Dein Name
Verlust Tschamtaghis Onkel Ahmad mitzuteilen, der GroÃvater also nicht nur äuÃerlich ähnlich war.
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»Nachts konnte ich nicht einschlafen. Ich weinte und weinte. Auch wenn ich ihn nicht ausgesucht hatte, muÃte ich zugeben, daà er jung war, gut anzusehen und sein Lachen eigentlich auch süÃ. Von einer Glatze konnte keine Rede sein, am Hinterkopf hatte es nur eine winzige lichte Stelle. Dennoch fühlte ich mich wie vernichtet, mein Herz schien vor Wut zu explodieren, alle Träume, alle Hoffnungen, alles, was ich mir für meine Zukunft vorgenommen hatte â bevor es begonnen hatte, war das Leben schon zu Ende. Weder kannte ich ihn, noch hatte ich die geringste Ahnung, was mich an seiner Seite erwarten würde oder vielmehr: in seinem Haus, vor seinem Herd, in seinem Bett, mit seinen Kindern. Nur die eine Szene stand mir vor Augen, als er sich im Krankenzimmer meiner Schwester wie ein Gott aufgeführt hatte, der nach Belieben in das Leben einer nichtsnutzigen Sklavin eingreift. Meine Bedürfnisse, meine Wünsche, meine Pläne, das hatte er deutlich genug gezeigt, waren ihm vollkommen gleichgültig. Ich weinte und weinte, das Bettuch weinte ich naà um die Hoffnungen meiner Jugend, laut aufschluchzend weinte ich um mein Leben, das so früh schon vertan schien. Plötzlich spürte ich eine Hand an der Schulter. Ich drehte mich um und sah Mama, die sich ins Mückennetz beugte: âºWarum weinst du, mein Kind? Wenn du wirklich nicht willst, sagen wir ihm gleich morgen früh ab.â¹ Neben ihr erschien Papas kugelrunder Kopf im Mückenzelt und sogleich sein Taschentuch, mit dem er die Tränen aus meinem Gesicht wischte. Mein älterer Bruder trat ins Zimmer, eine nach der anderen die Bediensteten, zuerst Mah Soltan, dann Habibeh Soltan, Djahan und schlieÃlich der Koch Mohammad Hassan, ebenso meine beiden Schwestern. Die gesamte Familie stand ums Mückennetz wie um einen gläsernen Sarg, und ich weinte und weinte, ich weinte so heftig, daà meine Schwestern ebenfalls zu weinen anfingen, dann meine Mutter, die Bediensteten und sogar Mohammad Hassan. Auch Papa tupfte sich mit dem Taschentuch nun selbst die Augen ab, nahm mich ganz fest in seinen Arm und wischte mir mit seinen Händen wieder die Tränen aus dem Gesicht. Obschon er nichts sagte, merkte ich, wie bekümmert er war und daà er nicht weniger Angst hatte als ich. Es war, als ob ein Ast vom dicken Stamm seines Lebens abgesägt würde, ja, als ob er ihn selbst absägen müsse. Ich war das erste seiner Kinder, das in ein fremdes Haus geschickt würde, in das Haus eines Mannes. Weder hatte er Erfahrung mit so etwas, noch war er sicher, ob er das Richtige tat. Er konnte nur Gott vertrauen, dem Allmächtigen und Barmherzigen, daà sein Kind im unruhigen Meer des Lebens, in das er es werfen würde, zu schwimmen vermöchte. Aber warf er mich an der richtigen Stelle, zum richtigen Zeitpunkt, auf die richtige Weise? Sosehr er mich mit Worten zu beruhigen versuchte, so offenkundig lag auf seiner Stimme die Furcht, seinem Kind etwas anzutun, das niemals mehr gutzumachen wäre. Und so drückte er mich fest an seine Brust, als wollte er mich nie mehr loslassen.«
Mit dem neuen Verleger, dem In Frieden zu gravitätisch klingt, hat sich der Romanschreiber auf einen neuen Titel geeinigt, der für den Marktplatz geeigneter scheint: Das Leben seines GroÃvaters . Eigentlich wollte der neue Verleger den Roman, den ich schreibe, Das Leben meines GroÃvaters nennen, doch blieb der Romanschreiber â der Menschenbeifall sei ihm so was von egal â knallhart bei der dritten Person.
»Vom Tumult ebenfalls wach geworden, trat meine Tante ans Mückennetz, Papas ältere Schwester: âºWas ist denn los?â¹ deckte sie mit ihrem Redeschwall diesmal die heulende Versammlung zu: âºIst das hier ein Begräbnis oder eine Hochzeitsgesellschaft? Schämt euch, Kinder. Als ich den Lärm hörte, nahm ich an, ihr würdet Gott danken und feiern, statt dessen klagt ihr hier um den ermordeten Imam Hossein oder was? Hoch soll die Braut leben, dreimal hoch so Gott will, hoch hoch hoch und herzlichen Glückwunsch gefälligst.â¹ Sie fing zu lachen an, ihr Gesicht strahlte, âºhoch hoch hoch!â¹, und dann trällerte sie mit hoher Stimme, wie es die Frauen auf den Hochzeiten tun, âºhoch hoch hoch!â¹, lachte, trällerte, schlug rhythmisch auf den
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