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nur bei der BegrüÃung, dann kam man als Kind gut mit ihm aus. Meine Tochter jedenfalls ging immer gern zu Onkel Ahmad, und ich fuhr bei dem Familienausflug nach Tschamtaghi nicht zufällig in seinem Auto und auch nicht aus Höflichkeit, sondern weil ich ihn liebte.
Daà ich mich bei Geselligkeiten oft neben ihn setzte, tat Onkel Ahmad erkennbar gut. Obwohl er GroÃvater äuÃerlich so sehr glich, ja, wie ein groÃgewachsener, in die Länge gezogener und sehr kräftiger GroÃvater aussah, hätte sein Stand in der Familie kaum verschiedener sein können, auch nachdem er zum Ãltesten geworden war. Bei einer Geselligkeit während meines letzten Besuchs, die er bis dahin wieder mit dem Gesichtsausdruck verfolgt hatte, als sprächen die anderen eine fremde Sprache, wollte Onkel Ahmad etwas sagen. â Kinder, hört mal zu, rief er mit durchaus lauter Stimme, ohne daà jemand ihm Beachtung schenkte oder wenn, dann nur einer seiner drei Schwager, mit dem sich daraufhin ein paar Minuten lang ein Zwiegespräch ergab, bevor Onkel Ahmad wieder still wurde. Jeder wuÃte und am besten seine drei jüngeren Schwestern, daà die Abendunterhaltung für zehn bis zwanzig Minuten unterbrochen sein würde, sobald Onkel Ahmad das Wort an sich riÃ, um wahrscheinlich das Buch zu referieren, das er gerade las und besonders ich unbedingt lesen solle, der doch diese Dinge studiere; den Titel muÃte ich mir in meiner persischen Kinderschrift gleich notieren, meistens ein Buch über iranische Geschichte, sonst über Saadi oder Hafis. SchlieÃlich setzte sich Onkel Ahmad doch durch, auch die Schwager hatten geholfen, alle anderen Gespräche verebbten, während er mit seiner rauchigen, bis zum Schluà kräftigen Stimme den Monolog begann. Daà er unter den weltgewandten Verwandten als einziger im Isfahaner Singsang mit den hellen Satzenden redete, verstärkte noch den Eindruck des Bäuerlichen, des Kernigen, des Ungeschlachten, den schon seine Statur hervorrief, die groÃen Hände, die breite Stirn, die runden Wangen wie GroÃvater, die dicken Lippen (das Photo oben zeigt ihn schon stark geschwächt).
Soviel Respekt vor dem Ãlteren muÃte dann doch sein, daà Onkel Ahmad, wenn er einmal das Wort führte, nicht einfach unterbrochen werden konnte, so daà sich alle darauf einrichteten, die nächsten zehn oder fünfzehn Minuten das Buch referiert zu bekommen, das er gerade las. Ich fand das nicht so schlimm, weil die Bücher mich oft sogar interessierten und ich es Onkel Ahmad gönnte, daà ihm wenigstens einmal am Abend alle zuhörten. Auch die Schwager blickten mild, die sich schon immer gut ihm verstanden hatten. Nur seine drei Schwestern, die Ungeduldigen, als Kinder schon Vorlauten, hielt es kaum auf dem Stuhl. Sie warfen sich Blicke zu, schüttelten den Kopf und gaben einen StoÃseufzer nach dem anderen von sich. Aber gut, dachte ich, sie hören zu, selbst sie lassen Onkel Ahmad einmal ausreden, vielleicht wird es diesmal interessant.
Nach nicht einmal zwei Minuten stand meine Tante plötzlich auf und fing an, sich flüsternd von allen zu verabschieden, während Onkel Ahmad weiter den Inhalt seines Buchs vortrug, sie müsse dringend nach Hause, ein Anruf der Kinder aus Amerika, aber psst, sie wolle das Gespräch nicht unterbrechen, bleibt sitzen! und hielt den Zeigefinger der linken Hand vor den Mund, während sie mit der rechten Hand in die Runde winkte, als bliebe bei einer iranischen Geselligkeit Iran tatsächlich jemand sitzen, wenn ein Gast sich verabschiedet, noch dazu die Tante. Natürlich sprangen alle Verwandten auf und flüsterten ihr die GrüÃe zu, die sie den Kindern in Amerika ausrichten möge, während Onkel Ahmad zunächst noch weiter das Buch referierte, jaja, bestell ich, grüà du auch, und was machst du eigentlich morgen? fragte meine Mutter, ohne noch zu flüstern, worauf meine Tante in normaler Stimme antwortete, daà sie morgen bei den Soundsos eingeladen sei, ob meine Mutter sie begleite, nein, nein, erwiderte meine Mutter, morgen müsse sie und so weiter. Nur noch die Schwager hörten Onkel Ahmad zu, die aber schlieÃlich auch aufstehen muÃten, um sich von der Tante zu verabschieden beziehungsweise sie nach Hause zu begleiten, so daà am Ende Onkel Ahmad als einziger sitzen blieb, still und mit diesem tatsächlich etwas tumben Gesichtsausdruck, als
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