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Dein Name

Titel: Dein Name Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Navid Kermani
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immer nur, früher, ja früher gehörte uns das ganze Land, deinem Großvater, deinem Urgroßvater und deinem Ururururgroßvater erst, ohne daß ich eine rechte Vorstellung hatte, was mit den beiden seltsam klingenden Dorfnamen gemeint war. Wenn ich im Frühjahr nach Iran fliege, werde ich also auch Kartschegan und Berendschegan besuchen, wahrscheinlich zwei Anhäufungen unverputzter Bausteine und ein Kreisverkehr mit Revolutionsdenkmal wie in fast allen anderen ehemaligen Dörfer Irans, ringsum kastanienbraunes Geröll, wo früher Reisfelder unter Wasser gestanden haben müssen. Außerdem möchte ich erfahren, was aus Tschamtaghi geworden ist und wo Mohammad Mossadegh bis zu seinem Tod unter Arrest stand. Sein Haus wird doch zu besichtigen sein, nehme ich an, oder will die Revolution selbst diese Erinnerung an ihren Ursprung tilgen? Immerhin hat sie nicht den Premierminister mit einer Briefmarke bedacht, sondern Ajatollah Kaschani, der den Putschisten zur Hand ging. Falls die Islamische Republik Mossadegh ein Museum zugesteht, könnten die Stöcke ausgestellt sein, auf die er sich stützte. Von den Streifzügen mit dem Onkel durch Isfahan erhoffe ich mir nicht viel, da außer der Moschee des Hadsch Agha Schafi Choí längst alle Stätten abgerissen worden sein dürften, an denen das Leben Großvaters spielt.
    Um sich bei Oberst Farasat für seine Gewissenhaftigkeit zu bedanken, schickt ihm der alte Gutsherr eine Kiste mit Äpfeln aus Tschamtaghi nach Hause. Der Bote ist noch nicht zurückgekehrt, als der alte Gutsherr telefonisch ins Polizeirevier bestellt wird. »Warum haben Sie das getan?« fragt ihn Oberst Farasat streng. »Was getan?« fragt der alte Gutsherr verwundert zurück. »Warum haben Sie mir Äpfel geschickt?« »Das sind Äpfel aus Tschamtaghi.« »Die Äpfel können Sie meinetwegen in China gepflückt haben – wissen möchte ich, warum Sie sie mir geschickt haben.« »Als Zeichen der Anerkennung und des Danks für die Gewissenhaftigkeit Eurer Exzellenz. Mehrfach habe ich Sie eingeladen, mir die Ehre Ihres Besuchs zu erweisen. Weil ich Sie nicht weiter mit dem unverschämten Anliegen bedrängen wollte, Ihren gesegneten Fuß in meine Hundehütte zu setzen, habe ich Ihnen die Äpfel nun nach Hause bringen lassen. Ich bitte Sie, mir die Gnade zu erweisen, diesen unwürdigen Ausdruck meiner Hochachtung anzunehmen. Es sind Äpfel von allerbester Qualität, wenn ich mir das Selbstlob erlauben darf, so saftig und süß, wie Sie auch in China keine pflücken könnten.« Oberst Farasat holt sein Portemonnaie hervor und legt einige Münzen auf den Tisch: »Nehmen Sie das Geld, verehrter Herr, dann nehme ich die Äpfel.« Mag Oberst Farasat gewissenhaft sein, wie er will, das geht zu weit. Die Äpfel zu bezahlen, die ein Geschenk sind, das geht zu weit, eine solche Beleidigung ist dem alten Gutsherrn noch nicht widerfahren. Er wird es zwar nicht ausdrücklich formulieren, aber fünfzehn Jahre später in seiner Selberlebensbeschreibung den Eindruck erwecken, daß die Beschuldigung, einen Mord in Auftrag gegeben zu haben, im Vergleich zu der Schande, Geld für ein Geschenk anzunehmen, gering erscheint. Der alte Gutsherr steht auf, steckt die Münzen ein und geht, ohne sie zu zählen, ohne sich umzuschauen, ohne sich verabschiedet zu haben, aus der Tür. Einem Gegenüber ohne Gruß den Rücken zu kehren, ist ein unmißverständliches Signal, ihn niemals wiedersehen zu wollen, und wie schwer sie für den alten Gutsherr wiegt, der bekanntermaßen sehr fromm ist, erklärt sich daraus, daß man nach dem islamischen Recht sein Gebet nicht unterbrechen darf , wenn ein Dieb alle Teppiche aus dem Haus trägt, aber es unterbrechen muß , wenn jemand den Raum betritt oder verläßt, damit man ihn oder sie grüßt. Oberst Farasat merkt, was er angerichtet hat, und ruft den alten Gutsherrn zurück: »Ich habe gleich Dienstschluß, verehrter Herr, und ich bitte Sie, mich mit Ihrer Begleitung zu beehren.« Ein solches Versöhnungsangebot darf nicht ausgeschlagen werden, zumal das Sündenregister des Tages schon so voll ist. Andererseits fühlt der alte Gutsherr sich immer noch in seiner Ehre verletzt, und Oberst Farasat, der doch nur seine Unbestechlichkeit unter Beweis gestellt hat, geht es nicht anders. So sitzen sich die beiden stolzen

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