Deine Seele in mir /
Filmriss, von dem Moment an, als der Typ ...«
Meine Stimme versagt.
»Ja? Was hat er getan?«, fragt Amy sehr sanft. »Ich weiß nicht, was er dir angetan hat, Matty. Ich komme nicht weiter zurück als bis zu dem Augenblick, in dem sie uns fanden«, erklärt sie mir und streichelt über meinen Handrücken. »Sprich mit mir. Bitte!«
Plötzlich komme ich mir ziemlich lächerlich vor. Es geht doch um Amy und nicht um mich. Verdammt noch mal, es ist ihr erster Tag. Müssen wir ihn mit diesen Erinnerungen verderben?
Ein Blick in ihre Augen bestätigt mir, dass wir müssen.
Ich atme tief durch und sehe auf unsere Hände herab. »Dieser Kerl ... Als er von dir ließ und ... seine Hose wieder ... du weißt schon ...« Sie nickt. Aus den Augenwinkeln heraus beobachte ich sie achtsam und ein wenig ängstlich, doch sie wirkt gefasst. Im Gegensatz zu mir. »Er drehte sich einfach um und legte seine Hand um meinen Hals, so wie zuvor bei dir. Er hat sehr fest zugedrückt, und ich war mir sicher, nun zu sterben. Alles verschwamm bereits, eine seltsame Gleichgültigkeit stellte sich ein. Doch plötzlich – ich habe bis jetzt keine Ahnung warum – ließ er von mir ab und stürmte davon. Dieses verschwommene Bild, wie er sich immer weiter entfernte, ist das Letzte, an das ich mich erinnern kann.«
Ich spüre den Schauder, der Amys Körper erfasst.
Wie automatisch legen sich meine Finger um ihre Hand und streicheln sie sanft.
»Man hat ihn nicht ... oder?« Ihre Frage ist nicht mehr als ein ersticktes Flüstern.
»Nein. Man hat ihn nicht gefasst. Wenn er noch lebt, läuft er vermutlich frei herum. Es ... hat mich fast verrückt gemacht, dass ich den Ermittlern keine brauchbaren Hinweise geben konnte.«
Erstaunt schaut sie zu mir auf. Mitleid spiegelt sich in ihrem Blick wider, doch dann gewinnt ein eigenartiger neuer Ausdruck die Macht über ihre schönen Augen. Erst als sie ihre Hand aus meiner löst, kapiere ich, dass es Wut ist.
»Du hast
dir
Vorwürfe gemacht, weil sie ihn nicht geschnappt haben?«, fragt sie. Eine tiefe Falte hat sich zwischen ihren Augenbrauen gebildet.
»Natürlich. Jeden Tag ... bis heute ...«
»Matty!« Ihre Stimme überschlägt sich fast vor Empörung.
»Nein, Amy«, wehre ich ab. Es gibt keine Entschuldigung für mein Versäumnis. »Ich hätte meine Chance nutzen müssen.
Mich
hat er schließlich verschont. Ich hätte mir jedes Detail dieses Bastards merken müssen. Irgendetwas Markantes, aufgrund dessen man ihn hätte überführen können.«
»Matt!« Amy unterbricht meinen Monolog fast schon schreiend. »Er hat dich verschont, sagst du?
Er
hat
dich
verschont?«
Mit vor Zorn verengten Augen schüttelt sie den Kopf.
Sie schaut mich an, als hätte ich meinen Verstand verloren, als käme jede Hilfe zu spät. Dann atmet sie einige Male tief durch. Offensichtlich ringt sie um Fassung.
Schließlich gewinnt Amy den Kampf gegen ihr Temperament und ringt sich ein gequältes Lächeln ab.
Der angespannte Unterton in ihrer Stimme bleibt mir jedoch nicht verborgen. »Entschuldige. Ich habe dich unterbrochen. Du warst dabei, deine Geschichte zu erzählen ... Bitte.«
Froh darüber, dass sie es dabei bewenden lässt, fahre ich fort: »Danach gibt es nicht mehr viel zu erzählen, was du nicht schon weißt. Ich erwachte im Krankenhaus, meine Mutter saß neben mir und hielt meine Hand. Zunächst war ich mir sicher, nur schlecht geträumt zu haben, doch ein Blick in das Gesicht meiner Mom, und ...«
»... du wusstest, dass es wirklich passiert war ... oh, Matty!«
Die Wut hat sich gelegt . In Amys Blick schimmert Mitleid und lässt einen dicken Kloß in meinem Hals entstehen.
Ich schlucke. Vergeblich. Jederzeit würde ich geflissentliche Ignoranz aufrichtiger Anteilnahme vorziehen.
»Matt?« Amys Stimme ist kaum mehr als ein Flüstern.
»Hm?«
»Das mit deinen Eltern – es tut mir so leid!«
Ich spüre Amys Blick, doch ich bringe es einfach nicht fertig, sie anzusehen. Sie scheint mich zu durchleuchten, als wäre ich aus Glas.
»Ist schon okay«, erwidere ich leise.
»Nein, das ist es nicht.« Plötzlich ist die Wut in ihrer Stimme wieder da.
»Du hast so viele Dinge erlebt, die du nie verwunden hast, Matt. Es ist
nicht
okay! Wir müssen darüber reden. Wir müssen reden, reden, reden ...«
»Was gibt es da zu reden, Amy?«, höre ich mich rufen.
Es klingt impulsiv, erschreckend laut und viel zu barsch dafür, dass ich keine Ahnung habe, wie stabil Amy wirklich ist. Dennoch fahre ich
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