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Dein Name

Titel: Dein Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Navid Kermani
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Mahmud Chan berichtete 1918 in der Zeitung Raad , die Großvater im Anschluß an seine Schulzeit jeden Morgen nach seiner Übersetzung durchsuchte, von der jährlichen Hilfsaktion: »In dem ersten Haus, das wir besuchten – wenn das Wort ›Haus‹ überhaupt dafür benutzt werden kann, denn es wirkte eher wie die Feuerstelle eines Hammams als wie ein Haus –, wohnten drei Familien. In der einen Ecke lag ein Mann von vielleicht fünfundzwanzig Jahren so gut wie nackt und vollkommen hilflos im Typhusfieber. In einer anderen Ecke, auf die die Sonne fiel, krochen mehrere Kinder auf dem Boden und bettelten ihre Mutter um Brot an. Die Mutter saß weinend neben ihrem kranken Sohn, weil sie keine Medizin und nicht einmal Essen für ihn hatte. Eine andere Mutter, die vor fünf Tagen ihr viertes Kind geboren hatte, sagte uns, daß sie die Milch abpumpt, da sie als Nahrung für alle Kinder reichen muß.‹« Einem britischen Report zufolge ( J.M. Balfour, Recent Happenings in Persia , Edinburgh & London 1922) starben allein in der Hungersnot jenes Jahres rund eine Millionen der elf Millionen Iraner. Einige Tausend hätten dank der Amerikanischen Schule überlebt, ist Zirinsky überzeugt. »Ich wollte die Iraner immer von Amerikas lauteren und uneigennützigen Absichten überzeugen, dem Wohlergehen Irans zu nützen und eine Nation von herzlicher Gutwilligkeit zu schaffen«, schrieb Doktor Jordan in seinem Beitrag für die Muslim World (die Übersetzung von »create a nation of hearty goodwill« ist etwas unbeholfen, aber mir fällt auf die Schnelle nichts Besseres ein). Was 2008 wie neokonservative Propaganda klingt, scheint bis in die vierziger Jahre tatsächlich der amerikanischen Strategie entsprochen zu haben, Iran zu einem Musterbeispiel für Demokratie, Menschenrechte, Pressefreiheit und die Befreiung vom Kolonialismus zu entwickeln, wie Präsident Roosevelt es 1943 bei seiner Abreise von der Teheran-Konferenz jedenfalls so überzeugend erklärte, daß ihm die meisten Iraner glaubten. Daß Doktor Jordan 1952 und damit vor dem Putsch der CIA starb, hält Zirinsky, der sich sonst aller Bewertungen enthält, für einen »glücklichen Umstand«. Die Rede vor weit über tausend Trauernden in Teheran hielt mit Allahyar Saleh ein führendes Mitglied der Nationalen Front und Mossadeghs Botschafter in Washington, der wie viele andere Unabhängigkeitskämpfer, Reformer und Revolutionäre des modernen Iran den Unterricht von Doktor Jordan besucht hatte. Daß Iran sich in den vierziger Jahren, als es sich von den Briten und Russen befreien wollte, den Vereinigten Staaten zuwandte und nicht zuletzt Premierminister Mossadegh seine Hoffnungen buchstäblich bis zum Abend des Putsches, als er den amerikanischen Botschafter traf, auf die Moralität Washingtons setzte, hatte einen unmittelbaren Grund in der Erfahrung, die viele iranische Führungspersönlichkeiten an der Amerikanische Schule gemacht hatten. »Arguably the most influential American in the history of US relations with Iran«, nennt der Aufsatz Doktor Jordan und führt die Berühmtheiten auf, die die Amerikanische Schule besuchten, darunter die Sozialaktivistin Sattareh Farman Farmaian, deren Selberlebensbeschreibung der Enkel in der Bibliothek der Kölner Orientalistik ebenfalls gefunden hat ( Daughter of Persia: A Woman’s Journey from Her Father’s Harem through the Islamic Revolution , New York 1992). Darin betont sie, daß Doktor Jordan »auf unser Land wie auf sein eigenes blickte und so ehrgeizig wie alle Iraner war, daß es stark und unabhängig würde. Vor allem anderen verlangte er von uns, daß wir gegen die ausländische Einmischung kämpfen.« In seinem Unterricht, schreibt Sattareh Farman Farmaian weiter, habe Doktor Jordan keineswegs gelehrt, die andere Wange hinzuhalten. »›Schaut einem Problem stets direkt in die Augen‹, pflegte er zu sagen, ›und haltet nicht nach einem Größeren wie mir Ausschau, der euch schützen könnte. Das vermittelt eurem Widersacher nur den Eindruck, daß er mit euch anstellen kann, was er will. Erst wenn ihr allen zeigt, daß ihr auf euch selbst aufpassen könnt, werden die Feiglinge und Tyrannen von euch ablassen.‹« Um 14:55 Uhr sollte der Enkel allmählich die Bücher ins Regal stellen, um rechtzeitig in der Radiologie zu sein. Mrs.

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