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Deine Seele in mir /

Deine Seele in mir /

Titel: Deine Seele in mir / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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hasste Rosa«, schießt es aus mir heraus. »Eventuell sollten wir ihr Zimmer umgestalten.«
    Ich unterbreite meinen Vorschlag mit geducktem Kopf.
    Entsetzen steht den beiden ins Gesicht geschrieben, und für einen kurzen Moment absoluter Stille bin ich mir sicher, den Bogen überspannt zu haben. Kristin und Tom wenden sich einander zu und tauschen einen langen Blick aus.
    Und dann, ohne jede Vorwarnung, prusten sie gleichzeitig los. Sie lachen so laut, dass ich erschreckt zusammenfahre.
    Verständnislos schaue ich von Kristin zu Tom und wieder zurück, doch die beiden sind momentan nicht in der Lage, sich zu erklären. »Was ist denn los?«, frage ich immer wieder, ohne eine Antwort zu erhalten. Sie lachen und lachen, minutenlang.
    Es mag ja etwas Befreiendes haben, dennoch bin ich froh, als Tom seinen Anfall endlich unterbricht. »Ach, Matt!« Er grinst und fährt sich über das Kinn. »Wir hatten schon das alte Babyzimmer unserer Tochter exakt so gestrichen wie dieses hier. Als wir umzogen, taten wir uns sehr schwer damit, ihr neues Zimmer zu gestalten. Sie war mittlerweile eine junge Frau, und wir hätten ihren persönlichen Raum gerne etwas verändert, ihrem Alter angeglichen. Allerdings waren die Ärzte strikt dagegen, dass wir ihr Zimmer neu gestalteten, und so richteten wir alles wieder so ein, wie es zuvor gewesen war. Und nun ...«, er lacht wieder und wischt sich eine Träne aus den Augenwinkeln, »... nun kommst du und sagst uns, dass sie Rosa hasst. Die Farbe, die sie seit Jahrzehnten umgibt. Meine Güte, ich möchte nicht wissen, was wir sonst noch alles falsch entschieden haben.«
    Jetzt erst bemerke ich die gut getarnte Verbitterung, die seinem Lachen anhaftet.
    »Gar nichts«, versichere ich ihm schnell, aus Angst, die Stimmung könne kippen. »Ich meine, Fehler machen wir doch alle. Aber das Entscheidende habt ihr richtig gemacht, zu jeder Zeit: Ihr habt sie immer geliebt ... und ... ehrlich, nicht viele Eltern hätten so offen auf mich und auf all das Wunderliche, das ich euch ins Haus gebracht habe, reagiert.«
    »Schon gut.« Tom wirkt verlegen. »Also, welche Farbe darf es denn sein?« Es ist diese trockene Art, die ihn so sympathisch macht.
    Ich muss nicht lange überlegen. »Amy mag Orange, Rot und Gelb. Leuchtende Farben.«
    Kristin nickt. »Hm ... Amy«, wiederholt sie sehr leise, als wolle sie sich diesen Namen gut einprägen. Ein wenig Melancholie liegt in ihrem Blick.
    »Wir sollten uns darauf einigen, sie nur noch Amy zu nennen«, sage ich bestimmt.
    Kristin und Tom schmerzt diese Entscheidung offensichtlich sehr, doch nach einer kurzen Gedankenpause willigen sie tapfer ein. Ich kann nachvollziehen, dass es ihnen so vorkommt, als würden sie einen Teil ihrer Tochter zusammen mit ihrem Namen beerdigen.
    Umso erstaunter bin ich, wie diszipliniert sich die beiden in den folgenden Tagen daran begeben, unseren Plan in die Realität umzusetzen. Sie konzentrieren sich so sehr, wenn sie mit Amy sprechen, dass kein einziges
Julie
mehr von den Lippen schlüpft.

[home]
VIII. Kapitel
    I ch erschwindele mir etliche freie Tage von der Praxis, indem ich behaupte, mir eine schwere Grippe eingefangen zu haben. Mary, die natürlich eingeweiht ist, bitte ich um ihre Deckung, die sie mir auch sofort zusagt.
    Nun habe ich die Ruhe, mich mental vollends auf Amy einzustellen.
    »Hey, hallo du«, begrüße ich sie bereits am Morgen nach dieser langen Nacht, die ich Pläne schmiedend mit Kristin und Tom verbracht habe.
    »Hast du gut geschlafen? Hoffentlich besser als ich.«
    Vorsichtig lasse ich mich neben ihr auf der Bettkante nieder und fasse nach ihrer Hand. Schlaff liegen ihre Finger in meinen.
    Ich sehe ihr direkt in die Augen, auch wenn es so scheint, als würde sie durch mich hindurchsehen. »Amy, es tut mir so leid, dass ich dich nicht schon früher erkannt habe. Aber jetzt weiß ich Bescheid, und du kannst dich auf mich verlassen. Ich bleibe bei dir, Amy!«
    Sie lächelt. Zumindest fast.
    Es ist nur eine minimale Reaktion, kaum mehr als ein Zucken ihrer Mundwinkel, aber immerhin, es ist eine Reaktion.
    Erleichtert stelle ich fest, dass sie fieberfrei ist. Ich trage sie in den großen Wohnraum und jubele innerlich auf, als sie aufsteht und zum gedeckten Frühstückstisch geht. Es wirkt gewohnt mechanisch, doch sie löffelt ihr Müsli und isst auch ihren Apfel. Gott sei Dank geht es ihr besser.
    Plötzlich flackert eine Erinnerung in mir auf.
    »Habt ihr Orangensaft?«
    Kristin nickt. Stumm gießt sie

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