Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter
Mann nie durchgehen lassen, dich so anzufassen wie Dirk heute Abend.«
»Früher brauchte ich diesen Job auch noch nicht.«
»Er will, dass die Leute denken, er würde mit dir schlafen.«
»Und das ist nur ein Problem, wenn die Leute ihm glauben.«
»Warum hast du mir nicht von ihm erzählt?«
»Das habe ich. Du hast nie zugehört. Jedes Mal, wenn ich die Arbeit erwähne, schaltest du ab. Es ist dir egal, Joe. Meine Karriere ist dir nicht wichtig.«
Ich will es abstreiten. Ich will ihr vorwerfen, dass sie das Thema wechselt und versucht, von ihrer Schuld abzulenken.
»Glaubst du, dass ich freiwillig entschieden habe, dich und die Mädchen so oft allein zu lassen?«, fragt sie. »Wenn ich nicht zu Hause bin, denke ich jeden Abend vor dem Einschlafen an euch. Ich denke nur deshalb nicht immer an euch, weil ich einen Job zu erledigen habe. Ich muss arbeiten. Das haben wir entschieden. Wir haben beschlossen, um der Mädchen und deiner Gesundheit willen aus London wegzuziehen.«
Ich will widersprechen, aber Julianne ist noch nicht am Ende.
»Du weißt nicht, wie schwer es ist … von zu Hause fort zu sein«, sagt sie. »Sachen zu verpassen, anzurufen und zu hören, dass Emma einen neuen Tanzschritt gelernt hat oder auf einem Bein zu hüpfen oder Dreirad zu fahren. Zu erfahren, dass Charlie ihre erste Regel hat oder in der Schule tyrannisiert wird. Aber weißt du, was am meisten wehtut? Als Emma neulich hingefallen ist und sich wehgetan hatte, hat sie nach dir gerufen. Sie wollte deinen Trost, deine Umarmung. Welche Mutter kann ihr eigenes Kind nicht trösten?«
»Du bist zu streng mit dir selbst«, sage ich und strecke die Hand aus, um sie zu umarmen. Sie schüttelt sie ab. Dieses Privileg habe ich verwirkt. Ich muss es zurückgewinnen. Normalerweise bin ich so gut mit Worten, aber jetzt fällt mir nichts ein, um sie von ihrer Enttäuschung über mich zu befreien, ihr Herz zu gewinnen, ihr Junge zu sein.
Ich habe mir zahllose Male gesagt, dass es eine harmlose Erklärung für das Hotelfrühstück, die Dessous und die Anrufe geben müsse, aber anstatt es zu glauben, habe ich Wochen damit zugebracht, Juliannes Schuld zu beweisen.
Schwankend stehe ich auf. Die Vorhänge sind offen. Kalte Scheinwerfersäulen tasten sich über die Kensington High Street. Jenseits der gegenüberliegenden Dächer erhebt sich die glänzende Kuppel der Royal Albert Hall.
»Ich kenne dich nicht mehr, Joe«, flüstert Julianne. »Du bist traurig. Du bist so traurig. Und du trägst diese Traurigkeit mit dir herum, oder sie hängt über dir wie eine Wolke, die alle um dich herum ansteckt.«
»Ich bin nicht traurig.«
»Doch, das bist du. Du machst dir Sorgen um deine Krankheit. Du sorgst dich um mich. Du sorgst dich um die Mädchen. Deswegen bist du traurig. Du glaubst, du wärst noch derselbe, Joe, aber das stimmt nicht. Du traust den Menschen nicht mehr. Du öffnest dich ihnen nicht und strengst dich nicht an, sie kennenzulernen. Du hast keine Freunde.«
»Habe ich wohl. Was ist mit Ruiz?«
»Der Mann, der dich einst wegen Mordes verhaftet hat.«
»Dann eben Jock.«
»Jock will mit mir schlafen.«
»Jeder Mann, den ich kenne, will mit dir schlafen.«
Sie sieht mich mitleidig an.
»Wie schafft es ein so intelligenter Mann wie du, so dumm und selbstgerecht zu sein? Ich sehe, was du tust, Joe. Ich sehe, wie du dich täglich beobachtest, die Symptome musterst und sie dir einbildest. Du willst irgendjemandem die Schuld für dein Parkinson anlasten, aber es gibt keinen Schuldigen. Es ist einfach passiert.«
Ich muss mich verteidigen.
»Ich bin noch derselbe wie früher. Du bist diejenige, die mich anders sieht. Ich bringe dich nicht mehr zum Lachen, denn wenn du mich anguckst, siehst du meine Krankheit. Du bist diejenige, die distanziert und abwesend ist. Du denkst immer an die Arbeit oder an London. Selbst wenn du zu Hause bist, bist du mit den Gedanken woanders.«
»Versuch doch mal, dich selbst zu analysieren«, faucht Julianne. »Wann hast du zum letzten Mal richtig gelacht, Joe? So, dass du Bauchschmerzen und Tränen in den Augen hattest?«
»Was soll denn diese Frage jetzt?«
»Du hast panische Angst davor, dich zu blamieren. Du hast Angst davor, vor aller Augen zu stürzen oder sonstwie Aufmerksamkeit zu erregen, aber du hast nichts dagegen, mich in aller Öffentlichkeit bloßzustellen. Was du heute gemacht hast, vor meinen Freunden - ich habe mich noch nie so geschämt … Ich … ich …« Ihr fehlen die Worte. Sie
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