Dein Name
Siebenkäs die Vorrede der ersten, die Vorrede der zweiten, die Vorrede der dritten Auflage, die Vorrede des ersten Teils, die Vorrede des zweiten Teils und, nein, der dritte Teil fängt tatsächlich ohne Vorrede an: »Es hat mich oft verdrüÃlich gemacht, daà ich jeder Vorrede, die ich schreibe, ein Buch anhängen muÃ.« Im Komet stellt der Romanschreiber nach Drucklegung erschrocken fest, daà der erste von zwei Bänden nur aus Vorkapiteln und deren »ernsten Ausschweifungen für Leserinnen« besteht. »Eine sehr verdrieÃliche Sache für mich, da mir so manches Wink-Reden wäre zu ersparen gewesen, hätte ich den Abdruck der Vorkapitel vorher in Händen gehabt. Auch wird die Leserin leider den ganzen Tempel des Werks nach der Stiftshütte beurteilen. Von der andern Seite aber kommt mir, so viel sehâ ich wohl ein, der Zufall des vollmachenden und zweibändigen Abdrucks besser zustatten als die feinsten MaÃregeln, die ich selber nur hätte nehmen können, damit die Leserin nicht aus historischem Hunger die Vorkapitel überhüpfe; denn den ganzen ersten Band, den sie vom Bücherverleiher holen läÃt, kann sie nicht überspringen, sondern sie muà ihn für ihr Geld so lange lesen, bis sie den zweiten bekommen. â Und so ist alles gut.«
Ein letztes Mal fährt GroÃvater allein nach Teheran und fühlt sich so verloren wie auf seiner ersten Reise. Der Linienbus der Firma TBT rast auf der vierspurigen SchnellstraÃe durch die Vorstädte Isfahans, die einmal Gärten waren. Zwischen den Fabriken, Lagerhallen und Siedlungen aus Spanplatten, Wellblech und Plastikfolien sind noch die Reste des Lehmdorfs zu erkennen, in dem die Kutsche die erste Rast einlegte, aber nicht mehr die Karawanserei, auf deren Dach ihm Mister Allanson die Zeit im komischen persischen Akzent vertrieb. Nicht einmal die Gesteinswüste, die der Bus bald erreicht, ist dieselbe geblieben. ÃuÃerlich unverändert, hat sie die Gewalt eingebüÃt, die GroÃvater noch gegenwärtig ist. Nicht mehr sind die Reisenden weit und breit die einzigen Lebewesen, nicht mehr Hitze und Kälte ausgesetzt, nicht mehr im Delirium vor Erschöpfung, Schmerz und dem unaufhörlichen Rütteln, das jeden Schlaf auf Minuten begrenzte. Wie die Einöde an dem Bus ziehen an GroÃvater die Fahrten vorüber, die ihn nach Teheran führten, das Kind, das die Amerikanische Schule besuchen wird, der junge Mann, der aus der Enge Isfahans, des elterlichen Hauses ausbricht, der Zöllner, der unerlaubt seine Dienststelle am Persischen Golf verlieÃ, der Beamte mit seiner frisch vermählten Frau, der stellvertretende Bankdirektor der Nationalbank in Isfahan, der sich ein Herz gefaÃt hat, den korrupten Vorgesetzten anzuzeigen, der gescheiterte Kandidat der Nationalen Front mit dem Stock, den er dem Premierminister überreichen soll, der Vater, der seine Tochter im Land der Franken besuchen wird, der Pensionär, der seinen mystischen Führer im Stich läÃt. Jetzt ist er nur noch ein GroÃvater: gichtige Gelenke, problematische Prostata, heikler Harndrang, müde des Lebens, das nichts mehr von ihm und von dem er nichts mehr will. Sein Glaube legt ihm auf, dankbar zu sein, dankbar für die Gnädige Frau an seiner Seite, die Kinder, Kindeskinder und so viele andere Zeichen göttlicher Barmherzigkeit. Er dankt seinem Schöpfer, ja, doch wie kann er dankbar für die Despotie sein, die im Land herrscht, und die Ausländer, die es wie eh und je ausbeuten, wie sich abfinden mit dem jämmerlichen Bild, das seine Religion abgibt, und der Unsittlichkeit, die sich ausbreitet, wie sich beruhigen über den blinden Eifer, mit dem seine Landsleute die Franken imitieren, und die Verachtung, die sie ihren eigenen Sitten und Geboten entgegenbringen. Selbst in seiner eigenen Familie, im eigenen Haus belächeln sie ihn, weil er am Gemeinschaftsgebet in der Moschee teilnimmt und weder Rommé noch Backgammon mitspielt. Und dann der Niedergang des Bodens, den zu bestellen ihm aufgetragen war, die enteigneten Dörfer, deren Felder nun eins nach dem anderen vertrocknen, und das kleine Tschamtaghi, das er zwar retten konnte, aber keines seiner Kinder bewahren wird, wenn Gott ihn endlich aus den Fesseln der irdischen Existenz befreit, keines seiner Kinder überhaupt interessiert. GroÃvater schaut sich im Bus um: lauter junge, fröhliche, laut
Weitere Kostenlose Bücher