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Dein totes Mädchen: Roman (German Edition)

Dein totes Mädchen: Roman (German Edition)

Titel: Dein totes Mädchen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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geschuldet ist, dass wir hier zusammen sind?«
    Sie warf ihm einen seltsamen Blick zu, und er begriff, dass all das Gerede von Andra und ihrem Alptraum nur vorgeschoben war. »Was ist?«, fragte er geradeheraus. »Worum geht es dir wirklich?«
    Sie blies die Kerze aus, nahm die schmutzigen Teller und stand auf. »Es hat keinen Sinn. Zwischen uns steht zu viel Unausgesprochenes, wir sind verstrickt wie in einem gordischen Knoten«, wehrte sie ab. »Jedes Mal, wenn wir versuchen, miteinander zu reden, landen wir in einer Sackgasse und streiten.«
    »Niemand zwingt uns zu reden«, entgegnete er. »Ich hatte den Vorschlag gemacht, weil die besonderen Umstände es angeboten haben. Wenn es dir unangenehm ist, lassen wir es.«
    Caroline öffnete die Spülmaschine und räumte das Geschirr ein. Sie ging nicht auf seine Bemerkung ein. »Du hast dich verändert«, sagte sie stattdessen nach einer Weile. »Du bist härter geworden. Unnachgiebiger.«
    »Es ist viel Zeit vergangen, fast dreißig Jahre«, erwiderte er, ohne seine tatsächlichen Gedanken auszusprechen.
    »Ist es nur die Zeit?« Sie hielt inne in ihrem Tun. »Oder hat dein Beruf dich so werden lassen?«
    »Wie kommst du darauf?« Er reichte ihr die Kaffeebecher.
    Sie runzelte die Stirn. »Die Vorstellung, dass du zur Polizei gegangen bist … Sie will nicht zu dem Bild passen, das ich von dir habe. Wir waren anders.«
    »Wir waren jung, Lilli«, erinnerte er sie. »Wir haben über die Stränge geschlagen, uns die Hörner abgestoßen. Es war im wahrsten Sinne des Wortes eine Ernüchterung für mich, als du plötzlich fort warst. Ich bin damals recht hart auf dem Boden der Realität aufgeprallt.«
    Sie sagte nichts, dabei war er sich sicher, dass auch sie ihre gemeinsame Zeit im Nachhinein kritisch betrachtet haben musste. Sie waren so selbstsicher gewesen, hatten sich so unverwundbar und unsterblich gefühlt, wie es nur jungen Menschen vergönnt war. Dabei waren sie ständig gefährdet gewesen, abzurutschen in Drogenabhängigkeit und Kriminalität.
    »Vermutlich braucht jeder einen Anker in seinem Leben, und deiner scheint dein Beruf zu sein«, stellte sie fest.
    Er lehnte sich neben sie an die Anrichte. »Nach Stockholm zu gehen war eine radikale Entscheidung«, gab er zu. »Aber ich habe sie nie bereut. Was ist dein Anker?«
    Sie ließ die Kaffeekanne sinken, die sie ausspülen wollte. »Mein Anker war immer Lianne. Sie war der Fixpunkt in meinem Leben.« Sie schluckte und strich mit ihren Fingern über das glatte Porzellan der Kanne, vermied seinen Blick. »Seit … wir uns wiedergesehen haben«, fuhr sie schließlich zögernd fort, »versuche ich mir vorzustellen, wie …« Wieder brach sie ab, presste die Lippen aufeinander.
    Er wartete. »Was versuchst du dir vorzustellen?«, hakte er nach einer Weile nach.
    »Ach, nichts.« Unvermittelt stellte sie die Kanne ab und wollte die Küche verlassen, doch er hielt sie am Handgelenk fest, er war mit seiner Geduld am Ende. »Sag es«, forderte er sie auf. »Sag endlich einmal, was du denkst.«
    Ihr weiter Pullover konnte nicht verbergen, dass ihr Atem plötzlich schneller ging. Sie griff mit der freien Hand an ihren Hals und schloss ihre Finger um den Ring an der schmalen Goldkette. Sein Griff wurde fester.
    »Du tust mir weh«, gab sie ihm zu verstehen.
    Er ließ sie los, und sie rieb sich ihr Handgelenk.
    »Seit wir uns wiedergesehen haben«, begann sie endlich, »stelle ich mir vor, wie es gewesen wäre, Lianne mit dir großzuziehen. Ich habe mich sogar gefragt, ob sie dann noch am Leben wäre.« Ihre Stimme versagte bei den letzten Worten.
    »Wenn du mich nicht verlassen hättest, wäre ich nie zur Polizei gegangen. Ich wäre nie von hier fortgegangen.« Er hörte selbst den Vorwurf in seiner Stimme.
    »Ich weiß heute, dass ich damals einen Fehler gemacht habe«, stieß sie hervor, »aber ändert das etwas?«
    Die Beherrschung verließ ihn. »Sag mir einfach, warum! Das ist alles, was ich von dir will. Sag mir, warum du weggegangen bist! «
    Es war die entscheidende Frage, die ihn in all der Zeit nicht losgelassen und auf die er noch immer keine Antwort erhalten hatte. Bei dem drohenden Unterton in seiner Stimme zuckte Caroline sichtlich zusammen. Sie wich zurück, als er einen Schritt auf sie zu machte und dabei ungehalten einen der Küchenstühle umstieß, der ihm im Weg stand. »War ich es?«, fragte er und tippte sich dabei mit dem Finger auf die Brust. »Bist du wegen mir weggelaufen?«
    »Nein!«
    Er machte

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