Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
ein Vergnügen, mit dir zu plaudern, gar nicht wie ein Verhör!“ Leise kichernd schloss er die Tür hinter seinem Gast.
„Frechheit“, murmelte der, als er in die beissende Kälte hinaustrat. Er schlug den Mantelkragen hoch, klemmte die Broschüren unter den Arm, steckte die Hände in die Taschen und ging mit raschen Schritten den Tellirain hinunter. Er würde Nick Baumgarten und Angela Kaufmann viel zu erzählen haben, auch wenn er noch nicht alles wusste. Aber dass es in der Vergangenheit von Gion Matossi, Paul Hintermeister und Kurt Fritschi ein Geheimnis gab, das wusste er ganz sicher.
*
Marina fand in ihrer Wohnung an der Schifflände keine Ruhe. Sie setzte sich an den Küchentisch und trank ein Glas Wasser, nach zwei Minuten stand sie auf und wanderte ins Wohnzimmer. Obwohl sie seit Jahren nicht mehr rauchte, zündete sie sich eine der Zigaretten an, die sie für rauchende Gäste vorrätig hatte. Sie legte sich eine Wolldecke über die Schultern und trat auf den Balkon hinaus, aber dort schmeckte die Zigarette nicht, und die Kälte liess sie zittern. Sie musste irgendetwas unternehmen, wegfahren, nach Zürich vielleicht, sie hielt es nicht aus zuhause.
Sie wollte unbedingt die vierundzwanzig Stunden nutzen, um die Optionen mit ihrem Verstand zu analysieren und zu einem rationalen Entschluss zu kommen, aber es gelang ihr nicht, den Schalter umzulegen und ihre Emotionen zu bändigen. Abenteuer! jubelte das lebensfrohe Kind in ihr, Reisen! Neues erleben! Ausbrechen! Als Kontrast hörte sie die mahnende elterliche Stimme: Sei vernünftig! Du kannst doch nicht einfach alles stehen und liegen lassen! So etwas tut man nicht! Denk an die Konsequenzen!
Dabei wusste sie natürlich ganz genau, was zu tun war. Wie sie es vor ein paar Jahren bei einem guten Therapeuten gelernt hatte, stellte sie sich vor den Spiegel und schaute sich selbst in die Augen. 'Ich bin kein ungestümes Kind, und ich bin auch keine mütterliche Spielverderberin. Ich bin eine erwachsene Frau, die sich selbst mit allen Stärken und Schwächen einigermassen gut kennt, und die in der Lage ist, das Problem ruhig und überlegt anzugehen.'
Ganz so rasch wie gewünscht liess sich die innere Ruhe allerdings nicht herstellen, die Nervosität hielt an. Schliesslich packte Marina ihre Sporttasche, zog sich warm an und lief mit langen Schritten durch die Stadt zum Fitnessclub. Körperliche Anstrengung und Schwitzen würden ihr helfen, wieder Boden unter den Füssen zu gewinnen und klar zu denken. Eins wusste sie schon jetzt: bevor sie mit Nick sprach, musste sie für sich selbst eine Antwort haben. Sie schickte ihm eine Mitteilung: 'Kochen bei mir ist gut, aber ohne einkaufen, habe vollen Kühlschrank. Bin jetzt 2 Std. im Fitness/Sauna. X'. Dann schaltete sie das Handy aus und das Laufband ein.
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„Der letzte eingehende Anruf auf Matossis Handy kam von der Firma Hintermeister Immobilien, und zwar am Samstag um elf Uhr dreissig. Wie lange das Gespräch dauerte, wissen wir noch nicht, das muss uns die Swisscom mitteilen. Morgen kriegen wir die Details.“ Angela hatte die Liste der Anrufe und Mitteilungen auf Matossis Mobiltelefon vor sich. „Hat Herr Hintermeister dazu etwas gesagt, Peter?“
„Ja, das kann ich bestätigen. Als ich ihn nach seinem letzten Kontakt mit Gion Matossi fragte, erwähnte er dieses Telefongespräch. Er wollte mit ihm ein Bier trinken gehen, einfach so, und den neusten Klatsch austauschen, aber Matossi hatte keine Zeit und wohl auch kein Interesse. Er habe jedenfalls keinen anderen Termin vorgeschlagen, sondern nur vage gesagt, er melde sich wieder. So wie Hintermeister das Gespräch schilderte, kann es höchstens zwei Minuten gedauert haben. Mal sehen, ob das stimmt.“ Peter nickte vielsagend.
„Der letzte Anruf, den Matossi selbst tätigte, war an die Hauptnummer des Kantonsspitals Aarau. Das war ebenfalls am Samstag, um sechzehn Uhr. Die Telefonzentrale dort hat bestätigt, dass er weiterverbunden wurde mit einem Patienten auf der Onkologiestation, aber einen Namen wollen sie uns nicht nennen ohne richterlichen Beschluss. Sag mal, Peter, liegt nicht der Dritte im Bunde, dieser Fritschi, mit Krebs im Kantonsspital?“
Wieder nickte Peter. „Soviel ich gehört habe, kann er allerdings kaum mehr sprechen, und vermutlich auch nicht telefonieren. Es könnte also auch ganz jemand anderes gewesen sein. Ich erkundige mich aber bei Hintermeister, vielleicht weiss der etwas.“
„Gibt es weitere Anrufe, die relevant sein
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