Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Deine Seele in mir /

Deine Seele in mir /

Titel: Deine Seele in mir / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
Vom Netzwerk:
aller Versprechen.
    Elena, die an der überfüllten Cocktail-Theke mittlerweile einen Platz für uns ergattert hat, winkt uns heran. Amy schiebt sich dicht vor mir durch die Masse der Tanzenden, die sich für sie spaltet wie das rote Meer vor Moses. Kein Wunder, bei diesem Anblick.
    Stolz erfüllt mich, als ich die neidischen Blicke einiger junger Kerle auf mir spüre.
    »Na, habt ihr Spaß?«, fragt Elena strahlend, und Amy nickt so begeistert, dass es locker für uns beide reicht. Mit den riesigen Cocktails, die Elena bestellt hat, prosten wir uns zu.
    »Auf die Schwester, die ich glaubte, verloren zu haben. Und auf dich, Matty, der sie uns zurückgebracht hat.« Theatralisch hebt Elena ihr Glas.
    »Nein!«, protestiert Amy. »Nicht nur auf uns. Ich trinke auf dich und auf Sam und Jenny. Ich bin so froh, dass ich euch habe!«
    Gerührt haucht Elena ihrer Schwester einen Kuss auf die Wange, die beiden umarmen sich fest. Der Abschied, der uns sehr bald schon bevorsteht, liegt nun deutlich in der Luft.
    »Du musst mir versprechen, dass du mich bald besuchen kommst«, verlangt Amy.
    »Zu Ostern habe ich ein paar Tage frei, da komme ich sicher. Ich muss Kristin und Tom doch kennenlernen.« Elena neigt den Kopf. »Sag mal, ist das nicht komisch für dich, bei den beiden zu wohnen, wenn Mom und Dad doch eigentlich noch als
die wahren Eltern
in deinem Bewusstsein verankert sind?
    Amy denkt lange nach, bevor sie antwortet. In dieser Hinsicht kommt sie nach Peter. Keine unbedachten Antworten.
    »Na ja, es ist komischerweise nicht so, dass Kristin und Tom mir fremd sind. Irgendwo in meinem Unterbewusstsein waren sie immer da, und ich kann mich noch gut an sehr viele Dinge aus meinen ersten Lebensmonaten erinnern. Kristin hat sich so über mich gefreut; sie hatte wirklich eine Engelsgeduld mit mir. Tom hat mich immer nur seine ›Prinzessin‹ genannt und auch so behandelt. Ich habe auch sie lieb, Elena«, gesteht sie.
    Keine der beiden Mädels hat auch nur die leiseste Ahnung, wie groß die Last ist, die mir in diesem Moment vom Herzen fällt. Die ganze Welt könnte ich umarmen, so glücklich bin ich.
    Das Einzige, was meine Stimmung in den vergangenen Tagen immer wieder getrübt hatte, waren meine Gedanken an Kristin und Tom gewesen – und die Feststellung, dass Amy derart unbekümmert und glücklich wirkte, als ob sie die beiden aus ihrem Bewusstsein verdrängt hätte.
    Ein Irrtum, Gott sei Dank.
    Sie schien wirklich die unglaubliche Gabe zu besitzen, ihr altes mit ihrem neuen Leben verknüpfen zu können.
    »Was ist los, Matt? Du strahlst ja«, stellt Elena fest.
    »Kein Wunder, Elena«, meint Amy. »Diese Reise hat all unsere Erwartungen und Träume bei weitem übertroffen. Und Matty weiß, ebenso wie ich, jetzt genau, wo er hingehört. Wir haben eine große, unkonventionelle Familie, und dabei waren wir beide bis vor kurzem noch schrecklich allein. Also, lass ihn strahlen! Er hat allen Grund dazu.«
    Besser hätte ich es nicht formulieren können, und so übe ich mich ein weiteres Mal in stillem Nicken.
    »Wart ihr eigentlich noch mal an der Stelle, wo es passiert ist?«, möchte Elena später plötzlich wissen und sieht uns vorsichtig an. Zaghaft versucht sie, einen Weg zu finden, ihre Fragen zu stellen und dabei nicht zu weit zu gehen. Amy und ich nicken bereitwillig.
    »Ja«, antworte ich. »Wir waren heute Nachmittag unten am Bach, bevor wir den Berg bestiegen haben. War komisch, na ja … es ist vorbei. Und dass deine Schwester – wenn auch in einem neuen Körper – zu uns zurückgefunden hat, macht die Sache für mich einigermaßen erträglich. Wir haben beschlossen, das alles endgültig hinter uns zu lassen.«
    Meine Erläuterung ist zwar nur sehr knapp, doch Elena nickt und lässt es dabei bewenden. Amy jedoch sieht mich innig an und drückt zärtlich meine Hand. Eine weitere Erinnerung, die nur wir beide in ihrer Vollständigkeit kennen und miteinander teilen, verbindet uns seit diesem Nachmittag.
    Amy war genau an der gleichen Stelle wie damals in das Feld eingebogen und hatte mich erbarmungslos an ihrer Hand hinter sich hergeschleppt. Mein Herz klopfte wie wild, als wir so vertraut über dieses weite Feld liefen.
    Dann verlangsamte Amy plötzlich ihren Schritt, und der Griff ihrer Hand festigte sich deutlich. Es war die Stelle, an der das Feld in die kleine Waldböschung übergeht. Die Bäume waren jetzt, an der Schwelle zum Frühling, natürlich viel kahler als an jenem Tag vor so langer Zeit. Damals hatte

Weitere Kostenlose Bücher