Deine Seele in mir /
ich habe tolle Nachrichten. Was hältst du davon, wenn wir endlich unseren Traum wahr machen? Unser Haus am See. Ich habe mit Tom gesprochen, und er will es uns bauen …«
Natürlich kommt nicht die geringste Reaktion.
Ich beginne, die Beuge- und Streckbewegungen mit Amys Armen und Beinen zu machen, knete ihre Muskeln, um sie zu lockern. Dann drehe ich sie behutsam auf die Seite. Ihr Gesicht ist derart blass, starr und … leer, dass es mir in diesem Moment so leblos wie noch nie zuvor erscheint.
Als die tiefe Angst, Amy womöglich endgültig verloren zu haben, wieder Besitz von mir ergreift und mich zu ersticken droht, falten sich meine Hände plötzlich wie von selbst.
»Bitte, bitte, lass sie zurück in dieses Leben finden.«
Es kommt nicht sehr oft vor, dass ich bete, aber was bleibt mir anderes übrig? Ich bin so hilflos wie jeder andere auch.
Die kommenden Wochen werden turbulent, allerdings nur, was den Hausbau angeht. Ich begutachte das Grundstück mit Tom, und er befindet es für gut, also kaufe ich es. Daraufhin gibt es eine Menge Papierkram zu erledigen: Unterlagen zusammentragen und einreichen, Bodengutachten erstellen lassen, Baustrom beschaffen. Bald schon kommt es mir so vor, als würde ich nur noch Formulare ausfüllen.
Vier Wochen nach unserer Rückkehr aus Saint Toulouse sehe ich schließlich ein, dass ich nicht länger drum herumkomme, wenigstens vormittags wieder arbeiten zu gehen. Schließlich kann und will ich Kristin und Tom nicht auf der Tasche liegen.
Megan und John begrüßen mich alles andere als freundlich. Ich bin mir sicher, Megan würde mich entlassen, wäre ich ihr Angestellter und hätte ich mich nicht im letzten Frühling in die Praxis eingekauft. Ich lasse neue Visitenkarten mit meinen geänderten Zeiten erstellen, und Mary ist so freundlich, mir einen Großteil der aufgebrachten Patienten vom Hals zu halten. Sie ist wirklich die beste Freundin, die man sich nur denken kann – und das lasse ich sie auch wissen.
»Nicht gerade das, was ich am liebsten für dich wäre, aber immerhin … danke!« Sie haucht mir einen Kuss auf die Wange.
Ihre Worte lösen Zweifel in mir aus. »Mary, ich möchte dir nicht weh tun oder dir das Gefühl geben, du seist mir nicht wichtig. Wenn das alles zu hart für dich ist, dann musst du mir das zu verstehen geben, okay? Und zwar mit dem Vorschlaghammer, wenn ich es anders nicht kapiere. Du weißt, ich bin ein Mann, und wir stellen uns manchmal ein bisschen … na ja, dumm an, was Gefühle angeht.«
Sie lacht. »Manchmal? Ein bisschen? Nein, keine Bange! Ich bin ein großes Mädchen. Also, rein körperlich betrachtet nicht wirklich, aber … ich kann damit umgehen. Ehrlich, es ist okay, Matt!«
[home]
XXVII. Kapitel
A n Karfreitag ist es so weit. Trotz der momentan schwierigen Situation macht Elena ihr Versprechen wahr. Bereits seit über einer halben Stunde stehe ich an dem kleinen, verwaist wirkenden Bahnhof, als ihr Zug endlich einfährt. Sie hatte mich angerufen und mir erklärt, dass es etwas später werden würde, doch offensichtlich hat sich die Ankunftszeit noch weiter verschoben. Das Wetter ist ungewöhnlich mild für diese Jahreszeit. Krokusse und gelbe Narzissen blühen schon lange überall, und das Zwitschern der Vögel ist nicht mehr zu überhören.
Die Sonne wärmt noch nicht so richtig, aber seit einigen Tagen finden ihre Strahlen durch die Wolkendecke und reißen immer größere Löcher in das dichte Weiß.
Mit einem ohrenbetäubenden Quietschen hält der Zug nur wenige Meter vor mir. Hier draußen, so abgelegen von der Stadt, steigen nur sehr wenige Personen zu und aus, und so finde ich Amys Schwester sofort.
»Elena!« Ich winke ihr zu. Ruckartig dreht sie mir ihren Kopf zu und läuft mir mit einem Lächeln im Gesicht entgegen. Gott, sie sieht Amy so ähnlich.
»Hallo Matt!« Sie reckt sich, schließt ihre Arme um mich und drückt mich fest.
»Hallo Lena«, erwidere ich. »Schön, dass du da bist. Ich habe direkt vor dem Eingang geparkt.« Ich nehme ihren Koffer und ihre Reisetasche an mich und weise mit der Nase in die richtige Richtung. Trotz ihres Gepäcks in meinen Händen hakt sich Elena bei mir unter. Sie brabbelt drauf los, als würden wir uns schon ewig kennen, und so kommt es mir auch vor.
»Oh, Mann! Ich dachte schon, diese Fahrt endet nie. Andauernd hielt der Zug wegen irgendwelcher Schienenarbeiten …« Ihre Stimme versickert in den Tiefen meiner Gedanken.
Je mehr ich realisiere, wie ähnlich sie ihrer
Weitere Kostenlose Bücher