Deine Juliet
Pokermarken, mein Blut? – Juliet
Telegramm von Sidney an Juliet
23. März 1946
Kein Blut, keine Bücher, keine Pokermarken. Schreib weiter lange Briefe, um uns zu unterhalten – Sidney und Piers
Juliet an Sophie
23. März 1946
Liebe Sophie,
ich habe nur Telegramme bekommen, also weißt Du mehr als ich. Aber wie auch immer, es ist vollkommen lächerlich, dass Du überlegst, nach Australien zu fliegen. Was soll aus Alexander werden? Und aus Dominic? Und aus Deinen Gänsen? Sie würden vor Sehnsucht vergehen.
Denk einen Augenblick nach, und Du wirst einsehen, warum Du Dich nicht aufzuregen brauchst. Erstens, Piers wird Sidney hervorragend pflegen. Zweitens, wir sollten uns glücklich schätzen, dass Piers das übernimmt – weißt Du noch, was für ein unerträglicher Patient Sidney beim letzten Mal war? Wir sollten froh sein, dass er Tausende von Kilometern weit weg ist. Drittens, Sidney hat Jahre der Anspannung hinter sich. Er braucht Erholung, und der Beinbruch ist vielleicht die einzige Möglichkeit für ihn, sie sich zu gönnen. Und das Wichtigste von allem, Sophie:
Er will uns nicht dort haben.
Ich bin der festen Überzeugung, dass es Sidney lieber ist, dass ich ein Buch schreibe, statt an sein Bett in Australien zu eilen, deswegen gedenke ich hier in meiner trostlosen Wohnung zu bleiben und mir ein Thema zu überlegen. Ich habe eine klitzekleine Idee, viel zu zart und unausgegoren, als dass ich es wagen könnte, sie jemandem zu beschreiben – nicht einmal Dir. Sidneys Bein zu Ehren werde ich sie hegen und nähren und sehen, ob ich sie zum Wachsen bringen kann.
Und nun zu Markham V. Reynolds (junior). Deine Fragen bezüglich dieses Herrn sind so feinfühlig, so subtil, ganz so, als hätte ich mit dem Hammer einen Schlag auf den Kopf bekommen. Ob ich in ihn verliebt bin? Was ist das für eine Frage? Eine Tuba unter Flöten – ich hätte was Besseres von Dir erwartet. Die erste Regel beim Schnüffeln lautet, man muss es hintenherum angehen – als Du anfingst, mir trunkene Briefe über Alexanderzu schreiben, habe ich Dich nicht gefragt, ob Du in ihn verliebt bist, ich habe nach seinem Lieblingstier gefragt. Und Deine Antwort sagte mir alles, was ich über ihn wissen musste – wie viele Männer würden schon zugeben, dass sie Enten liebenswert finden? (Das bringt mich auf einen wichtigen Punkt: Ich weiß nicht, was Marks Lieblingstier ist. Eine Ente ist es sicherlich nicht.)
Darf ich Dir ein paar Vorschläge machen? Du könntest mich nach seinem Lieblingsschriftsteller fragen (Dos Passos! Hemingway!!). Oder nach seiner Lieblingsfarbe (Blau, welche Schattierung weiß ich nicht, vermutlich Königsblau). Ob er ein guter Tänzer ist? (Ja, er tanzt viel besser als ich, tritt mir nie auf die Füße, aber er spricht nicht beim Tanzen, summt nicht mal vor sich hin. Summt überhaupt nie vor sich hin, soviel ich weiß.) Ob er Geschwister hat? (Ja, zwei ältere Schwestern, eine ist mit einem Zuckerbaron verheiratet, die andere ist seit vergangenem Jahr verwitwet. Dann hat er noch einen jüngeren Bruder, den er hohnlächelnd als Dummkopf abtut.)
So, nachdem ich Dir nun die ganze Arbeit abgenommen habe, kannst Du Dir Deine lächerlichen Fragen vielleicht selbst beantworten, ich kann es nämlich nicht. Ich bin verwirrt, wenn ich mit Mark zusammen bin – das könnte Liebe sein, vielleicht aber auch nicht. Es ist mit Sicherheit nicht gemütlich. Mir graut zum Beispiel etwas vor dem heutigen Abend. Wieder ein geselliges Abendessen, sehr elegant, wobei die Herren sich über den Tisch beugen, um auf etwas hinzuweisen, und die Damen mit den Zigarettenspitzen gestikulieren. Ach, am liebsten würde ich mich auf mein Sofa kuscheln, aber ich muss mich aufraffen und ein Abendkleid anziehen. Lassen wir die Liebe mal beiseite – Mark ist eine Plage für meine Garderobe.
Liebes, mach Dir keine Sorgen wegen Sidney. Er wird im Nu wieder um uns herumschleichen wie eh und je.
Liebste Grüße,
Juliet
Juliet an Dawsey Adams
25. März 1946
Lieber Dawsey,
ich habe einen langen Brief (nein, zwei!) von einer Miss Adelaide Addison erhalten, die mich davor warnte, in meinem Artikel über den Club zu berichten. Falls ich es doch tue, will sie nie wieder etwas mit mir zu schaffen haben. Ich werde versuchen, diese Niederlage mit Fassung zu tragen. Sie hat eine ganze Menge Dampf über «Krautschlampen» abgelassen.
Ich habe auch einen wunderbaren langen Brief von Clovis Fossey über Dichtung und einen von
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