Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
wieder hier und nimmst dir Zeit, die Sache zu überdenken. Was sagst du?“
Sie entzog ihm ihre Hand. „Und Nick?“ sagte sie leise und legte ganz viele wichtige Fragen in diese zwei Worte; Fragen, die Andrew bewusst ignorierte.
„Nick hat seinen Fall und kann nicht einfach weg, das weisst du. Für ihn wird es erst schwierig, wenn du dich entscheidest, längere Zeit in St. Martin zu bleiben. Vorläufig hat er sicher nichts dagegen, wenn du ein paar Tage mit mir an die Sonne kommst.“
Täusche dich nicht, dachte Marina, Nick kann sehr eifersüchtig sein. Laut sagte sie: „Und mein Geschäft?“
In Andrews Lächeln war eine Spur von Ironie. „Du suchst Gründe für eine Absage, Marina. Lass dich doch von deinen eigenen Wünschen leiten statt von Äusserlichkeiten. Ich bitte dich, komm mit mir und schenke uns diese paar Wochen.“
Marinas Augen füllten sich mit Tränen. Abrupt stand sie auf und zog den Mantel an. „Gib mir vierundzwanzig Stunden, Andrew. Ich rufe dich morgen an.“
*
Auf dem Weg zurück ins Büro machte Nick ein fröhliches Gesicht, und auch Angela war zufrieden. Mindestens ein paar kleine Schritte müssten sie jetzt vorwärtskommen, sobald sie das Handy ausgewertet hatten: häufig gewählte Nummern, letzte Anrufe vor dem Tod Matossis, Nachrichten, kurze Mails.
Sie rieb sich die Hände. „Jetzt haben wir einen Durchbruch, Chef, da bin ich ganz sicher. Vielleicht finden wir in Matossis Wohnung ja auch noch die eine oder andere Kassette mit Informationen.“ In der kalten Luft war ihr Atem gut sichtbar. „Übrigens, hat mein Bericht über Tomet AG dir etwas gebracht?“
„Bis jetzt noch nicht, aber vielleicht finden wir auf dem Handy einen Hinweis darauf, dass Matossi noch mehr wusste. Aber du weisst ja, Hände weg von den Politikern, zumindest offiziell.“ Er zwinkerte ihr zu und lachte. „Wir reden später darüber. Ich bin jedenfalls jetzt zuversichtlicher als die ganze letzte Woche.“
Sie beschleunigten ihre Schritte, um möglichst schnell aus der feuchten Kälte ins Büro zu kommen. Angela ging mit dem Handy direkt zum kriminaltechnischen Dienst, und Nick informierte Gody Kyburz über das, was im Finanzdepartement vorgefallen war. Selbstverständlich hatte Generalsekretärin König schon angerufen, aber Gody hatte sein Versprechen gehalten und sich hinter seinen Mitarbeiter gestellt. Es war ihm gelungen, Frau König zu besänftigen und sie davon abzuhalten, den Polizeikommandanten anzurufen und sich zu beschweren. Er hatte ihr versprochen, sie über die Ermittlungen auf dem Laufenden zu halten und sie sofort zu kontaktieren, wenn der Polizei ein Durchbruch gelang, und er hatte sie daran erinnert, dass auch ihr an einer raschen Aufklärung der Sache gelegen war.
„Ein bisschen gedroht habe ich ihr auch noch, allerdings nur durch die Blume: dass am Ende die Justiz unabhängig sei von der Politik. Trotzdem, Nick, die Geschichte mit dem Diktiergerät war kein guter Schachzug.“
Nick stimmte ihm zu und erzählte dann die gute Nachricht, nämlich dass sie Matossis Handy gefunden hatten, und zwar ohne etwas aufzubrechen.
„Gut“, sagte Gody, „sehr gut. Langsam nimmt die Sache Gestalt an. Wir machen um zwei Uhr eine Besprechung, dann kann auch Peter Pfister von seinen neusten Erkenntnissen über das Privatleben des Toten berichten.“
Leise vor sich hin pfeifend ging Nick in sein Büro, hängte den Mantel auf und machte sich einen Espresso. Er schrieb eine SMS an Marina: 'Komme gut vorwärts. Soll ich einkaufen und bei dir kochen heute Abend? XXX'
Dann nahm er sich nochmals Angelas Bericht über die Firma von Grossrat Toggenburger vor. Wenn Steff Schwager sagte, aus diesen Informationen könne man keine Beweise gegen Toggenburger konstruieren, dann hatte er wohl Recht. Es war nicht verboten, im Verwaltungsrat einer Revisionsgesellschaft zu sitzen, und ein ehrlicher Mann würde in den Ausstand treten, wenn es um die Buchprüfung seiner eigenen Firma ging. Es müsste also wirklich noch andere Beweismittel für einen Steuerbetrug geben, möglicherweise auf den Diktierkassetten von Matossi – aber die waren für die Polizei verloren, zumindest vorläufig.
Am Ende des Berichts stand noch ein kleiner Satz, den er bisher ignoriert hatte, weil er wohl keine grosse Bedeutung hatte: die Firma Tomet AG besass eine Dienstwohnung, aber nicht etwa in der Nähe des Wildegger Firmensitzes, sondern in Dulliken, Kanton Solothurn, und somit ausserhalb des Operationsfelds der Kantonspolizei
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