Dein totes Mädchen: Roman (German Edition)
»Internationale Haftbefehle sind nichts Außergewöhnliches. Wir jagen sie zum Abgleich durch unsere Computer, normalerweise ohne Ergebnis, und heften sie ab. So war es auch diesmal. Am nächsten Tag habe ich dann aber einen Anruf aus Deutschland erhalten. Die Ermittler baten uns explizit, zu überprüfen, ob sich die Frau bei uns in Schweden aufhält.«
»Warum ausgerechnet in Schweden?«
»Die schwedische Polizei hatte eine Anfrage nach Deutschland geschickt wegen eines Autokennzeichens und des Fahrzeughalters.«
»Sie ist hier geblitzt worden?«
»In der Nähe von Karlstad.«
»Karlstad ist nicht Härjedalen«, gab Mette zu bedenken.
»Ihre Familie besitzt ein Haus in Härjedalen.«
»Und du glaubst …«, unterbrach ihn Mette, doch diesmal war er es, der abwinkte.
»Zuerst habe ich an einen Zufall geglaubt«, erklärte er. »Doch du weißt, wie das ist, manche Sachen lassen dir keine Ruhe, und ich habe ein paar Details überprüft, unter anderem die Anfrage der schwedischen Polizei bei den deutschen Behörden wegen der Geschwindigkeitsüberschreitung. Das Fax mit den nötigen Angaben wurde fälschlicherweise auf das Gerät in Ulfs Büro geschickt.«
Mette zog eine Augenbraue hoch. »Ich nehme an, es kam, als Ulf abends noch im Büro war.«
Håkan nickte.
»Aber … warum ist das Fax bei ihm eingegangen?«, wollte Mette wissen.
»Die neue Telefonsoftware der Verkehrsaufsicht spielt verrückt, weshalb wir seit einiger Zeit die Anfragen von dort bekommen.« Er räusperte sich erneut. »Ich habe Bent von der Drogenfahndung vorsichtig darauf angesprochen, ob ihm an dem Abend etwas aufgefallen ist. Er hatte Spätdienst. Und er hat mir erzählt, dass Ulf sich zunächst verabschiedet hatte, dann aber wie vom Teufel gejagt zurückkam, telefonierte und schließlich völlig erschüttert in seinem Büro am Schreibtisch saß.«
Mette atmete tief durch. »Und nun glaubst du, dass diese Frau der Grund für Ulfs überstürzte Abreise ist.«
Håkan schluckte. »Inzwischen habe ich sogar ziemlich hieb- und stichfeste Beweise, dass sie der Grund sein muss. Und wenn dem so ist …« Er schüttelte unglücklich den Kopf.
Mette strich sich das Haar aus dem Gesicht. »Es hat sicher etwas mit seiner Vergangenheit zu tun.«
»Sie hat mit ihrer Familie im selben Ort gelebt wie Ulf«, bestätigte Håkan. »Und sie ist vor achtundzwanzig Jahren dort verschwunden. Das war in etwa die Zeit, als Ulf nach Stockholm gekommen ist.«
Mette stand auf und ging in die Küche, um nach dem Essen zu sehen. »Ulf hat vor vielen Jahren in einem sehr sentimentalen Moment von einer Frau erzählt, nicht viel, nur Bruchstücke«, rief sie ihm durch die offene Tür zu, während sie gleichzeitig mit den Töpfen hantierte. »Nach allem, was ich damals herausgehört habe, hat sie ihm das Herz gebrochen. Ich musste ihm damals schwören, niemals darüber zu reden«, fügte sie hinzu, als sie ins Wohnzimmer zurückkam. Sie runzelte die Stirn, »Wie hieß sie nur? Es war ein kurzer Name … wie eine Blume …«
»Die Frau, die gesucht wird, heißt Caroline Wolff.«
»Lilli!«, rief Mette, kaum dass er den Namen genannt hatte. »Es ist eine Abkürzung für Caroline.«
Sie sahen sich an. Dann fuhr sich Mette nervös mit der Zunge über die Lippen. »Was ist diese Caroline Wolff für eine Person?«
»Ich weiß es nicht«, gestand Håkan. »Alles, was ich herausfinden konnte, war, dass sie mit ihren Eltern in Härjedalen gelebt hat. Ihre Mutter war Deutsche, ihr Vater Schwede. Er war Professor für Physik an der Universität in Göteborg und hat sich mit wissenschaftlichen Veröffentlichungen einen Namen und wohl auch einiges an Geld gemacht, so dass er sich bald aus dem Studienbetrieb zurückziehen konnte. Sie hat noch eine Tante in Blekinge, die jüngste Schwester ihres Vaters.«
»Was ist mit ihrer Familie?«
»Ihre Eltern sind in den achtziger Jahren bei einem Autounfall umgekommen. Der Wagen ist aus ungeklärten Umständen von der Straße abgekommen. Geschwister gibt es nicht. Sie selbst hat zuletzt als Übersetzerin für verschiedene deutsche Verlagshäuser gearbeitet.«
»Und diese Frau wird jetzt wegen … Mordes gesucht? Warum?«
»Sie hat in Hamburg angeblich einen Mann erschossen.«
Mette war zu lange Frau eines Polizisten, um nicht die richtigen Schlüsse zu ziehen. »Das ist ungewöhnlich für jemanden mit einem, wie es scheint, gesicherten sozialen Hintergrund. War es eine Beziehungstat?«
Håkan schüttelte den Kopf. »Der Mann
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