aufnahme des Konzerts von 1971 in der Massey Hall ist so sensationell wie die erste Veröffentlichung aus dem Archiv Neil Youngs, das Konzert mit Crazy Horse im Fillmore East aus demselben Jahr. Diesmal singt und spielt er solo, die ganzen dutzendfach aufgenommenen, tausendfach gehörten Lieder, »Heart of Gold, »Old Man« und dergleichen, die sich, o Wunder, wie neu anhören, ganz anders, so kunstvoll und wie gehaucht, so zart wie gestern komponiert und noch nie gespielt – als habe Neil Young sich selber gecovert. Ein Wunder ist es nicht, denn tatsächlich hatte Neil Young die meisten Stücke damals gerade komponiert, alles in wenigen Monaten, wie im Rausch muß das gewesen sein, so viele, daß er sich manche Stücke für Platten aufhob, die erst viele Jahre später erschienen. Es ist komisch, fünfundzwanzig Jahre später die Evergreens zu hören wie sie vor der Veröffentlichung klangen und sich vorzustellen, daß niemand im Saal sie zuvor gehört haben konnte, vielleicht nicht einmal die Roadies, die ihn bis heute auf Tourneen begleiten. »Spiel die alten Sachen«, wird mancher Idiot gedacht oder sogar gerufen haben, der mit den alten Sachen heute »Heart of Gold«, »Old Man« und dergleichen meint. In jedem Akkord, jeder Silbe der Aufnahme hört man – heute – die Zeit. Die stille Intensität und fragende Gewißheit, die sich vermittelt, gelang ihm erst wieder, als er vor zwei, drei Jahren solo mit Greendale auf Tour war. Da kannte auch keiner die Titel, und mancher Idiot in Berlin – in Frankfurt nicht, glaube ich, ein Hoch auf die Frankfurter –, mancher Idiot rief »Spiel die alten Sachen«. Die akustischen Konzerte in den fünfunddreißig Jahren dazwischen plärren im Vergleich vor Aufregung, wurden sentimental oder hatten etwas ganz anderes, eine wütende Kraft. Auf der Freedom -Tournee gab er ein Rockkonzert auf der akustischen Gitarre. Eins gewesen, eins geworden war er am Anfang und am Ende. Drei Begebenheiten, die ablenken: 2a) Er singe heute abend hauptsächlich neue Lieder, sagt er einmal zum Publikum; er habe in letzter Zeit so viel Neues komponiert, daß er nicht anders könne, als es ständig zu singen, sonst vergesse er es wieder. 2b) Vor einem anderen Stück erwähnt er Johnny Cash, der ihn vor kurzem eingeladen habe. Eigens für dessen Show habe er das nächste Lied geschrieben. Aber dann habe Johnny Cash ihm abgesagt. Nun sei er wieder eingeladen, für den 14. oder 24. dieses Monats, »february, I think«. Aber das Lied, das er gleich singe, werde er nicht bei Johnny Cash singen. Es sei zu alt, schon ein paar Wochen. 2c) Auf der Plastikfolie, die ich schon weggeschmissen hatte, klebt ein Satz von Neil Young über David Briggs, seinen ewigen Producer, der vor ein paar Jahren dennoch starb: »This is the album that should have come out between After the Gold Rush and Harvest . David Briggs, my producer, was adamant that this should be the record, but I was very excited about the takes we got on Harvest and wanted Harvest out. David disagreed. As I listen to this today, I can see why. Love you, David.« Ich höre sie seit dem Vormittag schon, mit Unterbrechungen bis jetzt, 15:52 Uhr auf dem Handy, 16:10 Uhr auf dem Computer und wegen der Sommerzeit noch 14:45 Uhr auf dem Telefon am 26. März 2007. 2d) Ach, noch eine, die vierte Anekdote erzählt er in Liebe zum Großvater, der so gern Anekdoten mochte, bevor der Enkel zu Punkt drei übergeht. Er ist froh über jeden Aufschub, nicht wegen Punkt drei, sondern wegen der Punkte sechs und sieben oder fünf und sechs oder sieben und acht, je nachdem, wieviel Punkte es werden. Vielleicht gelingt es ihm, sie auf den nächsten Absatz zu verschieben, nein, bestimmt gelingt es, so sehr er bereits getrödelt hat. In anderthalb Stunden klingelt die Putzfrau, schaut er zu Hause nach dem Rechten, packt er den kleinen Koffer, geht er zum Bahnhof, fährt er