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Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter

Titel: Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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das macht die Army aus ihnen. Macht die Leute fertig, verdreht ihnen das Hirn. Dieser Gideon ist unfassbar jähzornig. Ich hab bloß mal sein Schrotthandy benutzt. Für einen einzigen Anruf. Und er ist total ausgerastet. Ein beschissener Anruf.«
    »Sie haben eine Pizza bestellt«, sage ich.
    Cheryl sieht mich an, als hätte ich ihr ihre letzte Zigarette geklaut. »Woher wissen Sie das?«
    »Bloß geraten.«
    DI Cray wirft mir einen Blick von der Seite zu.
    Cheryl hat im obersten Regal ein Fotoalbum gefunden.
    »Ich hab Gideon erklärt, dass er genauso wie Patrick nach Fernwood gehört. Hier bin ich jedenfalls nicht geblieben. Ich hab Gerry angerufen, und er hat mich abgeholt. Er wollte Gideon eine verpassen, und das hätte er auch locker gekonnt, aber ich hab ihm gesagt, er soll es lassen.«
    Sie hält uns das vor ihren Brüsten aufgeschlagene Album hin.
    »Das ist Pat. Das wurde bei seiner Abschiedsparade aufgenommen. Er sah todschick aus.«
    Patrick Fuller trägt eine Paradeuniform und hat dunkelbraunes, an den Seiten rasiertes Haar. Er grinst schräg in die
Kamera und sieht aus, als hätte er gerade seinen Schulabschluss gemacht. Was noch entscheidender ist, er ist nicht der Mann, den die Polizei vor neun Tagen festgenommen hat und den ich in der Trinity Police Station befragt habe.
    Cheryl zeigt mit dem Fingernagel auf ein weiteres Foto. »Da ist er noch mal.«
    Eine Gruppe von Soldaten nach einem Basketballspiel. Patrick hockt in einer Hose mit Tarnmuster lässig am Rande des Courts, sein muskulöser, nackter Oberkörper glänzt vor Schweiß.
    Cheryl blättert weiter. »Irgendwo müsste hier auch ein Bild von Gideon sein.«
    Sie kann es nicht finden. Sie blättert zurück und sucht von neuem.
    »Komisch. Es ist weg.«
    Sie zeigt auf ein leeres Quadrat auf der Seite. »Ich bin ganz sicher, dass es hier war.«
    Manchmal sagt eine Lücke in einem Album genauso viel wie ein Foto. Gideon hat es entfernt. Er will nicht, dass man sein Gesicht kennt. Aber das ist egal. Ich erinnere mich an ihn. Seine blassgrauen Augen und seine schmalen Lippen. Ich erinnere mich, wie er, das Gesicht von Ticks und Zuckungen verzerrt, über unsichtbare Mausefallen auf dem Boden gestiegen ist. Er hat wirr geredet und fantastische Geschichten erfunden. Eine wahrlich perfekte Theatervorstellung.
    Ich habe meine berufliche Laufbahn auf die Fähigkeit gestützt, sagen zu können, wann jemand lügt, vorsätzlich ausweichend oder falsch antwortet, aber Gideon Tyler hat mich total blamiert. Seine Lügen waren beinahe perfekt, weil er es geschafft hat, das Gespräch zu kontrollieren, abzulenken und abzuschweifen. Es gab keine kurzen Lücken, wenn er sich etwas Neues ausgedacht oder ein Detail zu viel erfunden hat. Nicht einmal seine unbewussten motorischen Reaktionen lieferten irgendeinen Hinweis; seine Pupillenerweiterung, Porengröße, Muskeltonus, Durchblutung der Haut und die Atmung waren im Rahmen der normalen Parameter.

    Ich habe Veronica Cray überredet, ihn freizulassen. Ich habe erklärt, er könne Christine Wheeler unmöglich gezwungen haben, von der Clifton Suspension Bridge zu springen. Ich habe mich geirrt.
     
    Veronica Cray erteilt Anweisungen. Safari Roy macht sich hektisch kritzelnd Notizen. Sie will eine Liste von Tylers Freunden, Verwandten, Armykameraden und Exfreundinnen.
    »Sucht sie auf. Setzt sie unter Druck. Einer von ihnen muss wissen, wo er ist.«
    Seit wir Fullers Wohnung verlassen haben, hat sie kein Wort zu mir gesagt. Blamage ist ein eigenartiges Gefühl - ein Flattern im Bauch. Die öffentlichen Beschuldigungen werden später kommen, aber die privaten beginnen sofort. Zuschreibungen. Verurteilungen. Bestrafungen.
    Die Fernwood Clinic ist in einer unter Denkmalschutz stehenden, stattlichen Villa untergebracht, inmitten von fünf Morgen Garten und Wald am Rand von Durdham Down. Die Zufahrtsstraße ist ein Privatweg.
    Der medizinische Leiter empfängt uns in seinem Büro. Sein Name ist Dr. Caplin, und er begrüßt uns, als wären wir zu einem Jagdwochenende auf sein Anwesen gekommen.
    »Ist es nicht prachtvoll?«, sagt er mit einem Blick aus dem großen Erkerfenster. Er bietet uns Erfrischungen an und nimmt wieder Platz.
    »Ich habe von Ihnen gehört, Professor O’Loughlin«, sagt er. »Irgendjemand hat mir erzählt, dass Sie in die Gegend gezogen sind. Ich dachte, Ihr Lebenslauf würde vielleicht irgendwann auf meinem Schreibtisch landen.«
    »Ich praktiziere nicht mehr als klinischer Psychologe.«
    »Wie schade.

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