Dein Wille geschehe - Dein Wille geschehe - Shatter
keine Spielchen mit mir!«, gibt Bryan Chambers höhnisch zurück. »Er hat Sie geschickt, stimmt’s?«
Ich sehe Ruiz an. »Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen. Wir
helfen der Polizei bei der Untersuchung der beiden Morde. Beide Opfer waren Freundinnen Ihrer Tochter.«
Chambers wendet sich Ruiz zu. »Sie sind Polizist?«
»Ich war mal einer.«
»Was soll das heißen?«
»Ich bin in Rente.«
»Sie sind also Privatdetektiv?«
»Nein.«
»Das heißt, der ganze Mist ist kein bisschen offiziell?«
»Wir wollten bloß Ihre Tochter Helen sprechen.«
Er schlägt die Hände zusammen und lacht entrüstet. »Also, das setzt dem Ganzen die Krone auf.«
Ruiz wird langsam ärgerlich. »Vielleicht sollten Sie den Rat Ihrer Frau befolgen und sich beruhigen, Mr. Chambers.«
»Wollen Sie mich einschüchtern?«
»Nein, Sir, wir möchten bloß ein paar Antworten.«
»Was hat meine Helen damit zu tun?«
»Vor vier Wochen hat sie Christine Wheeler, Sylvia Furness und Maureen Bracken, einer weiteren Schulfreundin, eine E-Mail geschickt und für den 21. September, einen Freitagabend, ein Treffen in einem Pub in Bath verabredet. Die anderen kamen, aber Helen nicht. Sie haben nichts von ihr gehört. Wir hoffen herauszufinden, warum nicht.«
Bryan Chambers starrt mich ungläubig an. Der manische Glanz seiner Augen ist einer fiebrigen Ungewissheit gewichen.
»Was Sie da andeuten, ist unmöglich«, sagt er. »Meine Tochter kann keine E-Mails verschickt haben.«
»Warum nicht?«
»Sie ist vor drei Monaten gestorben; sie und meine Enkelin sind in Griechenland ertrunken.«
Plötzlich scheint der Raum nicht mehr groß genug, um die Verlegenheit zu verbergen. Die Luft ist stickig und scharf geworden. Ruiz sieht mich an, bringt jedoch kein Wort heraus.
»Das tut mir sehr leid«, erkläre ich ihnen. Ich weiß nicht, was ich sonst noch sagen soll. »Wir hatten keine Ahnung.«
Bryan Chambers ist nicht an Entschuldigungen oder Erklärungen interessiert.
»Sie ist bei einem Fährunglück ums Leben gekommen«, sagt Mrs. Chambers, die immer noch aufrecht auf der Sofakante sitzt. »Die Fähre ist in einem Sturm gesunken.«
Ich erinnere mich an die Geschichte. Es war im Spätsommer, ein Tornado in der Ägäis. Schiffe wurden beschädigt, Jachten zerstört. Mehrere Urlaubsorte mussten evakuiert werden, und vor einer der Inseln sank eine Passagierfähre. Dutzende von Touristen wurden gerettet. Andere Passagiere ertranken.
Ich sehe mich in dem Raum um und betrachte die Fotos. Die Chambers’ haben einen Schrein für ihre tote Enkelin errichtet.
»Bitte gehen Sie jetzt«, sagt Bryan Chambers.
Skipper unterstreicht die Forderung, indem er die Tür aufhält. Ich betrachte immer noch die Bilder einer blonden Enkelin mit heller Haut und Zahnlücke, die einen Luftballon hält und Geburtstagskerzen auspustet …
»Verzeihen Sie, dass wir Sie gestört haben«, sage ich. »Und unser herzliches Beileid zu Ihrem Verlust.«
Ruiz senkt den Kopf. »Vielen Dank für den Tee, Mam.«
Weder Bryan noch Claudia antworten.
Skipper begleitet uns hinaus und bezieht, die Hand noch immer unter seiner Öljacke, Posten vor der Tür. Bryan Chambers taucht neben ihm auf.
Ruiz hat den Mercedes schon angelassen. Die Beifahrertür steht auf. Ich drehe mich noch einmal um.
»Was haben Sie gedacht, wer uns geschickt hätte, Mr. Chambers?«
»Wiedersehn«, sagt er.
»Werden Sie von irgendjemandem bedroht?«
»Fahren Sie vorsichtig.«
36
Wir biegen aus dem Waldweg in eine Nebenstraße ein, der wir bis Trowbridge folgen. Der Mercedes schwebt durch die Senken. Sinatra singt gedämpft.
»Das ist vielleicht eine scheißverrückte Familie«, murmelt Ruiz. »Die Rädchen drehen sich noch, aber der Hamster ist tot. Hast du Chambers’ Gesicht gesehen? Ich dachte, der kriegt einen Herzinfarkt.«
»Er hat vor irgendwas Angst.«
»Vor was? Vor dem dritten Weltkrieg?«
Ruiz fängt an, die Sicherheitsmaßnahmen aufzuzählen. Kameras, Bewegungsmelder und Alarmanlagen. Und Skipper, der aussieht wie von der SAS geklont.
»Typen wie er verdienen als Leibwächter in Bagdad fünf Riesen die Woche. Was macht er hier?«
»Wiltshire ist sicherer.«
»Vielleicht hat Chambers Geschäfte mit den falschen Leuten gemacht. Das ist das Problem mit diesen großen Firmen. Es geht zu wie freitagabends im Kino. Jemand versucht immer, eine Titte zu grapschen oder einen Finger in die Sahne zu stecken.«
»Blumige Metapher.«
»Findest du?«
»Meine Töchter gehen nie ins
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