Deine Seele in mir /
mir, etwas sagen zu wollen.
»Einen Moment, John.« Fragend sehe ich Amy an, das Handy gegen meinen Brustkorb gepresst. Trotzdem hören wir beide, wie John weiter vor sich hinschimpft.
»Geh ruhig. Du kommst doch heute Abend wieder. Es ist wirklich okay«, ermutigt sie mich, doch etwas an ihrem Lächeln stimmt nicht. Es erreicht ihre Augen nicht, es ist nicht warm. Nicht ehrlich. Nur ein Herzschlag, dann ist meine Entscheidung gefallen.
»Kommt nicht in Frage. Du bist noch nicht stabil genug. Ich könnte keine Sekunde ruhig arbeiten, wenn ich dich allein zurückließe. Was, wenn ich abends komme und du wieder wippend, mit starrem Blick, auf dem Fußboden sitzt?«
Amy schweigt, und das ist mir Bestätigung genug für ihre eigene Unsicherheit. Dann, John unterhält sich noch immer aufgebracht mit meinem Oberkörper, schaut sie zu mir auf. »Nimm mich doch mit. ... Oder geht das nicht?«
Grübelnd sehe ich sie an; es vergehen etliche Sekunden bis zu meiner Antwort. »Na ja, das ginge schon. Du könntest bei mir bleiben, aber ... was würden Tom und Kristin sagen? Es ist dein erster bewusster Tag, und sofort reiße ich dich ihnen weg.«
»Wir müssen es ihnen erklären. Sie werden das sicher verstehen«, beschließt Amy. Nun ist ihr Lächeln warm und aufrichtig. Ihre schönen Augen strahlen. Noch ein Blick, dann führe ich mein Handy zögerlich zurück ans Ohr.
»John? ... Okay, ich komme. Bin in etwa einer Stunde da. So lange müsst ihr noch warten.«
»Ja, ist gut, das kriegen wir hin. Ist zwar blöd, aber wir kriegen es hin. ... Verdammt, beeil dich, Matt!« Schon hat er aufgelegt.
Amy erhebt sich und verschwindet in ihrem angrenzenden Badezimmer. Nur Sekunden später höre ich das Wasser der Dusche rauschen. Allein bleibe ich in dem großen Zimmer zurück und höre sie fröhlich vor sich hinträllern.
Ich höre, wie sie die Duschkabine öffnet, und kurz darauf das Quietschen einer Schranktür, als sich Amy ein frisches Handtuch nimmt. Es benebelt mich, wie surreal die Situation ist. Amy macht das alles so, als wäre es das Normalste der Welt. Und das ist es auch – nur eben nicht für sie.
Erneut klopft es an ihrer Zimmertür. Auf mein »Ja, bitte« hin lugt nun auch Tom durch den Türspalt. »Sie duscht«, erkläre ich, noch bevor er fragen kann, und bemerke im selben Moment mein Versäumnis. »Guten Morgen, Tom.«
»Guten Morgen.« Er schmunzelt. »Sie duscht ... wie du das sagst. Es ist ...«
»Ich weiß. Es ist ein Wunder.«
Tom nickt. »Das Frühstück ist fertig. Sag mal, Matt, müsstest du heute nicht eigentlich wieder arbeiten?«
»Doch! Mein Partner hat gerade eben angerufen. Ich muss unbedingt in die Praxis; dort herrscht das totale Chaos.«
»Aber – was machen wir mit Amy? Sie möchte doch sicher bei dir bleiben. Du kannst sie unmöglich allein lassen. Nicht jetzt schon, meine ich.« Panik schwingt in seiner Stimme.
»Ich weiß, und ich denke auch, dass es nicht gut wäre, sie allein zurückzulassen. Es gibt wohl keine andere Möglichkeit, als sie mitzunehmen. Amy hat es selbst vorgeschlagen.«
Toms Blick trübt sich, doch er hält meinem weiterhin stand.
»Ich werde meine Behandlungen etwas kürzer halten und auch auf die Mittagspause verzichten. Dann kommen wir heute Abend bestimmt pünktlich raus.«
Nach etlichen Sekunden ringt er sich ein Lächeln ab und nickt. »Gut. Wir haben so lange gewartet. Auf ein oder zwei Tage kommt es nun wirklich nicht an. Wir dürfen nichts riskieren«, beschließt er tapfer. »Ich gehe runter und sage Kristin schon mal Bescheid.« Beim Rausgehen zögert er einen Moment, dann wendet er sich noch einmal um. Nun verklärt ein aufrichtiges Lächeln sein Gesicht. »Nur Kristin und ich in diesem Haus.«
»Ja. Genießt es. Ich passe gut auf Amy auf.« In diesem Moment öffnet sich die Badezimmertür, und Amy erscheint im Türrahmen. Tropfnass, in ein großes Badetuch gehüllt, trocknet sie ihre Haare mit rubbelnden Bewegungen, die erstaunlich routiniert wirken.
»Guten Morgen!« Sie lacht Tom an.
»Guten Morgen, mein Schatz«, erwidert er nach einigen Sekunden, in denen er sie anblickt, als würde er sie gerade zum ersten Mal sehen. »Also, wir warten unten auf euch«, sagt er dann und schließt die Tür schnell hinter sich.
»Es ist eine komische Situation, nicht wahr?« Amys Frage ist rein rhetorischer Art, und so zucke ich nur mit den Schultern, bevor ich mich an ihr vorbei ins Bad zwänge.
»Ich muss noch meine Zähne putzen«, protestiert
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