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Dein totes Mädchen: Roman (German Edition)

Dein totes Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Dein totes Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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Lawinengefahr. Auch die Grenzregionen Norwegens waren betroffen. Caroline ließ den Kopf in die Hände sinken, als ihr klarwurde, was das bedeutete.
    Ulf räusperte sich. »Hast du genügend Vorräte im Haus?«
    Sie nickte. Schon ihre Eltern hatten im Winter immer einen Grundvorrat an Lebensmitteln angelegt, denn das Haus lag so einsam, dass es auch bei ganz normalen Schneefällen bisweilen sein konnte, dass die Straße ins Dorf vorübergehend unpassierbar war. Und zur Not lag draußen auf der Straße ein toter Elch, im Begriff tiefzugefrieren, von dem sie einen ganzen Monat leben konnten. Nein, verhungern würden sie nicht. Das zumindest nicht.

16.
    I n einem der besseren Stockholmer Vororte saß Håkan Bergström in seinem Haus und verfolgte mit gerunzelter Stirn die Nachrichten. Der Raum war in Weiß und zarten Gelbtönen gehalten, die Möbel klassisch, fast von britischer Eleganz. Mette hatte lange danach gesucht und war nun sehr glücklich, doch Håkan fühlte sich noch nicht ganz heimisch in dem ungewohnten Ambiente. Die Renovierung lag nicht lange zurück, und er musste sich noch daran gewöhnen. Die Mädchen waren gerade erst ausgezogen. Er hatte den leisen Verdacht, dass Mette sich deswegen so in das Thema Neugestaltung gestürzt hatte, aber er würde es nie ansprechen. Vielleicht wollte sie auch nur ein wenig Veränderung. Vor kurzem erst hatte sie ihre Stunden im Bildungsministerium reduziert. »Sonst bleibt so wenig Zeit für die anderen Dinge«, hatte sie ihre Entscheidung begründet. Jetzt brachte sie aus der Küche den Geruch von gebratenem Fleisch mit sich, stellte sich hinter ihn und strich mit den Fingern durch sein Haar. »Wir können in fünf Minuten essen.«
    »Ich komme gleich«, erwiderte er. »Ich will das noch eben sehen.«
    Ihre Finger verharrten. »Was beunruhigt dich?«, fragte sie.
    »Ulf ist dort oben.« Håkan wies auf die Bilder auf dem Fernsehschirm. »In Härjedalen.«
    »Ulf Svensson?«
    Håkan nickte.
    Mette lauschte einen Moment den Ausführungen des Reporters über die Lage in Schwedens jüngster Krisenregion. »Meinst du nicht, dass Ulf mit einer solchen Situation spielend fertig wird?«, fragte sie dann. »Er wird vielleicht nicht rechtzeitig zurück sein, aber sonst würde ich mir um ihn keine Sorgen machen.«
    »Es ist nicht wegen des Schnees.«
    Mette trat um die neue weiße Couch herum, zupfte ein Kissen zurecht und setzte sich neben Håkan. Sie war schlank und beinahe so groß wie er. »Nicht wegen des Schnees, okay. Weswegen dann?«
    »Er ist wegen einer Frau dorthin gefahren.«
    Mette sah ihren Mann von der Seite an und lachte. »Natürlich. Wegen einer Frau. Bei jedem anderen würde ich dir das glauben, aber nicht bei Ulf.«
    Håkan griff zur Fernbedienung und schaltete den Fernseher ab. »Das habe ich auch gesagt. Aber es ist tatsächlich so.«
    Mette schüttelte noch immer ungläubig den Kopf, und ihr glattes braunes Haar fiel ihr ins Gesicht. »Weißt du Näheres?«
    Håkan seufzte.
    »Na, komm schon«, ermutigte ihn Mette. »Du hättest doch nicht davon angefangen, wenn du es nicht loswerden wolltest.«
    Er blickte sie dankbar von der Seite an. Dafür liebte er sie. Dafür wäre er sogar bereit, mit ihr in einem Baum zu wohnen, wenn es sie glücklich machte. Ulf hatte das nie verstanden. Oder nie verstehen wollen. Håkan legte seine Hand auf Mettes und drückte sie kurz. »Du hast recht, wahrscheinlich hätte ich nicht davon angefangen, wenn es mir nicht auf der Seele liegen würde.« Er setzte sich auf. »Ich weiß nichts Genaues, aber ich habe einen Verdacht. Gleichzeitig aber kommt es mir so vor, als würde ich mich in etwas verrennen und Zusammenhänge konstruieren, wo gar keine sind.«
    Mette zog eine Braue hoch. »Geht es auch konkreter?«
    »Ich habe dir erzählt, dass Ulf im Büro übernachtet hat.«
    Sie erinnerte sich. »Wegen der defekten Heizung in seiner Wohnung.«
    »Nicht direkt«, gestand Håkan. »Er hatte sich so fürchterlich betrunken, dass sein Büro morgens stank wie eine Ausnüchterungszelle. Am selben Morgen hat er mir erzählt, dass er für ein paar Tage nach Härjedalen fahren muss.« Er räusperte sich. »Vierundzwanzig Stunden später bekommen wir einen internationalen Haftbefehl für eine deutsche Frau aus Hamburg, die wegen Mordverdachts gesucht wird.« Er machte eine bedeutungsvolle Pause, doch Mette gab ihm wortlos zu verstehen, dass er weiterreden solle.
    »Zunächst habe ich mir nichts dabei gedacht«, fuhr er fort.

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