Dein Name
immer nur, früher, ja früher gehörte uns das ganze Land, deinem GroÃvater, deinem UrgroÃvater und deinem UrurururgroÃvater erst, ohne daà ich eine rechte Vorstellung hatte, was mit den beiden seltsam klingenden Dorfnamen gemeint war. Wenn ich im Frühjahr nach Iran fliege, werde ich also auch Kartschegan und Berendschegan besuchen, wahrscheinlich zwei Anhäufungen unverputzter Bausteine und ein Kreisverkehr mit Revolutionsdenkmal wie in fast allen anderen ehemaligen Dörfer Irans, ringsum kastanienbraunes Geröll, wo früher Reisfelder unter Wasser gestanden haben müssen. AuÃerdem möchte ich erfahren, was aus Tschamtaghi geworden ist und wo Mohammad Mossadegh bis zu seinem Tod unter Arrest stand. Sein Haus wird doch zu besichtigen sein, nehme ich an, oder will die Revolution selbst diese Erinnerung an ihren Ursprung tilgen? Immerhin hat sie nicht den Premierminister mit einer Briefmarke bedacht, sondern Ajatollah Kaschani, der den Putschisten zur Hand ging. Falls die Islamische Republik Mossadegh ein Museum zugesteht, könnten die Stöcke ausgestellt sein, auf die er sich stützte. Von den Streifzügen mit dem Onkel durch Isfahan erhoffe ich mir nicht viel, da auÃer der Moschee des Hadsch Agha Schafi Choà längst alle Stätten abgerissen worden sein dürften, an denen das Leben GroÃvaters spielt.
Um sich bei Oberst Farasat für seine Gewissenhaftigkeit zu bedanken, schickt ihm der alte Gutsherr eine Kiste mit Ãpfeln aus Tschamtaghi nach Hause. Der Bote ist noch nicht zurückgekehrt, als der alte Gutsherr telefonisch ins Polizeirevier bestellt wird. »Warum haben Sie das getan?« fragt ihn Oberst Farasat streng. »Was getan?« fragt der alte Gutsherr verwundert zurück. »Warum haben Sie mir Ãpfel geschickt?« »Das sind Ãpfel aus Tschamtaghi.« »Die Ãpfel können Sie meinetwegen in China gepflückt haben â wissen möchte ich, warum Sie sie mir geschickt haben.« »Als Zeichen der Anerkennung und des Danks für die Gewissenhaftigkeit Eurer Exzellenz. Mehrfach habe ich Sie eingeladen, mir die Ehre Ihres Besuchs zu erweisen. Weil ich Sie nicht weiter mit dem unverschämten Anliegen bedrängen wollte, Ihren gesegneten Fuà in meine Hundehütte zu setzen, habe ich Ihnen die Ãpfel nun nach Hause bringen lassen. Ich bitte Sie, mir die Gnade zu erweisen, diesen unwürdigen Ausdruck meiner Hochachtung anzunehmen. Es sind Ãpfel von allerbester Qualität, wenn ich mir das Selbstlob erlauben darf, so saftig und süÃ, wie Sie auch in China keine pflücken könnten.« Oberst Farasat holt sein Portemonnaie hervor und legt einige Münzen auf den Tisch: »Nehmen Sie das Geld, verehrter Herr, dann nehme ich die Ãpfel.« Mag Oberst Farasat gewissenhaft sein, wie er will, das geht zu weit. Die Ãpfel zu bezahlen, die ein Geschenk sind, das geht zu weit, eine solche Beleidigung ist dem alten Gutsherrn noch nicht widerfahren. Er wird es zwar nicht ausdrücklich formulieren, aber fünfzehn Jahre später in seiner Selberlebensbeschreibung den Eindruck erwecken, daà die Beschuldigung, einen Mord in Auftrag gegeben zu haben, im Vergleich zu der Schande, Geld für ein Geschenk anzunehmen, gering erscheint. Der alte Gutsherr steht auf, steckt die Münzen ein und geht, ohne sie zu zählen, ohne sich umzuschauen, ohne sich verabschiedet zu haben, aus der Tür. Einem Gegenüber ohne Gruà den Rücken zu kehren, ist ein unmiÃverständliches Signal, ihn niemals wiedersehen zu wollen, und wie schwer sie für den alten Gutsherr wiegt, der bekanntermaÃen sehr fromm ist, erklärt sich daraus, daà man nach dem islamischen Recht sein Gebet nicht unterbrechen darf , wenn ein Dieb alle Teppiche aus dem Haus trägt, aber es unterbrechen muà , wenn jemand den Raum betritt oder verläÃt, damit man ihn oder sie grüÃt. Oberst Farasat merkt, was er angerichtet hat, und ruft den alten Gutsherrn zurück: »Ich habe gleich DienstschluÃ, verehrter Herr, und ich bitte Sie, mich mit Ihrer Begleitung zu beehren.« Ein solches Versöhnungsangebot darf nicht ausgeschlagen werden, zumal das Sündenregister des Tages schon so voll ist. Andererseits fühlt der alte Gutsherr sich immer noch in seiner Ehre verletzt, und Oberst Farasat, der doch nur seine Unbestechlichkeit unter Beweis gestellt hat, geht es nicht anders. So sitzen sich die beiden stolzen
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