Dein Name
mag und die Mutter nichts wegwirft, schüttete sie es jeden Morgen in sein Glas. Am vierten Morgen bat er sie, ihm wenigstens nur seinen Anteil des Fruchtfleisches zu geben, nicht auch noch den Anteil der Ãlteren. Als sie ihm am fünften Morgen erneut ein Glas gematschte Orangen auf den Frühstückstisch stellte, lieà er eine Bemerkung fallen, die er schon vergessen hat, nichts wirklich Schlimmes, glaubt er, mehr so ein Murmeln des Sinnes, ihm morgen bitte keinen Orangensaft mehr zu pressen. Abgesehen von allem anderen war es auch deshalb idiotisch, weil es ohnehin der letzte Tag in Isfahan war, wie ihm danach einfiel. Zu allem Ãberfluà gab ihm der Vater recht. Sie, die sich jeden Morgen die Mühe gemacht hatte, dem Sohn und der Enkelin einen Orangensaft zu pressen, stand als die Blamierte da. Zwar weigerte der Sohn sich, wegen einer solchen Nichtigkeit in einen Streit gezogen zu werden, doch spürte er, wie die Mutter getroffen war, wie man es an den eigenen Handknöcheln spürt, wenn man jemandem einen Knochen zertrümmert hat. Auch deshalb weint die Mutter, nicht nur, weil der Sohn die PaÃkontrolle passiert hat, auch wegen des Orangensaftes.
GezwungenermaÃen fliege er schon mal Business Class, da für den Rückflug so kurzfristig nichts anderes frei war, da schüttelt ihn gegen alle Regeln, daà Mann und Frau sich nicht unverheiratet berühren dürfen, eine Furie von Stewardeà an der Schulter, um ihn fürs Frühstück zu wecken. Business Class bedeutet, den Kaffee anzubieten, wenn er wach wird, nicht wann es ihr paÃt. Das kapieren sie nicht, nicht in hundert Jahren, mögen sie noch so stolz sein auf ihr Porzellangeschirr und den Kulturbeutel aus echtem Leder, den sie Geschäftsreisenden schenken, bleiben als Plebejer unfähig zu jeder Art von Luxus und professionellem Service. Einen neuen Flughafen haben sie gebaut, todschick, nur daà die Plumpsklos so verdreckt sind wie auf den Bauernhöfen und Vorstädten, aus denen die Staatsführer stammen. Essenszeit! Hinsetzen gefälligst, Hände auf den Tisch, Kinn auf die Brust und fertig zum Gebet! Herrgott, um 7:45 Uhr war Abflug, das heiÃt, die Stewardeà kann sich ausrechnen, daà man seit drei Uhr wach ist, der neue Flughafen näher an Ghom als am Norden Teherans, damit die Mullahs es nicht so weit haben, kann sich denken, wie spät man am letzten Abend in einer iranischen Familie ins Bett kam, wenn man überhaupt schlief. Dieser Staat denkt nur an die eigenen Leute, an die zweitausendfünfhundert Jahre lang kein Staat gedacht. Bevor der Präsident Isfahan besuchte, forderte das Fernsehen alle Einwohner auf, ihr Anliegen an die eingeblendete Adresse zu schicken. Der Putzmann der Tante schrieb, daà er für seine Familie eine Wohnung benötige. Innerhalb von vier Wochen hat ihm das Präsidialamt eine Wohnung vermittelt und dazu einen zinslosen Kredit, mit dem er sie kaufen kann. Natürlich jubelte der Putzmann auf der StraÃe, als der Präsident Isfahan besuchte. Die Tante schimpfte mit ihm und verstand ihn. Isfahan war wegen Nouruz so voll mit Touristen wie das österliche Rom: Frauen in Tschador, Männer mit Bärten, selbst die vierjährigen Mädchen mit Kopftuch. Sie haben plötzlich Geld, das Geld aus den Ãleinnahmen, die sich im Pingpong des Irakkriegs vervierfacht haben. Der Präsident verpraÃt es unter seinen Wählern, die sich mit einem Vorzugskredit einen koreanischen Kleinstwagen leisten können, die sich jetzt Ferien leisten können, viele zum ersten Mal, einen Fernseher, DVD -Rekorder, einen Hamburger im grellen Restaurant, wo alle Angestellten die gleichen T- Shirts und Baseballkappen tragen, oder eine Tiefkühlpizza à la Siciliana. Auch ihre Kinder werden in der Welt, die sie in den Computer stecken, in den Rekorder schieben oder aus dem Satellit empfangen, auf andere Gedanken stoÃen, wie vor ihnen alle anderen Kinder der Revolution, und wenn die Welt für sie nur aus Ferien in Isfahan besteht. Auch sie werden verstehen, daà man den Glauben eines anderen ablehnen, aber den Andersgläubigen nicht zum Freiwild erklären kann. Sie werden so modern werden, wie GroÃvater es schon war oder Fachr od-Din Razi im Mittelalter. Bis dahin werden noch viele StoÃgebete ausgesprochen an den iranischen Grenzen. Samstag, 29. März 2008. Es ist 6:44 Uhr auf der Allmacht, die die Zeit in Rom angibt.
Der Sohn hat
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