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Hodenkrebskranken, die sie bis nach China aufgelistet findet, schlägt er sich den Optimisten zu und mag es zugleich nicht, wenn andere ihn mit ihrem Optimismus beruhigen wollen, versteht den Impuls, aber kann ihn nicht gebrauchen. Besser kommt er zurecht, wenn er der Beruhigende ist. Das Mitgefühl nimmt er befriedigt wahr und registriert, wer von der Krankheit erfahren hat, ohne Genesung zu wünschen (nur sein Verleger), während Telefonate eher stören, so daà er selten abhebt und bei den Rückrufen säumt, in denen er doch nur die immer gleiche Diagnose, Prognose und Gefühlslage zu verkünden hätte.
Doktor Jordan hat seine Schule American College of Tehran genannt, damit das Akronym ACT lautet, lese ich in einem Aufsatz des Presbyterianerforschers Michael Zirinsky, den der Enkel in der Bibliothek der Kölner Orientalistik aufgestöbert hat. Noch in solchen Nuancen wollte der Direktor seine Schüler dazu erziehen, »modern zu sein«, und meinte damit: ihr Leben nach rationalen Gesichtspunkten zu gestalten, statt es sich von Traditionen und Autoritäten diktieren zu lassen, eigenständig nachzudenken, stets das eigene Gewissen zu prüfen, in Freiheit und Verantwortung vor Gott zu stehen, nicht nur die Mildtätigkeit, die der Islam auch kenne, sondern die Arbeit selbst als Gottesdienst zu achten. Was GroÃvater als Jugendlicher vom Frühgottesdienst über den Debattierclub und den Sportunterricht bis hin zu den Armenspeisungen und Kleidersammlungen eingeschärft bekam, das waren nichts anderes als Subjektivismus und Autonomie, mithin die Prinzipien des Protestantismus, die Doktor Jordan für vereinbar mit dem Islam und der iranischen Kultur hielt. Zirinsky führt in seiner Bibliographie sogar einen eigenen Aufsatz zu Doktor Jordans protestantischer Ethik auf (Yahya Armania, »Sam Jordan and the Evangelical Ethic in Iran«, in: Robert J . Miller [ed.], Religious Ferment in Asia , Lawrence, KS , 1974), den der Enkel vielleicht bei den Theologen im Hauptgebäude der Universität fände, aber hinüberzugehen, fehlt am Dienstag, dem 29. April 2008, um 13:13 Uhr die Zeit, ebenso für Gespräche, obwohl er zwei der drei Orientalisten, die mit ihm in der Bibliothek sitzen, noch aus der Studienzeit kennt. â Gehtâs gut? â Danke, ganz gut, hat sich der Enkel sofort wieder in den Jahrgang 1935 der Zeitschrift The Muslim World vertieft, der einen Beitrag aus Doktor Jordans eigener Feder enthält (»Constructive Revolutions in Iran«): »Nimm das Beste, was das Land hat, mach es besser, als es war, und dann füge das Beste hinzu, was wir zu geben haben.« In der Uroonkologie bereits gegen Mittag chefvisitiert, rektaluntersucht, blutabgenommen und komplikationslos in den Becher uriniert, der Termin in der Radiologie erst um 16 Uhr, Frau und Kinder in Rom, die Brüder auf der Arbeit, die Eltern in Isfahan, ist der Enkel in die Orientalistik ausgebüxt, die auf dem Universitätsgelände gleich nebenan liegt. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg kaufte Dr. Jordan eine Mauleselladung Schaufeln und wies die Internatsschüler an, sie hinter die Villen der Minister zu tragen, wo die Amerikanische Schule ein Stück freies Land erworben hatte. Die verblüfften Eltern lieà er wissen, daà die ersten Spatenstiche auf dem neuen Campus nicht von Bauern ausgeführt werden sollten, die zwanzig Cent am Tag verdienten, sondern von den Schülern selbst, »von Jungen, die mit Worten und Taten zeigen wollen, daà eine neue Ãra in Iran begonnen hat, in der jede Art von Arbeit, jede Art von Dienst für die Gemeinschaft und die Menschheit im ganzen ehrenwert ist«. Den FuÃballplatz, den der Enkel und dessen Cousin väterlicherseits noch vorfanden, bauten die Schüler selbst zu Ende. »Euch muà ich nicht erklären, warum ihr das tun solltet«, sagte Dr. Jordan den Schülern, bevor der Ball zum ersten Mal rollte. An einen neuen Lehrer, der aus Amerika anreiste, telegraphierte er: »Transport ab Grenze geregelt. Bring 3 Dutzend FuÃbälle mit.« Am Bau des FuÃballplatzes muà GroÃvater doch teilgenommen haben, der kurz vor dem Ersten Weltkrieg die Amerikanische Schule besuchte. Zurück bei Zirinsky, stoÃe ich auf eine weitere Begebenheit aus der Zeit des Ersten Weltkriegs, die GroÃvater entweder selbst erlebt oder von der er zumindest erfahren haben muÃ: Ein Schüler namens Soltan
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