Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
Aargau. Nun ja, wahrscheinlich war auch das nichts anderes als ein halblegaler Trick, um Geld am Fiskus vorbeizuschleusen.
*
„Nein, das geht leider nicht, Paul: ich darf mich von dir nicht zum Mittagessen einladen lassen, erst recht nicht nach einer Befragung. Das könnte als Bestechung ausgelegt werden, obwohl es damit ja nichts zu tun hat.“ Peter Pfister lachte und erhob sich. „Ich werde mich mit der Polizeikantine begnügen müssen. Aber trotzdem vielen Dank.“
Paul Hintermeister begleitete seinen Gast zur Tür. Die attraktive Empfangsdame war verschwunden, die Bürolandschaft ausgestorben; während des Gesprächs hatte Peter Pfister kein einziges Mal das Klingeln eines Telefons aus dem Sekretariat gehört. Aus dem Papierchaos von Hintermeister hingegen waren alle paar Minuten verschiedene Töne hervorgedrungen, als ob auf mehreren Handys Nachrichten eingingen. Darauf angesprochen sagte der Makler, in seinem Beruf müsse man zwar jederzeit erreichbar sein, aber er trenne gerne Geschäftliches und Privates und habe deshalb zwei Handys. „Nicht jeder braucht meine private Nummer zu kennen, die gebe ich nur ganz wenigen Leuten – man hat ja auch noch ein Leben ausserhalb des Geschäfts, nicht wahr.“
„Bist du eigentlich verheiratet?“ fragte Peter, obwohl er die Antwort zu kennen glaubte.
„Geschieden bin ich, und das seit Jahren. Meine Kinder sind erwachsen, ich zahle mittlerweile keine Alimente mehr, nur noch Unterhalt für meine Ex, die sich weigert zu arbeiten. Na ja, das ist halt das Schicksal geschiedener Männer. Ich verdiene genug, um mir einen schönen Lebensstil zu leisten, aber heiraten werde ich sicher nie wieder, das schwöre ich.“
Sie sprachen noch ein paar Minuten über die Immobiliengeschäfte von Hintermeister, der auf die Vermittlung von hochwertigen Neubauten spezialisiert war. Im Gespräch tönte er an, dass er bei einem prestigeträchtigen Projekt in Biberstein sehr gut verdient hatte, obwohl man natürlich im Baugewerbe nicht den ganzen Profit über schriftliche Rechnungen laufen lasse, sonst fresse einem der Staat ja alles weg. „Da wird viel bar bezahlt, mein Lieber, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Ich könnte dir Stories von bekannten Unternehmern und Politikern erzählen, da überkommt einen das Grauen.“
In seiner Stimme war aber eher Bewunderung als Grauen zu hören, stellte Peter Pfister in Gedanken fest. Laut sagte er: „Keine Angst, das fällt nicht in mein Ressort, Paul, da wäre eher Matossi zuständig gewesen. Und abgesehen davon bin ich auch der Ansicht, dass der Staat zu viel Geld verbraucht, man kann ja nicht mal mehr seine Rente richtig geniessen.“
„Ja, da hast du eindeutig Recht. Meinem Freund Gion habe ich natürlich diese Geschichten nicht erzählt, aber er war trotzdem misstrauisch. Beweisen konnte er mir nie etwas, auch wenn er es immer wieder versuchte – ich war zu clever. Vermutlich hat sich auch deshalb unsere Freundschaft in den letzten Jahren mehr und mehr abgekühlt, er war ausserordentlich stur und liess nicht locker.“ Hintermeister wurde nachdenklich und schüttelte traurig den Kopf. „Und jetzt ist er tot und nimmt alle seine Geheimnisse mit ins Grab.“
„Was für Geheimnisse?“ fragte Peter erstaunt.
„Ach, keine speziellen“, antwortete Paul Hintermeister etwas zu rasch und fuhr fort, „du weisst ja, jeder hat irgendwelche Geheimnisse, das ist sogar ein beliebter Spruch von dir, Herr Kommissar.“
Er hatte zu viel gesagt, das merkte Peter Pfister, was seinen Eindruck des ganzen Gesprächs bestätigte. Hinter den detailreichen Anekdoten, die Hintermeister mit Genuss und Jovialität aus der Vergangenheit der Freunde erzählt hatte, verbarg sich etwas Dunkles; die Geschichten sollten Verborgenes übertönen und zudecken. Mit anderen Worten: Paul Hintermeister, der clevere Gymnasiast, streute Sand in die Augen des dummen Bezirksschülers Peter Pfister. Dass dieser das Spiel dank seiner langjährigen Berufserfahrung durchschaute, bewies für ihn einmal mehr, dass akademische Bildung nicht gleichzusetzen war mit Intelligenz.
Beim Abschied gab der Makler seinem Besucher ein paar Hochglanzbroschüren mit, die verschiedene Neubauprojekte in der Region anpriesen. „Nicht dass du dir mit deinem Beamtengehalt ein solches Domizil leisten könntest“, lachte Hintermeister, „aber es zeigt dir, woran ich arbeite und womit ich mein Geld verdiene. Wenn du noch etwas wissen willst, rufst du einfach an. Tschüss Peter, es war
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