Deine Seele in mir /
augenblicklich erfasst. »Ich weiß nicht wie, Matty. Ich kann es nicht beeinflussen«, gestehe ich ihm.
»
Doch, Amy!« Sein Ton festigt sich. »Es liegt an deinen Gedanken. Du darfst dich nicht treiben lassen. Versuch einfach, bei mir zu bleiben. Bitte.«
»
Aber ich bin doch so oft bei dir, spürst du das denn nicht?«, frage ich in meiner Verzweiflung.
Doch Matt schüttelt den Kopf, noch bevor ich meinen Satz beendet habe. Behutsam streckt er eine Hand aus und lässt sie über meinen Arm gleiten. Wie Schmetterlingsflügel berühren mich seine Fingerspitzen und hinterlassen ein zartes Kribbeln auf meiner Haut.
»
Nein, Amy, ich spüre es nicht. Du musst mir folgen – in die wirkliche Welt. Das Leben dort draußen mag ein anderes sein als das, was du von früher kennst und nach dem du dich sehnst. Aber es hat eine Chance verdient, meinst du nicht? Und ich warte auf dich, Amy.« Dann steht er auf.
Ohne mich abzuwenden, entferne ich mich von ihr.
Diese unbekannte Macht zieht mich erneut von ihr weg, während ich sie weiter unverwandt ansehe. Wieder, wie schon beim ersten Mal, streckt Amy ihre Hände nach mir aus. Es zerreißt mir fast das Herz, sie so zu sehen.
»Bleib bei mir, Matt. Bitte!«, ruft sie verzweifelt. Doch ich widerstehe dem Drang, nach ihr zu greifen, und ergebe mich dem Sog. Lasse mich treiben, denn
mein
Weg ist der einzig richtige.
»Ich kann nicht, Amy. Du musst mit mir kommen. Ich warte auf dich, ich bin für dich da. Komm mit mir, Amy!«
Als ich wieder zu mir komme, beuge ich mich über sie und lege den dichten Vorhang ihrer dunklen Haare ein wenig zur Seite.
»Ich bin für dich da, Amy«, flüstere ich in ihr Ohr und gebe ihr einen vorsichtigen Kuss auf die Schläfe. Als ich zurückweiche und sie ansehe, bemerke ich die Tränen, die aus ihren starr blickenden Augen rinnen. Gleichzeitig zucken ihre Mundwinkel.
Und dann lächelt sie – weinend.
Amy!, denke ich.
Die nächsten Tage sind von kleinen Veränderungen ihres Alltags geprägt. Kristin nimmt Amys Haare nun nicht mehr zu einem Pferdeschwanz zusammen wie bisher. Sie lässt sie offen, so wie in meinen Visionen. Gekleidet wird Amy ausschließlich in den modernen Outfits, die Mary wirklich hervorragend ausgewählt hat. Amy sieht toll aus – ganz gleich, wie Kristin die Blusen, Pullover, Hosen und Röcke auch miteinander kombiniert.
Ich komme morgens, noch bevor Amy erwacht, und gehe erst in der Nacht, wenn sie schon schläft und ich mich mit Tom und Kristin über die Ereignisse des Tages ausgetauscht habe.
Viel Schlaf bekomme ich in diesen Tagen nicht, doch wenn ich nun schlafe, dann erhole ich mich wirklich.
Tagsüber verbringe ich die meiste Zeit mit Amy auf dem Fußboden. Stundenlang, tagelang wiegen wir uns gemeinsam in ihrem Rhythmus.
Amys Reaktionen werden immer deutlicher.
Sie streichelt über meine Hände, ihr Lächeln wird langsam, aber sicher zu einem kleinen Lachen. Sie bewegt die Lippen und begleitet mich lautlos, wenn ich unseren Schwur aufsage. Sie blinzelt nun häufiger als zuvor, und wenn ihr Blick klar wird, dann geschieht das meist schon für etliche Sekunden.
Ich versuche, wirklich alle Veränderungen zu registrieren. Jedes noch so bedeutungslos erscheinende Detail notiere ich mir, um nur ja keine ihrer Botschaften zu übergehen.
In dem neuen Tagesrhythmus hat es sich so eingespielt, dass ich Amy morgens als Erster begrüße, und so betrete ich nun schon am neunten Morgen nacheinander ihr Zimmer.
Ich ziehe die Vorhänge zurück, wende mich um und ... blicke auf ihr leeres Bett.
»Amy!«, rufe ich erschrocken und komme mir in dem Moment schon reichlich dämlich vor. Als ob sie antworten würde: »Ja, Matt! Hier bin ich ...«
So ein Quatsch!
Stattdessen schallt Kristins besorgte Stimme hinauf. »Ist sie nicht in ihrem Zimmer, Matt?« Schon steht sie neben mir. Gemeinsam gehen wir auf die Suche. Kristin öffnet die Tür zu Amys Badezimmer, doch auch hier ist sie nicht.
Im elterlichen Schlafzimmer liegt lediglich ein leise schnarchender Tom, und somit bleibt nur noch ein einziger Raum übrig.
Kristin drückt die Klinke herab und öffnet die Tür, jedoch nur einen kleinen Spalt. Weiter kommt sie nicht.
»Amy sitzt davor.«
Tom erscheint im Korridor. Er gähnt hinter vorgehaltener Hand. »Wir können sie unmöglich dort sitzen lassen. Sie verkühlt sich ja total auf dem kalten Holzboden.«
Wir versuchen unser Glück noch eine Weile, doch dann bittet mich Tom, mit ihm zu kommen. Er zieht sich seine
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