Deine Lippen, so kalt (German Edition)
Schritt zurück. »Dann kommt mal rein. Wir sollten das besser nicht vor den Nachbarn besprechen.«
Ein betagter, übergewichtiger Beagle hebt schlaftrunken den Kopf, als wir ins Zimmer kommen, und scheint sofort wieder einschlafen zu wollen. Im nächsten Moment aber zuckt er zurück, denn er hat Danny entdeckt, der hinter mir den Raum betritt. So schnell es seine kurzen stämmigen Beinchen erlauben, springt er auf und knurrt ihn aus tiefster Kehle und mit gesträubtem Fell an. Dabei fletscht er seine gelben Zähne.
»Interessant«, sagt Rosalie mit hochgezogener Augenbraue und neigt den Kopf, während sie zusieht, wie der Körper des Hundes zu zittern beginnt. »Okay, Barker, kein Grund, sich aufzuregen. Bin gleich wieder da, ihr Hübschen.« Sie schnappt sich den Hund, flüstert etwas Beruhigendes in sein Ohr und verschwindet den Flur runter, wo kurz darauf eine Tür fest geschlossen wird.
Danny scheint es nicht mal aufgefallen zu sein, dass der Hund im Begriff war, ihm die Kehle rauszureißen, oder es ist ihm schlichtweg egal, dafür hat es Olivia umso mehr mitgenommen. Sie nimmt einen Stapel Zeitungen von einem Stuhl in der Ecke des vollgestopften Wohnzimmers, setzt sich und starrt die Autoschlüssel an, die sie nach wie vor mit einer Hand umklammert. Als Rosalie zurückkommt, stehen Danny und ich noch immer unbeholfen in der Mitte des Raumes wie zwei Schauspieler, die im falschen Akt auf die Bühne spaziert sind.
»Komm mit in die Küche, Kindchen«, ruft Rosalie. »Du bleibst hier sitzen«, befiehlt sie Danny. Als ob das fruchten würde. Er sträubt sich wie eine in die Enge getriebene Katze und klammert sich nur noch fester an mich.
»Wren.« Es klingt wie das Knurren des Hundes und ich unterdrücke ein Schaudern.
»Ist schon gut, Danny.« Ich zupfe an seiner Hand, bis er den Blick von Rosalie abwendet, die, das muss man ihr lassen, erstaunlich unbeeindruckt scheint. »Danny.«
Als ich endlich seine Aufmerksamkeit habe, konzentriere ich mich und schicke einen Energiestoß durch unsere verbundenen Hände. Dabei denke ich so fest ich kann Bleib in seine Richtung. Unter meiner Haut kribbelt es, nur kurz, aber so heiß, dass es mich zu verbrennen droht, und Danny starrt mich unverwandt an, bis er schließlich meine Hand loslässt, zurückweicht und auf dem Sofa landet. Er blinzelt einmal, sagt aber kein Wort mehr.
»Wie durch Zauberei«, sagt Rosalie, als ich ihr einen Blick über die Schulter zuwerfe, und ihr Mundwinkel verzieht sich zu einem fiesen Grinsen.
Das ist nicht fair. Ich schlucke das zornige Aufflackern der Energie runter, die in mir lodert, und folge ihr in die Küche. Es riecht nach Hundefutter und angebranntem Kaffee, aber wenigstens sieht es sauber aus. Ich nehme auf einem Stuhl ihr gegenüber am Küchentisch Platz.
»Na schön.« Sie öffnet mit einem kurzen Zischen eine Flasche Diätlimo und trinkt einen Schluck. »Willst du mir jetzt etwas über deinen untoten Romeo erzählen?«
Falls das zum Test gehört, werde ich ihn mit Sicherheit nicht bestehen. Eine Minute starre ich sie nur mit offenem Mund an, ohne eine Idee zu haben, was ich darauf antworten soll, denn die einzigen Dinge, die mir einfallen, wären unverschämter als alles, was selbst ich mir erlauben kann.
»Hey, wenn dir das wie Zeitverschwendung erscheint«, sagt sie und beobachtet mein Gesicht. »Olivia hat mir nicht die ganze Geschichte erzählt, aber es ist ziemlich klar, dass dem Jungen zumindest eine Sache fehlt, und das ist ein Herzschlag. Und ich bin nicht sicher, was du von mir erwartest, was ich deswegen tun soll.«
»Helfen Sie mir«, platze ich, ohne nachzudenken, heraus. »Helfen Sie mir rauszufinden, wie …«
Die Worte verlieren sich und an ihre Stelle tritt Schweigen. Es wird nie eine gute Art geben, diesen Satz zu beenden.
»Wie was?«, bellt Rosalie und beugt sich mit zusammengekniffenen Augen über den Tisch zu mir. »Kindchen, wenn du den Saft hattest, dieses ein Meter achtzig große Sahnetörtchen von den Toten zurückzubringen, rangierst du ein paar Gehaltsstufen über mir.«
Ich weiß, das ist unmöglich, aber plötzlich fühlt es sich an, als wäre die ganze Luft aus dem Raum gesaugt worden. Meine Lungen brennen, so schwer fällt mir das Atmen. Sie beben, während mein Herz zwischen ihnen hämmert. Sie sollte mir helfen, und wenn sie es nicht kann, wenn sie nicht …
»Ein Beschwörungszauber.« Es ist ein raues Krächzen, aber es ist alles, was ich für eine Weile herausbekomme. Rosalie sitzt
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