Dein Name
kurzer Hose und einer monströsen blauen Halterung ums rechte Bein antraf, KreuzbandriÃ, FuÃball gespielt in der Halle, obwohl Sie zu alt sind dafür, packt Sie irgendwann doch der Ehrgeiz, entschuldigte sich der Bankberater, ohne Fremdeinwirken in der Drehung, sechs Wochen auf die Operation gewartet, wieder sechs Wochen auf die Computertomographie, ist auch dicker geworden, kein Wunder, müÃte mit Physiotherapie anfangen, die Freundin in einer anderen Stadt, zum Glück kann ihn der Vater versorgen, der in der Nähe lebt, Zwei-Klassen-Medizin, die Nummer 8581 hat Gott sei gepriesen drei Mediziner als Brüder und die private Zusatzversicherung. »Bitte einatmen!« brüllte ihm eine weibliche Stimme in der Stahlröhre bei permanentem Maschinengeräusch dreiÃig Minuten lang ins Ohr, dreiÃig Minuten »Bitte einatmen!«, »Bitte nicht mehr atmen!«, »Bitte weiteratmen!«, das Gesichtsfeld aus beigefarbenem Kunststoff und winzigen Löchern am linken und rechten Rand für die Lautsprecher.Da die Aufforderung »Bitte einatmen!« ohne jede Ankündigung erfolgte und der Abstand zwischen »Bitte nicht mehr atmen!« und »Bitte weiteratmen!« ständig variierte, so daà die Luft manchmal nur wenige Sekunden, manchmal aber so lange angehalten werden sollte, wie Ãltere oder Kränkere es nicht geschafft hätten, manchmal in kurzen Intervallen, manchmal mit Pausen, damit der Puls sich wieder beruhigte, konzentrierte die Nummer 8581 sich darauf, tief in den Bauch und langsam auszuatmen, um für das Luftanhalten gewappnet zu sein, und geriet gleich einem Meditierenden in leichte Trance, so daà er im nachhinein nicht zu sagen vermag, wann, bei welchen Gedanken und ob überhaupt bei Gedanken sein Mund sich beim Atmen zu einem bestimmten Seufzer formte. Ãber die Aktienkurse, die weltweit eingebrochen sind, sprach er nicht mehr, als er wieder neben dem Bankberater saÃ. Die Krankenschwester kürzte um neun Uhr die Zeit ab, die er sich für Gebete und fromme Gedanken aufgespart hatte, indem sie ihn mit der Frage überraschte, ob er sich bereits rasiert habe. Rasiert? Sie könne auch dem Nachtpfleger Bescheid geben, fügte sie hinzu, als die Antwort ausblieb. Nein, nein, ist schon gut, verstand die Nummer 8581 endlich. Für jemanden, der es noch nie getan hat, nimmt es mindestens eine Stunde in Anspruch, sich unter der Dusche, die in der Universitätsklinik selbst auf der Privatstation die GröÃe eines Schlafwagenbads hat, rundherum verkratztes Plastik, die Schamhaare und ein ganzes Stück von den Oberschenkeln zu rasieren, boxershortslang, wie die Schwester es ausdrücklich verlangt hatte. Zu allem Ãberfluà hatte die Nummer 8581 das Rasiergel zu Hause vergessen und auch keine Schere dabei. Er muÃte aufmerksam sein wie bei einer Operation, an den empfindlichen Stellen jedes Haar einzeln besiegen, alle zwei Minuten sich und die Klinge säubern, das Schlafwagenbad, das bis hinters Klo unter Wasser stand, am Ende von den Haaren befreien und notdürftig mit den Papierhandtüchern wischen, und die ganze Zeit muÃte er an die Attentäter denken, die sich am Abend des 10. September 2001 ebenfalls rasiert hatten. So lächerlich die Rasur aussieht, weil Bauch, Po und Beine behaart blieben und er nur ein Fenster freigelegt hat, aus dem sich eine runzlige, lebensmüde Gestalt zu beugen scheint, ahnt die Nummer 8581 am Abend des 29. April 2007 die Kraft des Häutungs- und Reinlichkeitsrituals, das sich die Attentäter aus abgelegenen Texten zusammenstellten.
Die Mutter hat nun auch ihre Erinnerungen aufgeschrieben. Als sie am Donnerstag, dem 1. Mai 2008, das Zimmer Nummer 8581 betrat, sagte sie es keine zwei Minuten nach der BegrüÃung. Eine junge Frau aus einem Copyshop in Isfahan, der vor der SchlieÃung stand, hat die Selberlebensbeschreibung abgetippt, die bereits bis zum Gymnasium und damit zur gescheiterten Kandidatur GroÃvaters für das iranische Parlament reicht. Der Besitzer des Copyshops wolle nach Kanada auswandern wie so viele, klagte die junge Frau unter Tränen, sie selbst sei Waise und ohne Geschwister, habe sich mit den hunderttausend Tuman Gehalt und ein, zwei weiteren Jobs gerade eben durchgebracht. Die Mutter besuchte die Waise in dem heruntergekommenen Mietshaus, in dem sie sich ein kleines Zimmer so gemütlich hergerichtet hat, wie es ihre Armut erlaubt, und kaufte ihr für
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