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Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Titel: Deine Lippen, so kalt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Garvey
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aus wie mein Biolehrer aus der siebten Klasse. Sein Haar war auf eine Seite gekämmt, um eine kahle Stelle zu überdecken, und er trug ein fleckiges weißes Hemd mit Button-Down-Kragen und eine Khakihose, die aussah, als wäre der Schmutz das einzige, was sie noch zusammenhielt.
    »Wir machen viele Geschäfte über das Internet«, sagte er, als er bemerkte, wie mein Blick durch den Laden wanderte. »Spezielle Bestellungen.«
    »Das freut mich für Sie«, sagte ich und guckte die Bücher durch, die auf dem Regal aufgereiht waren. Viele von ihnen sahen nach Hexerei light aus, aber es gab auch eine gute Handvoll älterer Bücher, zerlesene Ausgaben mit Rücken aus gebrochenem Leder oder Leinen. Ich suchte drei aus und trug sie zum Tresen, wo Gruselkauz eine buschige schwarze Augenbraue hob.
    »Ziemlich anspruchsvolle Lektüre hast du dir da ausgesucht, Mädchen.«
    »Ich bin Mitglied bei Mensa«, entgegnete ich und zückte mein Portemonnaie.
    »Intelligenz hat damit nichts zu tun.«
    »Cool. Dann können Sie die Bücher gerne bei mir ausleihen, wenn ich damit durch bin.« Ich schenkte ihm ein süßes Lächeln und wartete. »Nennen Sie mir jetzt einen Preis, oder was?«
    Er schüttelte den Kopf, aber er packte mir Das Burnside Grimoire , Das Kompendium der Schattenmagie und ein Buch von Aleister Crowley ein. Ich hatte im Internet gelesen, dass er zur Zeit der Jahrhundertwende ein berühmter Okkultist gewesen war, der sich mit allen möglichen Ausprägungen dessen beschäftigte, was er Magick nannte. Ich konnte von Glück sagen, dass ich meine Rückfahrkarte schon gekauft hatte – Gruselkauz knöpfte mir beinah hundert Dollar ab, meine gesamten Ersparnisse.
    »Viel Glück«, rief er mir nach, als ich ging, die braune Papiertüte mit den Büchern im Rucksack verstaut. Ich schloss die Augen und konzentrierte mich, und genau in dem Moment, als die Tür hinter mir zufiel, quoll eine Wolke aus dunkelgrauem Rauch in den Laden, sie kitzelte die Rückseite meiner Beine.
    Es war bloß Rauch, kein Feuer, und es war erbärmlich und falsch, aber das war mir egal. Ich kaufte mir eine Cola an einem Kiosk an der Ecke und verbrachte die Heimfahrt niesend, die Nase in den muffigen Büchern vergraben.
    Je mehr ich recherchierte, desto unheimlicher hätte es mir werden sollen. Wenn man sich dabei ertappt, wie man Alraunenwurzeln im Internet bestellt, wäre wahrscheinlich ein guter Zeitpunkt, ernsthaft in Frage zu stellen, was man da treibt.
    Aber je mehr ich las, Seite um Seite über Herbeirufungszauber und Mondphasen und Energieströme, desto klarer sah ich Dannys Gesicht wieder vor mir. Nicht das wächserne, leere, auf das ich in seinem Sarg geblickt hatte. Danny, lachend, das Haar aus der Stirn schüttelnd, wie er die Augen über Beckers schwache Borat-Imitation rollte, sich zu mir beugte, um mich zu küssen, sein voller weicher Mund auf einer Seite zu einem Lächeln gebogen.
    Ich wollte ihn zurückhaben. Ich wollte ihn so sehr zurückhaben, dass ich an nichts anderes mehr denken konnte. Jede Stelle, auf die mein Blick fiel, wurde plötzlich zu einem Ort, an dem Danny nicht war. Meine Hände waren leer, weil Danny sie nicht mehr hielt. In meinem Zimmer dröhnte die Stille, weil Danny nicht da war und alberne Dinge flüsterte, um mich zum Lachen zu bringen – oder zum Schaudern.
    Es schien das einzig Richtige zu sein. Danny gehörte mir, ich gehörte ihm, und das mit uns konnte nicht funktionieren, solange er tot war. Also würde ich dafür sorgen, dass er nicht tot war – nicht mehr. Ich dachte nicht weiter als daran, wie es sein würde, ihn wieder zu küssen, meine Arme um ihn zu schlingen und meinen Kopf an seiner Schulter zu vergraben.
    Das war mein erster Fehler. Er stellte sich auch als mein größter heraus.
    Gabriel fährt sich mit einer Hand durchs Haar, seine Lippen sind zu einem schmalen Strich zusammengepresst. »Und dann?«
    Den starken Tee, den er mir gebracht hat, habe ich bereits nach der Hälfte der Geschichte ausgetrunken, und jetzt ist mein Hals furchtbar trocken. »Ich musste den richtigen Zeitpunkt abwarten.«
    »Vollmond?«
    Ich nicke, während ich gleichzeitig hasse, was ich in seinen Augen lese. Mitleid, Entsetzen und so was wie Ehrfurcht, wenn auch nicht von der guten Sorte. Eher die mit der Betonung auf Furcht .
    »Erzähl es mir«, sagt er zum wahrscheinlich dreißigsten Mal. »Die Einzelheiten, Wren.«
    »Was spielt das für eine Rolle?« Ich schnaube wütend und lasse mich gegen die Rücklehne des Sofas

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