Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Deine Seele in mir /

Deine Seele in mir /

Titel: Deine Seele in mir / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
Vom Netzwerk:
verweilen.
    »Das Letzte, was ich sah, waren deine Augen«, beginnt sie tonlos. »Du riefst nach mir. Ich konnte dich hören, obwohl du geknebelt warst und vor Angst außerstande, auch nur einen Mucks von dir zu geben. Du hast mich gebeten, bei dir zu bleiben. Und ich versprach es dir.«
    Amy hat keine Zweifel an ihren Worten. Ihre Sicherheit trifft mich. Und wirklich: Alles, was sie sagt, ist wahr. Ihr Blick geht ins Leere, sie streichelt meinen Handrücken.
    Ich warte.
    So lange sie braucht, ich habe Zeit.
    »Zunächst sah ich mein Leben an mir vorbeiziehen, in Tausenden von Bildern; und du hast nicht mal die leiseste Ahnung davon, in wie vielen dieser Bilder
du
vorkamst. Dann war da eine große Leere, auf eben dieser Zwischenstufe. Es ist komisch, denn dort fühlt man nichts. Keine Angst, keinen Schmerz, keine Freude. Nichts. Man ist völlig leer. Und so fühlte auch ich mich. ... Doch irgendwo war da wohl doch noch der Gedanke an dich. An deine Augen, an deine Angst, an mein Versprechen. Daran, dass ich keinen Tag ohne dich verbracht hatte. Und nun wusste ich nicht mal, wie es um dich stand. Diese Gedanken – und damit all meine Erinnerungen – begleiteten mich bis in mein neues Leben hinein. Vermutlich hätten diese Erinnerungen ausgelöscht werden sollen, aber ich war nicht in der Lage, sie loszulassen. Ich konnte ...
dich
nicht loslassen, Matt.«
    Sie blinzelt, und ich weiß, dass sie wieder da ist. Hier, jetzt, bei mir. Ihr Blick wandert auf unsere Hände. »Was auch immer uns verband – oder verbindet, sollte ich wohl besser sagen –, es war zu stark. Es war stärker als der Tod.«
    »Bist du deswegen so furchtlos?«
    Amy schaut unter ihren Wimpern, die so lang sind, dass sie Schatten auf ihre Wangen werfen, zu mir auf. Ihre Augen scheinen mich zu durchleuchten. Sie muss nichts sagen – ich sehe, was sie denkt.
    Wovor soll ich mich denn fürchten? Solange du bei mir bist, kann mir nichts passieren.
    In diesem Moment vergesse ich zu denken. Meine Arme legen sich um Amy; mit sanftem Druck ziehe ich sie an mich heran.
    »Wir gehören zusammen, Matt«, wispert sie gegen meine Schulter. Ihr Atem wärmt mich – viel mehr, als sie es erahnen kann.
    Ich lege einen Finger unter ihr Kinn und hebe es an. »Ja«, flüstere ich, bevor sich meine Lippen auf ihre herabsenken und ich sie zaghaft küsse. Amy zittert ein wenig. Ich schließe meine Arme noch fester um sie. Das Bedürfnis, sie zu schützen und zu wärmen, ist stärker als je zuvor. Dass ich selber ebenso zittere wie sie, bemerke ich erst einige Herzschläge später.
    Mit meiner Nase streiche ich über Amys Wange, hoch zu ihrem Ohr und wieder zurück, bis zu ihrem Kinn. Unser Atem kommt holprig, unsere Augen bleiben geschlossen.
    Fühlen reicht – alles andere wäre zu viel.
    Amy riecht so gut. Unsere Lippen finden erneut zueinander. Wir küssen uns sehr zärtlich, und dieser Kuss verdrängt alles andere aus meinem Bewusstsein. Ich vergesse den Tag, die Stunde, den Ort – ich vergesse sogar zu atmen, so dass mir bald schon schwindlig wird.
    »Matty«, haucht Amy schließlich. »Ich ... ich liebe dich.«
    »Schsch ...« Ich lasse meinen Zeigefinger zwischen unsere Lippen gleiten. Sie küsst ihn. Stirn an Stirn gelehnt, sehe ich ihr in die Augen.
    Jadegrün.
    Ich spüre, dass die Liebe in meinem Blick zu lesen sein muss, denn Amy liest. Sie liest in mir wie in einem offenen Buch.
    Dennoch möchte ich sicherstellen, dass sie alles genau versteht.
    »Du hast mich gehört, obwohl ich keinen Ton von mir gab, und du bist bei mir geblieben, obwohl es der Tod selbst war, der dich von mir trennen wollte. Du hast gewartet, bis ich dich wiederfand, und in der Zwischenzeit bist du keinen einzigen Tag von meiner Seite gewichen. Halt den Mund, Amy Charles! Ich brauche keine Worte!«
    Ihr Blick wandelt sich, wandert über mein Gesicht, bis sie mich wieder küsst. Stürmischer.
    Der zarte Duft von Lavendel und Honig erfasst mich, hüllt mich ein und raubt mir erneut jedes Verständnis für Zeit und Raum. Alles um uns herum rückt in den Hintergrund und verschwimmt, verliert an Bedeutung.
    »Matt«, wispert Amy nach einer unmessbaren Weile.
    Ich löse mich aus ihrer Umarmung und erhebe mich. Ein Blick durch das Fenster verrät mir, dass es wohl schon länger dunkel ist. Ein perfekter Vollmond beleuchtet den Sternenhimmel.
    »Ja, wir müssen zurück. Kristin und Tom machen sich bestimmt schon Gedanken.«
    Schweren Herzens verlassen wir die Wohnung. Als ich den Motor meines

Weitere Kostenlose Bücher