Dein Name
sprächen die anderen wieder diese fremde Sprache.
Schon als Kind fügte er sich nicht in die Familie ein wie die anderen. Wenn sich meine Mutter richtig erinnert â sie ist nicht sicher, weil sie selbst nicht dabei war, und weià auch nicht mehr den Grund â, verpaÃte GroÃvater ihm einmal sogar eine Ohrfeige, obwohl schon UrgroÃvater die Prügelstrafe ablehnte, aber Onkel Ahmad muà als Kind auch besonders ungestüm gewesen sein, so keck, wie er noch mit über achtzig war, so anzüglich seine Witze. Später widersetzte sich Onkel Ahmad allen Empfehlungen, im Ausland zu studieren, schlug den Studienplatz in Amerika aus, den GroÃvater heimlich besorgt hatte, dazu das Geld für Reise und Aufenthalt. Lieber hing Onkel Ahmad mit seinen Freunden in Isfahan herum, als sich um die Zukunft zu sorgen, stellte vermutlich jungen Frauen nach, ohne an Heirat zu denken, verkehrte in Milieus, vor denen GroÃvater nur warnen konnte, gab nichts auf die Mahnungen der Ãlteren, wie er überhaupt ein unglaublicher Dickkopf war, in allem das Gegenteil seines strebsamen, feinsinnigen und eleganten Bruders Mahmud, der Anfang der achtziger Jahre bei einem Autounfall starb. Irgendwie fing Onkel Ahmad doch an, in Teheran Medizin zu studieren, hatte sich den Studienplatz besorgt, ohne GroÃvater etwas davon zu sagen. Zum Glück hat Onkel Ahmad nicht auf GroÃvater gehört, sonst hätte er an der Universität Teheran nicht den Kommilitonen kennengelernt und meinen GroÃeltern empfohlen, der mein Vater werden sollte.
Onkel Ahmad machte als Mediziner nicht im Ausland Karriere wie die Schwager. Er kehrte nach Isfahan zurück, wo die Patienten seine borstige Art entweder schätzten oder wegen seines guten Herzens hinnahmen, denn über mangelnde Arbeit konnte sich Onkel Ahmad nie beklagen. An seiner Haustür hing bis zuletzt das Schild, das ihn nicht nur als Allgemeinarzt auswies, Sprechzeiten nach Vereinbarung, sondern überdies als Psychologen, was wir immer sehr komisch fanden, diese Vorstellung: Onkel Ahmad als Therapeut in einer psychologischen Sitzung. Dabei hatte er einen guten Draht zu den sogenannten einfachen Leuten, redete in ihrem Singsang, teilte ihre religiösen Sitten, besuchte die Moschee, empfing oft Besuch von älteren Herren, die ihrer ganzen Erscheinung nach nicht in unsere bürgerliche Familie paÃten und von seiner Frau gar nicht erst nicht in den Salon geführt wurden, sondern ihren Tee und die SüÃigkeiten auf den schlichten Möbeln des kleinen Wohnzimmers entgegennahmen, wo auch der Fernseher steht.
Onkel Ahmad liebte es, vom alten Isfahan zu berichten, weshalb es uns beiden nie an Gesprächsstoff mangelte. Seit er mich einmal in die Moschee des Ahnherrn aus Aserbaidschan und zu anderen Orten der Familiengeschichte geführt hatte, sprach er jedesmal davon, daà wir wieder einmal in die Stadt fahren müÃten, so viel noch zu zeigen. Aus dem Schrank holte er gern einen prächtigen Rahmen mit dem Photo von Isfahans Herrscher Prinz Zell-e Soltan hervor und versäumte nie, auf den Diamantgürtel hinzuweisen, der jede Nacht um einen Edelstein ärmer wurde, weil sich die jeweilige Frau oder Konkubine und also auch unsere UrurgroÃmutter aus dem Gürtel bediente, sobald Zell-e Soltan schlief, bis er eines Morgens nur noch einen ordinären Ledergürtel besaÃ.
Als ältester Sohn hatte Onkel Ahmad unter allen Geschwistern die engste Verbindung zu Tschamtaghi, kannte die Bauern so gut wie die Getreidesorten, kümmerte sich nach GroÃvaters Tod um die Ernte, die der Rest des Gartens noch hergab, die Mandeln, Pistazien, Pfirsiche, Aprikosen, Quitten und Kirschen, trug oft Nüsse aus Tschamtaghi in der Sakkotasche mit sich herum oder brachte meiner Mutter eine Kiste Obst nach Hause. Seinen Anteil am Grundstück überlieà er seinem Sohn, der sich als wortgewandter Jurist besser eignete und die Kraft hatte, sich mit den Behörden, den feindlich gesinnten Bauern und dem betrügerischen Verwalter herumzuschlagen, die Gerichtsverfahren durchzustehen und diesmal sogar zu gewinnen. Nur die Kraft, GroÃvaters Erbe beziehungsweise das kleine Stück, das vom Erbe und damit von GroÃvater geblieben war, allein wieder zum Blühen zu bringen, die hatte auch Onkel Ahmads Sohn nicht. Der Garten wurde an einen Investor verkauft, der am Fluà Ferienvillen bauen wollte. Niemand traute sich, den endgültigen
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